Traeum weiter Baby
besser. Eine Tasse Tee kann Leben retten.
»Und wie kommt deine Mutter jetzt klar?«
»Gut. Sie lebt auf Korsika und hat einen sehr netten Freund. Er ist etwas jünger als sie und Maler. Aber das ist die einzige Übereinstimmung mit meinem Vater. Ansonsten ist er ein echter Schatz.«
»Ist ja toll«, sagte ich.
Es gab also Hoffnung. Vielleicht sollte ich meiner Mutter raten, auch nach Korsika zu ziehen? Sich mit einem Liebhaber in der Sonne zu rekeln, wäre sowohl für sie als auch für ihr Bankkonto die verdiente Erholung nach den Strapazen der letzten Jahre. Und falls es mit Sascha nicht mehr klappen sollte, könnte ich ja nachkommen.
»Ich könnte Korsika jetzt auch gebrauchen«, seufzte ich, »das Wetter hier schlägt mir aufs Gemüt.«
Tomas erzählte, daß er letzten Winter Glück hatte, weil |89| er vor dem schlechten Wetter abhauen konnte. Seine Firma hatte ihn wegen einer Straßenbausache nach Tunesien geschickt, ursprünglich nur für ein paar Tage. Aber bei der Buddelarbeit sind sie dann auf eine antike Siedlung gestoßen, und Tomas durfte in Tunesien überwintern, um die Ausgrabungen zu begleiten. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, weil ich an Sascha denken mußte, aber die beiden waren völlig in ihr Gespräch vertieft und kamen dabei vom Hundertsten ins Tausendste. Paula schien nicht weiter aufzufallen, daß sie gegen ihre ehernen Prinzipien verstieß, indem sie einen One-Night-Stand wie einen richtigen Menschen behandelte. Ich fand, das war gut so.
Ich wollte am liebsten nach Hause zu Sascha. Ihn in den Arm nehmen, ihm von Paulas Vater erzählen und ihm sagen, daß ich ihn niemals verlassen wollte und wir alles wieder hinkriegen würden. Aber dann fiel mir ein, daß auf dem Badezimmerboden Kotze klebte und Koks auf dem Küchentisch lag. Wenn ich aus diesen Bauteilen eine perfekte Familie basteln wollte, mußte ich verdammt geschickt sein. Und eine gute Bastelanleitung haben – aber genau die fehlte mir. Ich war ratlos. Im Moment war es das Beste, in Paulas Küche sitzenzubleiben und Tee zu trinken.
|90| drugs dont’t work
Als ich nach Hause kam, stand ein Strauß Osterglocken in einer Vase auf dem Küchentisch. Das Koks war weg und Sascha auch.
»Komme gleich wieder«, stand auf dem Zettel, der unter der Vase lag.
Die Küche war sauber, und im Bad waren die Spuren der letzten Nacht beseitigt. Ich staunte, weil Sascha seine Putztalente bisher so geschickt versteckt hatte, daß ich ihm niemals zugetraut hätte, die Wohnung ohne fremde Hilfe auf Vordermann bringen zu können.
Nachdem ich Moritz gefüttert und gebadet in der Kasserolle verstaut hatte, war ich so müde, daß ich mich auf die Couch legte, um bei MTV etwas auszuruhen. Ich hatte die Fernbedienung noch nicht gedrückt, als Sascha kam.
»Hi!«
»Selber hi.«
Er setzte sich zu mir auf die Couch und tätschelte meine Hand.
»Ich habe Nicole angerufen«, sagte er, »wir machen das mit den Möbeln morgen.«
»Prima.«
Mehr konnte ich zu diesem merkwürdigen Gesprächsanfang nicht beitragen. Sascha mußte einen Blackout gehabt haben. Es machte den Eindruck, als hätte das Koks diesmal wirklich die Gehirnzellen, auf denen die letzte Nacht gespeichert war, zerstört.
»Geht’s dir wieder besser?« fragte ich.
|91| Sascha nickte.
»Ich hab wohl ein bißchen viel erwischt gestern.«
»Meinst du wirklich?«
Er grinste. »Es tut mir leid! Ich wollte nicht, daß du das mitkriegst!«
Wie rücksichtsvoll von ihm. Ich setzte mich auf und zündete eine Zigarette an.
»Es geht doch nicht darum, ob ich es mitkriege oder nicht!«
»Doch natürlich«, beharrte Sascha, »es ist mir peinlich!«
»Meinst du, das Kotzen würde dir Spaß machen, wenn du alleine wohnen würdest?«
Sascha guckte erstaunt.
»Willst du, daß ich ausziehe?«
»Darum geht es doch nicht!«
»Warum sagst du dann so was?«
Ich seufzte. Das Gespräch hatte kaum angefangen und drohte schon wieder in einer Sackgasse zu landen. Es würde geradewegs auf eine Mauer zurasen und in einem Riesenknall in Flammen aufgehen, wenn es mir nicht schnell gelang, das Lenkrad herumzureißen.
»Ich will doch nicht, daß du ausziehst«, sagte ich versöhnlich.
»Aber?«
»Kein Aber. Ich will nur keine Angst um dich haben müssen.«
»Also doch ein Aber!«
»Findest du es normal, wie unser Leben in letzter Zeit abläuft?«
»Was hat das denn damit zu tun?«
»Du machst dich kaputt. Dein Körper ist das reinste Chemiedepot. Warum tust du dir das an?«
»Mach du mal ein paar
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