Tränen des Mondes
brach in schallendes Gelächter aus. »Unglaublich! Ich kann mich nicht bewegen, so schwer sind sie.«
Tyndall holte den schweren Kupferhelm. »Wenn schon, denn schon! Jetzt noch der Hut«, alberte er und stülpte ihn Olivia vorsichtig über den Kopf, so daß er auf ihren Schultern ruhte. Dann trat er einen Schritt zurück.
Olivias ersticktes Kichern ging unvermutet in einen Hilfeschrei über, aber es war zu spät. Ihre Beine knickten ein, als sie versuchte, die Füße zu heben, und sie kippte um. Tyndall eilte ihr zu Hilfe und fing sie in seinen Armen auf, doch verlor er selbst das Gleichgewicht, und sie fielen beide unter hilflosem Gelächter zu Boden.
»Großer Gott, Olivia, was machst du denn da?« keuchte Conrad, der gerade die Treppe heraufgekommen war. »Was geht hier vor?« sagte er scharf, als er die beiden am Boden sah.
»Wir überprüfen nur die Ausrüstung, Conrad. Überprüfen nur die Ausrüstung.« Tyndall war bereits auf den Knien und half Olivia, den Taucherhelm abzunehmen.
Sie lag ausgestreckt auf dem Boden, die Füße immer noch in den Stiefeln, und versuchte, ein ernstes Gesicht zu machen, doch angesichts ihrer komischen Lage brach sie erneut in schallendes Gelächter aus.
»Also wirklich! Das ist ausgesprochen peinlich. Du benimmst dich wie ein kleines Kind«, tadelte Conrad sie und stapfte hinaus.
Tyndall half Olivia auf die Füße, und hinter Conrads Rücken schnitten sie ihm Grimassen.
Einige Monate später nahm die
Star of the Sea
ihre Geschäfte wieder auf. Die
Bulan
war für das Tiefseetauchen umgerüstet und mit ausreichenden Mannschaftsunterkünften versehen worden. Die neue Handpumpe war installiert, und alles, was der Helfer des Tauchers benötigte, befand sich an Ort und Stelle. Die Mannschaft war komplett, und die
Shamrock
war zum Mutterschiff umfunktioniert, das Proviant liefern und die Muscheln übernehmen sollte.
Vor dem Auslaufen der Flotte leistete Tyndall den Hennessys beim Abendessen Gesellschaft. Niah half beim Bedienen, und sie und Olivia brüsteten sich mit ihren bescheidenen Kenntnissen jeweils in Englisch und Malaiisch. Niah wußte, daß dies ein Abschiedsessen für Tyndall war, bevor er und Ahmed wieder in See stachen.
Tyndall und Conrad feierten das bevorstehende Unternehmen mit reichlich Alkohol. Als Olivia sich von Tyndall verabschiedete und ihm viel Glück wünschte, war ihr klar, daß er den Bars in Chinatown noch einen Besuch abstatten würde.
Sie drohte ihm mit dem Finger. »Benehmen Sie sich und verpassen Sie morgen früh nicht die Flut!«
»Ahmed sorgt schon dafür, daß wir auslaufen, machen Sie sich keine Sorgen. Was werden Sie bloß machen, während ich weg bin?« lallte er. »Ohne mich wird es für Sie hier ganz schön langweilig sein. Werden mal wieder die feine Dame spielen müssen.«
»Wir kommen sehr gut ohne Sie aus«, erwiderte sie und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie ärgerlich sie über seine Betrunkenheit war. »Bringen Sie nur viele gute Perlen und Muscheln zurück.«
»Würden Sie nicht lieber mitkommen?« Er torkelte ein wenig, als er sie forschend ansah, doch ihr Gesichtsausdruck war im Schatten der Nacht nicht zu erkennen.
»Gute Nacht, Kapitän Tyndall«, sagte sie förmlich von der Veranda aus. »Und gute Fahrt.«
Conrad schnarchte bereits leise in seinem Sessel. Olivia seufzte, als sie Tyndall nachblickte, der leicht schwankend in der Dunkelheit verschwand. Was für ein Abenteuer, mit ihm zu den Perlengründen hinauszufahren, zu den Muschelbänken, die in der Tiefe lagen. Eines Tages … vielleicht.
Als Conrad am nächsten Morgen mit einer Leidensmiene im Haus umherging und über sein Unwohlsein klagte, kam Ahmed aufgelöst auf einem geliehenen Fahrrad gefahren. »Mem, Mem! Tuan nicht auf Schoner!«
»Ich hab's doch geahnt«, rief Olivia und schlug voller Empörung gegen den Türpfosten. »Er war gestern abend noch in Chinatown. Conrad, du solltest Ahmed besser bei der Suche helfen.«
»Er könnte überall sein«, meinte Conrad gequält und hielt sich den Schädel.
»Ich kennen seine Plätze«, sagte Ahmed. »Mannschaft bereit. Dürfen Flut nicht verpassen.«
»Sag mir, wo ich ihn suchen soll, ich mache das Sulky bereit«, seufzte Conrad.
Nachdem die Männer weg waren, hatte Olivia plötzlich eine Eingebung. Sie eilte aus dem Haus und in die Firma am Hafen. Conrads Büro war verschlossen, doch als sie im Zimmer nebenan ein dumpfes Geräusch hörte, öffnete Olivia vorsichtig die Tür.
Da lag Tyndall
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