Träum weiter, Liebling
Rosie-Stink-O zu ihr gesagt.«
»Tatsächlich?«
»Es war eine riesige Sauerei.«
»Das glaub ich.«
Rachel hob den Kopf und blickte Cal entgegen, der mit Rosie auf dem Arm die Treppe herunterkam. Er betrachtete sie finster.
»Kaffee gibt‘s in der Küche«, sagte Jane. »Wollen sehen, was ich zum Frühstück auftreiben kann.«
Rachel erwiderte Cals Blick einen Augenblick lang, dann nahm sie Edward bei der Hand. »Danke Jane, aber wir müssen gehen.«
»Aber Mommy, Rosies Dad hat gesagt, ich kann was von seinen Lucky Charms haben.«
»Vielleicht ein andermal.«
»Aber ich will jetzt. Darf ich? Bitte?« Zu ihrer Überraschung wandte er sich an Gabe. Wieder wurde er ein wenig ängstlich, seine Stimme wurde leise, sein Verhalten vorsichtiger. »Bitte, Gabe?«
Zu ihrer Überraschung strich Gabe ihm über die Schulter. Es war eine freiwillige Geste, und in seiner Stimme lag ein zärtlicher Ton, der sie erstaunte. »Ich glaub, deine Mom ist ziemlich müde. Wie wär‘s, wenn ich dir auf dem Heimweg eine Packung Lucky Charms kaufen würde?«
Sie erwartete, dass Edward nun aufgeben würde, aber das tat er nicht. Statt es noch mal bei ihr zu versuchen, drang er weiter in Gabe, doch ohne Ängstlichkeit. »Aber dann kann ich ja gar nich‘ seh‘n, wie sich Rosie Brei in die Haare schmiert. Das tut sie, echt, Gabe... Und ich würd‘s so gern sehen.«
Gabe blickte Rachel an. »Was meinst du, Rachel?«
Rachel war so erstaunt über die Wandlung im Verhältnis der beiden, dass sie nicht gleich antwortete, und da sprang Jane in die Bresche. »Ich weiß, du bist müde, Rachel, aber essen musst du sowieso. Komm, ich mach euch rasch was, bevor ihr geht.« Mit forschem Schritt ging sie voran in die Küche.
Die Männer folgten stumm und vorsichtig. Edward jedoch schien die Spannung nicht zu bemerken. Er flog zwischen Rosie, Gabe und Cal hin und her, fragte ihn über Lucky Charms und Rosies Essgewohnheiten aus und erzählte eine haarsträubende Geschichte, wie bei ihm einmal ein Dinosaurier ins Zimmer gekommen war, damals, als er noch in diesem Haus wohnte. Die Männer schenkten ihm ihre volle Aufmerksamkeit, was wohl auch daran liegen mochte, dass sie sich dann nicht miteinander befassen mussten.
Rachel entschuldigte sich und suchte das Badezimmer auf, wo sie sich, so gut es ging, frisch machte, aber barfuß und in diesem zerknitterten, alten Hauskleid sah sie eher aus, als würde sie mit dem Heuwagen durch Oklahoma ziehen, statt an einem Frühstück mit den Bonners teilnehmen.
Als sie wieder rauskam, öffnete Jane gerade eine Packung Pancake-Mix, während Edward mit einem Teller Frühstücksflocken vor sich auf einem Barstuhl hockte und Cal Rosie, die in ihrem Hochsitz saß, mit Haferbrei fütterte. Gabe stand etwas abseits an die Anrichte gelehnt und hielt eine dunkelgrüne Kaffeetasse in beiden Händen.
Jane blickte von der Schachtel auf und starrte auf Rachels bloße Füße. »Ist was mit deinen Schuhen?«
Gabe funkelte seinen Bruder an und sagte, bevor sie etwas erwidern konnte: »Odell hat sie konfisziert. Sie musste die Nacht barfuß auf dem kalten Betonboden verbringen.«
Jane warf Rachel einen entsetzten Blick zu. Rachel zog eine Augenbraue hoch und schüttelte unmerklich den Kopf. Was war bloß los mit Gabe? Das war heute Vormittag schon seine zweite Lüge. Anscheinend wollte er seinen Bruder ein wenig leiden lassen.
Jane biss sich auf die Unterlippe und widmete sich wieder ihrem Pancake-Mix.
Cal ging sofort in die Defensive. »Ich hab denen gesagt, sie sollen auf sie achtgeben, Gabe. Odell hat‘s mir versprochen.« Rosie wählte genau diesen Moment, um ihren Daddy fröhlich anzupusten, und ein Haferbrei-Sprühregen ergoss sich über sein Gesicht.
Da meldete sich Edward zu Wort. »Rosies Mommy hat mir gestern Abend ihren Computer gezeigt, und ich durfte all die Planeten sehen, und sie hat gesagt, sie gehören - äh -« Er blickte Jane an und wieder breitete sich der vertraute, besorgte Ausdruck auf seinem Gesicht aus. »Ich hab‘s vergessen.«
Sie lächelte. »Zum Sonnensystem.«
»Ah ja, jetzt weiß ich‘s wieder.«
In diesem Moment klingelte es an der Haustür, und Cal sprang auf, um zu sehen, wer da war. Es war noch nicht mal halb acht, also zu früh für einen Gelegenheitsbesuch, aber als Cals Stimme vom Foyer in die Küche drang, merkte Rachel rasch, um wen es sich bei dem Überraschungsbesucher handelte.
»Wo warst du?« hörte sie Cal sagen. »Du hättest doch in Knoxville sein sollen, aber
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