Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traenenengel

Traenenengel

Titel: Traenenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
Vom Netzwerk:
wollte die Polizei von dir?«, fragte Trixi schließlich.
    Patrick zögerte. »Nichts Bestimmtes. Einfach reden.«
    »Wegen der Sache mit Flora?«
    Patrick nickte.
    »Warum gerade mit dir?«
    »Die haben auch mit anderen geredet. Mit dir zum Beispiel.«
    »Das war in der Pause, auf dem Schulhof, mal für fünf Minuten. Dich hat ein Polizeihauptmeister aus dem Unterricht geholt
     und wie zur Vernehmung abgeführt.« Trixi deutete auf den Papierknäuel in Patricks Hosentasche. »Du siehst doch, was jetzt
     alle denken.«
    »Denkst du das auch?«
    Trixi schwieg einen Moment. »Weiß nicht«, sagte sie, ohne Patrick in die Augen zu sehen.
    Patrick schob die Umhängetasche nach hinten und hielt sich mit einer Hand am Riemen fest. Die Hand war weiß. Nur die Knöchel
     traten rötlich hervor.
    Trixi stellte sich vor, wie diese Hand ein Messer umklammerte. Wie sie zustach. Heftig, mit einem gewaltigen Ruck. Immer wieder.
     Wie sich Blut unter den Fingernägeln sammelte. Am Handgelenk hinablief. Das Beängstigende war, dass sie es sich vorstellen
     konnte. Unweigerlich wich sie ein Stück zurück.
    »Ich war an dem Abend am See«, sagte Patrick in dem Moment leise. »Angeln. Am gegenüberliegenden Ufer vom Badestrand. Ich
     habe sie gesehen. Wie sie da saßen. Geredet haben. Gestritten haben.«
    »Wer?«
    »Flora und Andro.«
    »Andro? Er war am See?« Trixi fuhr ein heißer Stich in den Magen.
    »Sag ich doch. Er ist nach dem Streit abgehauen. Flora saß alleine da. Ich hab noch kurz gewartet, ob etwas passiert. Aber
     sie hockte einfach nur am Ufer. Dann bin ich auch gefahren.« Patricks Hand krallte sich um den Riemen. »Ich hätte zu ihr gehen
     sollen. Aber vor ein paar Wochen hat sie gesagt, ich solle ihr bloß vom Leib bleiben. Das hab ich dann gemacht.«
    Es dauerte einen Moment, bis Trixi in das Bild, das sie von der Tatnacht im Kopf hatte, noch zwei weitere Figuren eingefügt
     hatte. Flora war nicht alleine am Telpener See gewesen. Patrick war dort. Und Andro. Und keiner konnte sie beschützen. Oder
     wollte. »Wieso erzählst du mir das alles?«, fragte Trixi mit belegter Stimme.
    »Du bist Floras Freundin. Ich will nicht, dass du so einen Schrott über mich denkst. Ich will nicht, dass Flora so über mich
     denkt.« Patrick hatte die Hand in die Hosentasche gesteckt und drückte auf dem Papierknäuel herum. »Ich meine, komm schon,
     Trixi, du kennst mich doch auch seit der ersten Klasse.«
    Trixi sah Patrick fest in die Augen. »Ich kenne dich nicht, Patrick.« Sie ging an ihm vorbei und die Treppen zum Bürgersteig
     hinunter.
    ***
    Vernehmung der Geschädigten Flora Duve
     
    Zur Person
    Name: Duve
    Vorname: Flora
    Geb. Datum: 2.   6.   94
    Beruf: Schülerin
    Wohnort: Telpen
    Adresse: Edvard-Grieg-Str. 18
     
    Vernommen im Fall der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil von Flora Duve. (Vernehmung durchgeführt von Polizeihauptmeister
     Sälzer. Anwesende Erziehungsberechtigte: Karoline Duve, Mutter der Geschädigten)
     
    Zur Sache
    F: Wieso hast du uns belogen?
    A: Wie bitte?
    F: Du hast uns erzählt, dass du letzten Mittwoch am Abend alleine mit dem Fahrrad zum Telpener Badesee gefahren bist. Das
     stimmt aber so nicht. Du bist nicht alleine gefahren, sondern mit deinem Freund. Andro Petric.
    A: Sie haben mit ihm gesprochen?
    F: Mit ihm und mit einem Zeugen, der euch gesehen hat.
    A: Was denn für ein Zeuge?
    F: Ein Angler. Das tut jetzt erst mal nichts zur Sache. Also?
    A: Ich will mich nicht an diesen Abend erinnern.
    F: Du musst.
    A: Der Abend existiert nicht mehr.
    F: Doch, das tut er. Und wenn du nicht versuchst, dich daran zu erinnern, wird es uns sehr schwerfallen, denjenigen zu finden,
     der dir das angetan hat. Komm schon, Flora.
    A: Na gut, schön, ich war mit Andro am See. Wir sind mit den Fahrrädern rausgefahren. So gegen Viertel nach acht. Es war meine
     Idee. Ich dachte, das wäre romantisch.
    F: War es dann aber nicht?
    A: Ging so.
    F: Ihr habt euch gestritten?
    A: Wer sagt das? Andro?
    F: Andro und der Angler.
    A: Es war ein total bescheuerter Streit. Eigentlich ging es um gar nichts. Danach tat es mir leid.
    F: Ihr habt euch so sehr gestritten, dass Andro weggefahren ist?
    A: Ja. Im ersten Moment dachte ich: Geh doch, hau ab, du Idiot! Aber dann wollte ich, dass er zurückkommt. Ich wollte, dass
     alles wieder gut wird. Dass er mich in den Armnimmt. Es sollte doch alles so romantisch werden am See.
    F: Hast du ihm deshalb die SMS geschrieben?
    A: Welche SMS?
    F:
Weinen kann ich

Weitere Kostenlose Bücher