Tränen des Mondes
errichtet, auf der aneinandergefesselt sechs nackte Frauen standen. Sie waren unterschiedlichen Alters, vier von ihnen waren Aborigines, eine halb Chinesin, halb Aborigine, die Jüngste von ihnen war ein Mischlingsmädchen von unglaublicher exotischer Schönheit. Beim Anblick ihrer erschrockenen dunklen Augen und ihres geschmeidigen Körpers mußte Olivia an ein verängstigtes Reh denken.
»Was geht da vor?« wisperte sie.
»Das ist ein
barracoon
… ein Sklavenmarkt. Hätte nicht gedacht, daß es so was noch gibt.«
Olivia war entsetzt.
Ahmed wies mit dem Kopf in eine Richtung. »Da ist der Boss, Tuan. Der macht überall nichts als Ärger.«
Er deutete auf einen Mann inmitten einer Schar weißer Männer, die sich um die Plattform drängten und die Frauen taxierten wie Pferdehändler. Er war von gedrungener, kräftiger Statur. Ein buschiger Vollbart bedeckte das braungebrannte Gesicht, und in einem Ohr trug er einen goldenen Ohrring. Auf seinem Kopf saß ein Strohhut aus Palmwedeln. Mit dem langen Peitschenstiel über der Schulter und dem Revolver im breiten Gürtel bot er einen bedrohlichen Anblick.
»Karl Gunther«, zischte Tyndall.
»Wie gemein er aussieht«, wisperte Olivia.
Der Mann begann, die Frauen mit dem langen Bambusgriff der Peitsche zu traktieren, sie in den Hintern zu pieken, ihnen zwischen die Beine zu fahren und gegen die Brüste zu schnippen. »So, Leute, tretet vor«, dröhnte er. »Ihr habt die Ware lang genug begutachtet. Nun wollen wir sehen, wer diese zauberhaften Damen heute abend nach Hause begleitet!« Mit einem derben Lachen sprang er auf die Plattform. Die Männer scharten sich um ihn und begannen zu bieten.
Ahmed sagte hastig auf malaiisch ein paar Worte zu Tyndall, worauf dieser zustimmend nickte.
»Komme ich zu spät, oder ist frisches Blut noch willkommen?« Tyndall trat auf die Lichtung, während Ahmed und Olivia sich tiefer in den Schutz der Bäume duckten.
Gunther blickte dem hochgewachsenen Mann entgegen und bemerkte hinter ihm unter den Bäumen auch den Malaien und die andere Gestalt in der weiß-schwarzen Kluft. »Kein Geringerer als Kapitän Tyndall. Frisches Blut, frisches Geld ist immer willkommen«, rief er.
Aus Gunthers feindseligem Blick und seinem höhnischen Tonfall schloß Olivia, daß sich die Wege der Männer schon früher gekreuzt haben mußten und daß sich die beiden nicht gerade wohlgesonnen waren.
Nun wurde mit der Versteigerung begonnen, und die kräftigste Frau wurde als erste verkauft. Nachdem Gunther das Geld in Empfang genommen hatte, riß er der Frau die Fesseln ab und händigte sie ihrem neuen Besitzer aus.
Olivia war entsetzt. »Das ist einfach barbarisch. Warum können die Frauen sich nicht wenigstens bedecken? Eine Schande ist das!«
»Seien Sie still, Mem. Wenn die Sie hier entdecken, könnten wir in große Schwierigkeiten kommen«, warnte Ahmed.
Tyndall stand mit verschränkten Armen dabei und verfolgte das Geschehen, ohne mitzubieten. Zwei Frauen waren noch übrig, das hübsche Mischlingsmädchen und eine trotzige Aborigine, die die Männer mit geballten Fäusten böse anblitzte.
»Die macht Ärger. Ein wildes Luder«, bemerkte einer der Männer laut.
»Um so größer der Spaß, sie zurechtzustutzen«, konterte Gunther.
Das junge Mischlingsmädchen hielt den Kopf gesenkt. Das lange, glatte schwarze Haar fiel ihm ins Gesicht und bedeckte kaum die jungen runden Brüste.
»Da ist sie. Unser Sahnestückchen. Eine kleine schwarze Jungfrau, gerade reif zum Pflücken«, grölte Gunther. Er wußte, diese hier würde einen stolzen Betrag erbringen, und er hatte sogar schon überlegt, sie für sich selbst zu behalten. Allerdings besaß er keinen Logger mehr und weder im Bett noch im Geschäft hatte er Bedarf an einer unerfahrenen Frau. Da draußen gab es noch mehr von der Sorte. Obwohl Geschäfte dieser Art inzwischen verboten waren, betrieb er sie weiterhin als lukrativen Nebenerwerb. Wenn die Frauen als Taucherinnen oder Bettgespielinnen ausgedient hatten, konnten die Männer sie immer noch als Dienstboten verschachern oder an Bordelle verkaufen. Die wenigsten Frauen brachten dann noch die Kraft oder den Mut auf wegzulaufen, doch im Moment hatten diese erbarmungswürdigen Geschöpfe noch keine Ahnung, welch trauriges Schicksal sie erwartete.
Um die Jungfrau wurde hart gefeilscht, und Tyndall hielt sich zunächst zurück. Schließlich, als nur noch zwei Männer mitsteigerten, griff er ein und verdoppelte das zuletzt genannte Gebot, was
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