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Traenenengel

Traenenengel

Titel: Traenenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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haben. Im Stadtpark, an einer Tankstelle oder im Supermarkt.
     Trüger und Kessel gehen den Meldungen nach. Aber bis jetzt ist dabei nichts herausgekommen. Die Leute haben Panik und sehen
     überall Schwerverbrecher.«
    Sälzer suchte in der Jackeninnentasche nach einer neuen Salzstange. Er seufzte, als er keine fand, und wollte aussteigen.
     Doch dann hielt er in der Bewegung inne.
    »Was ist? Gehen wir rein?«, fragte Masaryk, der seine Tür bereits geöffnet hatte.
    »Flora Duve meinte, Patrick könnte so etwas gar nicht tun«, sagte Sälzer langsam. »Irgendwie habe ich das Gefühl, sie hat
     recht.«
    Masaryk zog die Autotür wieder ein Stück heran. »Wieso?«
    »Schwer zu sagen. Na schön, er hätte ein Motiv. Aber warum soll er erst nach Hause fahren und dann wieder umkehren? Als Angler
     hatte er sicher ein Messer dabei. Auf jeden Fall einen Angelhaken. Er hätte Flora gleich überfallen können.«
    »Vielleicht kam ihm die Idee erst auf dem Heimweg. Nahm allmählich in seinem Kopf Gestalt an. Ich kann mir nicht vorstellen,
     dass man spontan darauf kommt, ein Mädchen auf eine Badeinsel zu schleifen und dort mit einem Messer   ... oder einem Angelhaken zu misshandeln. Vielleicht hat er nochirgendein Hilfsmittel geholt, mit dem er Flora auf die Insel gebracht hat.«
    Sälzer starrte einen Moment auf einen Salzstangenkrümel auf seinem Knie. »Da ist auch was dran. Wie gesagt, ist nur ein Gefühl.«
     Und im Gegensatz zu den Kommissaren im Fernsehen lag Sälzer mit seinem Gefühl manchmal komplett daneben.
    Im Haus, das zum Gnadenhof gehörte, ging in einem der vorderen Zimmer Licht an. Am Fenster tauchte kurz eine Silhouette auf.
    »Reden wir noch mal mit Patrick, sehen uns seine Angelsachen an und ein bisschen im Haus um, dann wissen wir mehr.« Sälzer
     öffnete die Autotür und stieg aus.
    Masaryk ging bereits auf das kleine, graue Haus zu. Es hockte am Feldwegrand wie ein tattriger Greis.
    Wilbert Felber öffnete die Wohnungstür noch bevor sie klopfen konnten. »Patrick ist nicht da.«
    Sälzer deutete mit dem Kopf Richtung See. »Angeln?«
    »Meinen Sie, nach dem, was dort passiert ist, geht mein Sohn so schnell einfach wieder angeln? Sie haben den Zinke ja noch
     nicht mal eingefangen. Stattdessen belästigen Sie einfache, anständige Leute. Haben Sie nichts Besseres zu tun?«
    Masaryk und Sälzer sahen Herrn Felber ausdruckslos an.
    »Wo ist Patrick?«
    Herr Felber hatte seinen grauen Filzhut tief insGesicht gezogen. »Er wollte in die Stadt«, murrte er.
    »Wann kommt er wieder?«, fragte Masaryk.
    »Hat er nicht gesagt.«
    »Können wir reinkommen?«, fragte Sälzer.
    Wilbert Felber zögerte, dann stieß er die Wohnungstür ein Stück weit auf und trat zur Seite. »Weiß zwar nicht, was Sie hier
     wollen   ...«, murmelte er.
    Die beiden Polizisten betraten die Wohnung. Sie war spärlich beleuchtet. Die niedrigen Wände waren mit Holz vertäfelt und
     ließen die Räume noch dunkler wirken. An der Decke hing eine gelbe Schirmlampe mit Fransen, die vermutlich einmal weiß gewesen
     war. Es roch nach kaltem Rauch und Vergangenheit.
    »Wo bewahrt Patrick seine Angelsachen auf?«, erkundigte sich Masaryk.
    »Draußen. Im Schuppen. Was wollen Sie damit?«, erwiderte Felber.
    »Nur mal einen Blick darauf werfen. Zeigen Sie uns den Schuppen?«, fragte Masaryk.
    Felber betrachtete Sälzer und Masaryk, als wären sie die Schwerkriminellen. Dann deutete er kurz mit dem Kopf zur Hintertür
     in der Küche, die auf den Hof führte. »Da lang.«
    Masaryk folgte Felber zur Hintertür. An der Tür drehte Wilbert Felber sich um und sah Sälzer fragend an, der im Hausflur vor
     der Küche stehen geblieben war.
    »Ich warte hier«, sagte Sälzer.
    Felber zögerte.
    »Also, gehen wir.« Masaryk drückte die Hoftür auf.
    Felber folgte ihm widerwillig, nachdem er einen letzten Blick auf Sälzer geworfen hatte.
    Sälzer hielt sich nicht lange mit Flur und Küche auf. Er steckte kurz den Kopf ins Wohnzimmer. Dann öffnete er eine kleine
     Tür am Ende des Flurs. Das Bad. Er machte die Tür daneben auf und wurde beinahe von einer Lawine überrollt. Aus einem Berg
     Gerümpel, der sich in dem Raum befand, hatte sich ein Zeitschriftenstapel gelöst. Sälzer schlug die Tür wieder zu, bevor sich
     alles auf dem Flur ergoss.
    Er blieb kurz im Flur stehen, erholte sich von dem Schreck. Dann betrat er eine schiefe Holztreppe, die ins Dachgeschoss führte.
     Er folgte den knarzenden Stufen nach oben, wo es nur ein Zimmer

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