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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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doch nur darauf aus, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Mir wird nichts passieren, sei unbesorgt«, erklärte er und kehrte ein Selbstvertrauen heraus, das er gar nicht besaß. »Daß Minnie ja nicht nach draußen geht, und sag Hamish, daß ich ihm etwas vorlese, wenn er bei meiner Rückkehr noch wach ist.«
    Olivia umarmte ihn fest und rief Minnie zu sich, die nunmehr als Haushälterin bei ihr arbeitete. Sobald Conrad das Haus verlassen hatte, verriegelten sie hinter ihm die Tür.
    Conrad suchte zunächst Tyndall auf, der ihm erklärte, daß er im Firmenbüro nächtigen würde.
    »Ich dachte mir, ich schaue auf meiner Runde auch mal bei Toby Metta vorbei«, sagte Conrad. »Ich könnte mir vorstellen, daß er in seinem Laden geblieben ist, um auf die Perlen aufzupassen.«
    »Gute Idee, Conrad. Er hat unsere fünf schönsten Perlen zum Bearbeiten da. Passen Sie auf sich auf.«
    »Wird gemacht. Sie auch, John.«
    Im Schatten des Hauses stand Ahmed und sah Conrad nach, als er auf seine Patrouille ging.
     
    In der Stadt schien es relativ ruhig zu sein. Aufgrund der Ausgangssperre blieben die Leute in ihren Häusern, und doch hörte Conrad, wie in einer der Gassen, die nach Chinatown führten, gerufen und an Türen gehämmert wurde. Er mußte die Nase rümpfen ob der ungewohnten Gerüche dieser Gegend, die zumeist von unangenehm süß riechenden Räucherstäbchen und Gewürzen herrührten. Ein Schatten glitt durch das Gäßchen und verschwand in einem Torbogen neben dem Star Hotel. Die Tür wurde gerade einen Spalt geöffnet, um den Mann durchzulassen, und Conrad konnte im Lampenlicht die bunte Seide eines Kimonos sehen, ehe die Tür eilig zugeschlagen wurde.
    Widerlich, dachte er bei sich, wie diese Japanerinnen ausgenutzt wurden. Mochte der Himmel wissen, mit welchen Versprechungen man sie hierhergelockt hatte.
    Conrad wußte so gut wie gar nichts über Teehäuser und Geishas und darüber, daß die meisten dieser Frauen nach Broome kamen, um hier mit ihrem Gewerbe ein Vermögen zu machen, mit dem sie dann nach Japan zurückkehren würden. Diese Frauen waren ein wichtiger Bestandteil der japanischen Gemeinde von Broome, und so manch erfolgreiches Unternehmen wurde diskret mit dem Geld einiger Kurtisanen finanziert. Es gab jedoch auch andere arme, ungebildete Geschöpfe, Töchter von Bauern und Arbeitern, die sich in Bordellen verdingen mußten.
    Conrad gelangte ohne Zwischenfälle zum Laden des Perlenpolierers. Die Tür war verriegelt, die Fensterläden waren geschlossen, aber im Inneren brannte Licht. Conrad rüttelte an der Tür. »Toby, ich bin's. Conrad. Alles in Ordnung bei Ihnen?«
    Zunächst erhielt er keine Antwort, dann hörte er, wie etwas Schweres hinter der Tür weggezogen wurde.
    »Conrad, alter Freund«, flüsterte Toby Metta heiser.
    »Wollte nur mal nachschauen. Wir dachten uns schon, daß Sie hier sein würden.«
    Die Tür ging auf. Tobys kräftige Hand zog Conrad nach drinnen und schlug sofort die Tür wieder zu. »Wirklich sehr mutig von Ihnen, so allein durch die Straßen zu gehen. Mutig und möglicherweise sehr dumm. Aber schön, Sie zu sehen. Möchten Sie eine Tasse Tee?«
    Conrad sah den Revolver auf Tobys Werkbank liegen. »Sie wollen nichts dem Schicksal überlassen, wie ich sehe. Ja, ein Täßchen wäre nett.«
    »Ich habe ein paar wertvolle Perlen hier, Ihre eingerechnet. Ich fühle mich dafür verantwortlich. Angeblich verkaufen die Chinesen hier Gelatinedynamit. Die lassen keine Gelegenheit aus, Geschäfte zu machen.«
    »Gelatinedynamit! Wozu das denn, um Gottes Willen?«
    »Nun, zum Beispiel um da ein schönes Loch hineinzumachen«. Toby wies auf den Bleisafe in der Ecke.
    Sie tranken ihren Tee im spärlichen Schein einer kleinen Ölfunzel. Der Gedanke an einen möglichen Einbruch gefiel Conrad gar nicht.
    »Sind Sie schon dazu gekommen, an unseren Perlen zu arbeiten?« fragte er und senkte unnötigerweise die Stimme.
    Toby küßte sich die Fingerspitzen. »Einige von ihnen sind wunderbar geworden. Sie sind fertig. Kommen Sie, ich zeige sie Ihnen.« Conrad wollte protestieren, aber Toby war schon am Safe und entriegelte ihn. Er nahm einen kleinen Samtbeutel heraus und schlug die Safetür wieder zu. »Hier, Conrad. Kommen Sie ans Licht.« Er richtete die Öllampe auf den Tisch, ließ die Perlen in seine schwielige Hand rollen und hielt sie unter die Lampe. Die dicken, runden Perlen schimmerten, und Conrad strahlte.
    »Du meine Güte, die sind wirklich schön«, rief er begeistert aus.

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