Traeum weiter Baby
daß er so einen Körper haben sollte wie Sascha.«
»Meinetwegen«, sagte sie gnädig, »aber der Kopf müßte komplett ausgetauscht werden.«
Bis auf die Lippen, dachte ich. Und die Augen. Eigentlich fand ich alles an Sascha toll. Vielleicht könnte man nur das Gehirn austauschen und den Rest lassen? Aber was, wenn dieses Gehirn sich dann auch in Doro verknallte? Wahrscheinlich war sie einfach mehr sexy als ich? Ich müßte mich ändern, dachte ich, ein Vamp werden. Die roten Fingernägel waren der erste Schritt in die richtige Richtung.
»Bin ich sexy?« wollte ich von Paula wissen.
Sie lachte: »Bin ich lesbisch?«
»Ach, komm…«
»Du bist unwiderstehlich in dem ausgeleierten Nachthemd und mit dieser Maske auf dem Gesicht. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich mich sofort in dich verlieben.«
»Schade, daß du kein Mann bist«, sagte ich bedauernd.
»Wasch die Maske ab, bevor sie zu Beton wird.«
Erst jetzt bemerkte ich, daß die Paste auf der Haut spannte. Während ich sie runterspülte, dachte ich, daß das Leben so viel einfacher wäre, wenn Männer wären wie Paula: nett, lustig und verständnisvoll. Als ich wieder ins Bett kam, bekam ich gerade noch das Ende der Aliens mit, das ziemlich blutig war. Danach muß ich eingeschlafen sein, denn als ich wieder aufwachte, war es dunkel. und Paula las im Schein der Nachttischlampe. Sie klappte das Buch zu.
|131| »Weißt du was«, sagte sie, »wir gehen jetzt aus!«
»Jetzt?«
Mir war nicht nach Ausgehen zumute. Ich brauchte nur daran zu denken, was mir das gestrige Ausgehen gebracht hatte. Doch Paula kannte keine Gnade.
»Los, du faules Stück! Du hast lange genug herumgelungert. Jetzt machen wir uns richtig hübsch und gehen weg. Zuerst Essen und dann Trinken. Ich lad dich ein!«
»Können wir nicht etwas bestellen? Ich bin zu müde. Ich will nicht ausgehen! Ich bin zu schlapp, um aus dem Bett zu steigen.«
Paula ignorierte meine Proteste. Sie sprang auf und zog aus ihrem Kleiderschrank ein paar Klamotten hervor.
»Welches davon ziehst du an?«
Sie hielt mir zwei Kleider unter die Nase, die beide gleich aussahen. Ich entschied mich für das rechte, aber Paula war anderer Meinung.
»Das ist doch nichts«, sagte sie kurz entschlossen und hielt mir das linke hin, »du ziehst das an!«
Ich zog das Kleid an, und als ich mich im Spiegel anguckte, fand ich, daß ich richtig gut aussah. Beinahe wie ein Vamp, nur edler. Paula zog auch etwas Edel-Vampiges an, und wir gingen los.
Als wir aus der Haustüre kamen, war es dunkel. Im Schein der Straßenlaterne sah man einen gesprayten Schriftzug auf dem gegenüberliegenden Haus. Melanie, ich liebe dich, stand dort in silbernen Buchstaben.
»Was für ein kindischer Idiot«, sagte Paula.
|132| what’s love got to do with it?
Das Restaurant, in das Paula mich schleppte, hatte weiße Leinentischdecken und massenweise frische Blumen als Deko auf den Tischen. Kaum saßen wir, kam ein Kellner mit Akzent, und Paula bestellte eine Flasche Champagner. Ich protestierte, weil ich nicht fand, daß wir etwas zu feiern hatten, aber Paula meinte, wir müßten auf mein neues Leben trinken.
»Glaubst du, da reicht eine Flasche?« fragte ich.
Paula grinste.
Nachdem wir unsere Mägen bis an ihre anatomischen Grenzen mit französischen Schweinereien vollgestopft hatten, rollten wir in eine Bar ein. Die Luft war sauerstoffarm, und es war ziemlich voll und laut. Ich mußte augenblicklich gähnen.
»Jetzt nur keine Müdigkeit vortäuschen«, rief Paula mir zu.
Sie erkämpfte einen Platz am Tresen und orderte zwei James Bonds. Das Zeug schmeckte hochprozentig und köstlich verrucht. Ich genoß es, daran zu nuckeln und die Leute um mich herum zu beobachten. Es lenkte mich so schön von meinem eigenen Leben ab – viel besser als fernsehen.
Inzwischen machte sich der Schlafmangel deutlich bemerkbar. Die Kombination von Müdigkeit und James Bonds war tödlich. Ich mußte dauernd gähnen und versuchte, Energie zu sparen, indem ich meine Lippen nicht bewegte und mich statt dessen darauf konzentrierte, die |133| Augen offenzuhalten. Praktischerweise hatte ich mit mehreren Leuten Körperkontakt, so daß keine Gefahr bestand, daß ich einfach umfallen und einschlafen würde. Von hinten stützte mich eine Frau, die lauthals berichtete, daß sie in ihrer kürzlich erworbenen Eigentumswohnung ziemlichen Ärger mit den Malern gehabt hatte, weil die zu beschränkt waren, um die Farben so zu mischen, wie sie es ihnen erklärt hatte. Es
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