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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Zusatzverdienst betrachtet, doch in den tiefen Gewässern vor Broome fand man so viele, daß sie einen lukrativen Nebenerwerb zum Perlmutthandel darstellten. Nicht alle gesammelten Perlen wurden der Zollbehörde gemeldet, die Steuern darauf erhob und die Funde registrierte. Besonders, wenn man gute Perlen fand, war die Versuchung groß, sie nicht zu deklarieren, sondern auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen oder an Käufer in Singapur, Hongkong oder Melbourne zu schicken.
    Erfreut berichtete Conrad von seinem eigenen kleinen Erfolg. »Während ihr weg wart, habe ich mich übrigens mit dem besten Perlenpolierer der Stadt angefreundet. Er heißt Tobias Metta und wird sich unsere Perlen ansehen.«
    Tobias Metta war über Singapur von Ceylon nach Broome gekommen. Conrad hatte es sich zur Gewohnheit werden lassen, Toby in seinem bescheidenen Laden aufzusuchen. Die Werkzeuge auf Tobys Werkbank hatten es ihm angetan – eine Lupe, eine Goldfeile, die in einem Champagnerkorken steckte, ein Messer mit mehreren scharf geschliffenen Klingen, Feilbrett und Schraubzwinge, Schmirgelpapier, Rubinpulver, ein weiches Tuch und eine Waage.
    Tobys rundes Gesicht, das so aussah, als hätte man es gerade geölt und poliert, verzog sich zur Begrüßung stets zu einem breiten Lächeln. Wahre Vermögen glitten durch seine Finger, und Hoffnungen wurden zerschlagen, während er vorsichtig Mängel ausbesserte, die die Schönheit und den Wert einer Perle minderten. Seine Kunstfertigkeit verdankte sich seinen Händen, überraschend gedrungenen Händen mit dicken Fingern, doch die Gelenkigkeit, Leichtigkeit und Flinkheit ihrer Bewegungen war dergestalt, daß man zwei tanzenden Geschöpfen zuzusehen glaubte, so behutsam drehten und wendeten seine Finger die Perle unter der Messerklinge oder der Feile. Wie ein Arzt stand auch der Perlendoktor im Ruf, heilende Hände zu haben. Doch Glück, Geschick und Urteilsfähigkeit waren genauso wichtig. Trotz der mühsamen Arbeit brachte Tobias Metta es beim Perlenschleifen noch immer fertig, die ganze Zeit über zu plaudern und zu kichern.
    »Es liegt allein beim Besitzer, Mr. Hennessy, sofort mit einem kleinen Gewinn zu verkaufen oder abzuwarten, ob sich unter der Oberfläche eine Perle von vollkommener Schönheit verbirgt. Wenn diese Schönheit nicht vorhanden ist, kann ich sie auch nicht ans Licht bringen. Ich bin kein Zauberer«, lächelte Tobias. »Ich kann aber eine Perle schöner machen, deren wahre Qualitäten der Welt verborgen waren«, fügte er mit sichtlichem Stolz hinzu.
    Conrad war überrascht, wie aus stumpfen Perlen manchmal in nur wenigen Minuten schimmernde, irisierende Schmuckstücke wurden. Verformte Perlen ergaben bisweilen wertvollen Schmuck, genauso oft aber konnten sie sich als wertlos herausstellen.
    »Wie aufregend! Ich würde ihm liebend gern bei der Arbeit zuschauen«, rief Olivia aus. »Würde ihm das etwas ausmachen? Ich muß dich auf jeden Fall begleiten, wenn wir die Perlen abholen und mit dem Käufer verhandeln.«
    »Toby nimmt es ziemlich gelassen, wenn Besucher ihm bei der Arbeit zuschauen. Er ist erstaunlich geschickt und sehr schnell. Es ist kaum zu glauben, daß er mit so wertvollen Gegenständen arbeitet, ein kleiner Ausrutscher kann alles zerstören«, sagte Conrad voller Bewunderung. »Ich werde euch morgen bekannt machen, meine Liebe.«
    Tyndall stellte sein Glas ab und dankte ihnen beiden für ihre Gastfreundschaft. »Ach, übrigens, bevor ich gehe, würde ich gern mit Niah reden. Ich werde versuchen, sie zu beruhigen und ihr alles zu erklären. Kann ich sie sehen?«
    »Ich wünschte nur, ich könnte mich ihr verständlich machen, ihr helfen. Sie scheint sich überhaupt nicht gut in unseren Haushalt einzugewöhnen«, seufzte Olivia.
    Als die beiden Männer zum hinteren Teil des Hauses gingen, fragte Conrad: »Wie wild ist sie, John?«
    »Alle Frauen können gelegentlich wild sein«, meinte Tyndall leichthin, wurde dann aber ernst. »Sie kommt aus Ostindien, Conrad. Das ist eine ganz andere Kultur als die der Schwarzen.«
    Niah saß im Schneidersitz auf dem Feldbett in dem einfachen weißgetünchten Zimmer. Als sie Tyndall erblickte, warf sie ihm einen zornigen Blick zu und bestürmte ihn mit Fragen.
    »
Lambat.
Langsam«, beschwichtigte Tyndall. Er wählte seine Worte mit Bedacht, und das Mädchen hörte ihm aufmerksam zu. Dann rief Tyndall nach Yusef, dem Boy, der draußen vor der Küche am Tisch der Dienstboten saß.
    »Yusef, du mußt ein Auge auf sie haben und ihr

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