Träum weiter, Liebling
Familienzimmer her. »Gabe, das musst du unbedingt sehen!«
Er zögerte, und sie erwartete, dass er Edward vertrösten würde, doch er überraschte sie erneut. Er spießte seine Brüder mit einem bitterbösen Blick auf und sagte: »Keiner rührt sich vom Fleck. Ich bin gleich wieder da.« Er blickte Jane an. »Halt sie von ihr fern, okay?«
»Ich werde mein Bestes tun.«
Kaum war er aus der Küche verschwunden, rutschte Rachel von ihrem Hocker herunter. Beide Brüder betrachteten sie mit verwirrten Blicken. Während Cal Rosie auf dem Boden absetzte, versuchte Rachel ein wenig wohlverdiente Wut aufkommen zu lassen. Aber alles, was sie fühlte, war Frustration und eine Art verdrehtes Verständnis. Die Liebe hatte viele Gesichter, und sie blickte in zwei davon. Wie wundervoll es doch wäre, mit der Unterstützung dieser beiden Männer durchs Leben gehen zu können, egal, wie missgeleitet sie auch sein mochten.
Mit ruhiger Stimme sagte sie: »Es ist mir im Grunde egal, ob ihr mir glaubt oder nicht, aber nur um die Sache klarzustellen, Gabe irrt sich. Ich hab das Autokino nicht zertrümmert. Was nicht heißen will, dass ich‘s nicht aus genau dem Grunde, den er nannte, getan hätte, aber Tatsache ist, ich bin nicht auf den Gedanken gekommen.«
Sie fuhr fort, entschlossen, ein für allemal reinen Tisch zu machen. »Und Odell hat mir auch nicht die Schuhe weggenommen. Gabe hat sie auf dem Weg hierher aus dem Auto geworfen.«
Als Cal nun erwiderte, fehlte seinem Ton die gewohnte Aggressivität. »Was meint Gabe damit, dass er Sie gebeten hat, ihn zu heiraten, und Sie überlegen sich‘s noch?«
»Es heißt, ich hab nein gesagt.«
Ethan runzelte die Stirn. »Sie wollen ihn nicht heiraten?«
»Sie wissen doch, dass das nicht geht. Gabe hat ein butterweiches Herz. Er mag mich sehr, und deshalb beschützt er mich auch so vehement. Muss wohl eine Charaktereigenschaft der Bonners sein.« Sie räusperte sich und zwang sich, weiterzusprechen. »Er will mich nur deshalb heiraten, weil das seiner Ansicht nach die einzige Möglichkeit ist, mich aus Schwierigkeiten rauszuhalten. Aber er liebt mich nicht.«
»Aber Sie lieben ihn, oder?« erkundigte sich Ethan sanft. »Ja.« Sie nickte, versuchte zu lächeln. »Sehr sogar.«
Zu ihrer Verzweiflung füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Er hält mich für stark, aber ich bin nicht stark genug, um den Rest meines Lebens damit zuzubringen, mir etwas zu wünschen, was ich nie haben kann, und deshalb kann ich ihn nicht heiraten.«
Ihre Zehen kitzelten, und sie blickte hinunter und sah, dass Rosie sie entdeckt hatte. Froh um die Ablenkung, ließ sie sich mit gekreuzten Beinen auf dem Fußboden nieder, damit das Baby auf ihren Schoss krabbeln konnte.
Cal stieß einen Laut aus, der halb Seufzer, halb Stöhnen war. »Wir haben‘s ganz schön vermasselt.«
»Wir!« entgegnete Ethan, gerade als Gabe wieder hereinkam. »Ich hätte sie nie ins Gefängnis werfen lassen! Und bestochen hätte ich sie auch nicht, Mr. Big Shot Billionär!«
»Ich bin kein Billionär!« rief Cal. »Und wenn du mein Geld hättest, hättest du genau dasselbe gemacht!«
»Kinder, Kinder«, mahnte Jane. Und dann schlug sie ohne Vorwarnung die Hand auf den Mund und brach in lautes Gelächter aus. »Ach du meine Güte!«
Alle starrten sie erstaunt an.
»Tut mir leid, aber mir ist gerade eingefallen...« Sie beruhigte sich ein wenig und fing dann gleich wieder an zu lachen.
Cal runzelte die Stirn. »Was ist?«
»Ich - ach Gott...« Sie zog ein Papiertaschentuch aus einer Box auf der Anrichte und tupfte damit an ihren Augen herum. »Ich hab das vollkommen vergessen. Wir haben gestern Nachmittag einen ganz komischen Brief bekommen. Ich wollte dich schon fragen, was das sollte, aber dann fing ich an, über Bose-Einstein-Kondensate nachzudenken. BEC-Atome«, fügte sie hinzu, als erklärte das alles, »und du hast Chip mit nach Hause gebracht, und da ist es mir vollkommen entfallen.«
Cal betrachtete sie mit der Geduld eines Mannes, der es gewohnt war, mit einer Frau zusammenzuleben, die von Dingen wie Bose-Einstein-Kondensaten besessen war. »Was ist dir entfallen?«
Jane kicherte, ging dann zu einem kleinen Stapel Post, der auf der Anrichte neben dem Brotfach lag. »Diesen Brief. Er ist von Lisa Scudder. Du weißt doch. Sie ist die Mutter der kleinen Emily, das Mädchen, das Leukämie hat. Wir haben letzten Herbst was für ihren Fonds gespendet, aber dafür hat sie sich schon vor Monaten bedankt, also war ich
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