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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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prächtig wie noch nie! Trotzdem vergesse ich nicht die Pflicht, die uns alle hierhergerufen hat, und den Ernst der Aufgabe, die vor uns liegt – aber was sind das hier für tolle Kerle! Du wärst stolz auf meine seemännischen Kenntnisse … Ich merke jetzt, wieviel Du mir beigebracht hast, und bin Dir sehr dankbar dafür. Du würdest wahrscheinlich ein paar grobe Bemerkungen darüber fallenlassen, wie verweichlicht wir Jungs sind, wenn wir in unseren makellosen Uniformen an Deck zu unseren Übungen antreten!
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß es bei der Marine zugeht wie an Bord eines Loggers! Doch ich freue mich schon auf den Tag, wenn ich als Seemann gut genug bin, um bei der Star of the Sea anzuheuern. Laßt inzwischen die Kaminfeuer nicht ausgehen – oder besser, stellt das Bier kalt und haltet die Segel in Schuß. Ich weiß, daß Du ein Auge auf meine Mutter haben wirst, ohne Rücksicht auf ihre Lebensumstände. Gilbert ist ein feiner Mann, und er gibt ihr, was sie momentan braucht. Doch Du hast uns beiden sehr viel bedeutet, und ich denke oft an Dich. Bitte grüße Ahmed, Yoshi, Taki und alle anderen von mir.
    Hamish
    Ein paar Monate später schrieb Hamish an seine Mutter:
    Albany, im Oktober 1914
    Ich habe meine Zeit hier sehr genossen – ich bin einem sehr netten Mädchen begegnet und hoffe, Du wirst sie eines Tages kennenlernen … nach dem Krieg. Aber wie gern würde ich zu dem großen Verband von Militärschiffen gehören, die hier zusammengekommen sind! Ein eindrucksvoller Anblick, so viele Truppenschiffe und Geleitschiffe draußen im Sund. Wenn man sich vorstellt, daß sie aus allen Teilen Australiens und Neuseelands stammen! Bald werden sie zum großen Abenteuer auf der anderen Seite der Welt aufbrechen.
    Es dauerte nicht lange, bis Hamish davon erfuhr, daß die Königlich Australische Marine einen Troß zur Unterstützung der kämpfenden Truppen zusammenstellte. Er erreichte tatsächlich eine Versetzung und wurde nach Melbourne zu einer Einheit abkommandiert, die in Kürze mit dem Transportschiff
Port Macquarie
auslaufen sollte.
    In seinem letzten Urlaub im Juni 1915 fuhr Hamish mit dem Küstendampfer nach Fremantle, um von seiner Mutter Abschied zu nehmen.
    Sie saßen bei Tee und seinem Lieblingskuchen, während er ihr die Aufgaben seiner besonderen Einheit erklärte.
    »Die Marinekommission hat sich erboten, einen Troß mit Personal, Ausrüstung, Fahrzeugen, Pferden und so weiter nach Europa zu schicken.«
    »Aber was machst du dort genau, mein Lieber?«
    »Brücken, Hafendämme, Piere und Pontonbrücken für Anlegeplätze und Landungen an Invasionsstränden bauen. Wir gehören zur Marine, werden aber vielleicht manchmal der Armee unterstellt.«
    »Und hast du auch etwas mit direkten Kämpfen zu tun?« fragte Olivia ängstlich.
    »Offiziell nicht. Aber wenn sich eine Gelegenheit ergibt, werden wir sicher eingreifen«, antwortete Hamish begeistert.
    »Sei vorsichtig, Hamish«, sagte Olivia und nahm seine Hand. Lächelnd fügte sie hinzu: »So etwas Albernes kann wahrscheinlich nur eine Mutter sagen.«
    Er tätschelte ihr die Hand. »Mammi, bitte mach dir keine Sorgen um mich. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich mir vorstellen müßte, daß du jeden Tag um mich bangst. Versprich mir, daß du das nicht tun wirst! Denk an die großartigen Dinge, die ich leisten werde, an die Länder und Städte, die ich sehen werde. Freu dich darüber, daß ich gern dazugehören möchte.« Sein Lächeln wurde wehmütig. »Und nur für den Fall, daß mir etwas passieren sollte, mußt du mir versprechen, nicht traurig zu sein …«
    »Hamish! So etwas darfst du nicht sagen! Nicht einmal denken!«
    »Mammi, es besteht immer die Möglichkeit. Ich habe mir auch darüber Gedanken gemacht. Und weißt du … ich habe keine Angst vor dem Sterben. Daran mußt du immer denken. Und ich möchte sicher sein, daß du dein Leben weiterleben und glücklich sein wirst. Schenk mir die Freiheit, leichten Herzens zu gehen, weil ich weiß, daß du es verkraften wirst. Ich habe immer deine Stärke bewundert, du darfst sie jetzt nicht verlieren, Mammi. Wir müssen alle unsere Pflicht tun.«
    Sie nickte, küßte ihn auf die Wange und drückte seinen Kopf kurz an ihre Brust. Dann setzte er sich wieder auf, nahm noch ein Stück Kuchen und erzählte ihr von seinen Eindrücken aus Melbourne.
    Als es Zeit für den Abschied wurde, nahm Olivia ihre ganze innere Kraft zusammen, damit sie nicht die Fassung verlor. »Bist du sicher, daß

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