Träum weiter, Liebling
anzuziehen, als Gabes Pickup kiesspritzend die Auffahrt heraufgerast kam. Er machte eine Vollbremsung und sprang aus dem Wagen, als Kristy soeben aus der Tür trat.
Gabe sah aus, als hätte er sich die Kleidung hastig übergeworfen. Seine Haare waren zerzaust, und er war barfuß in ein Paar weiße Turnschuhe geschlüpft. Erst gestern hatten sie miteinander geschlafen, doch nun musterte er sie beide mit einem harten, zornigen Blick.
»Gabe, ich bin so froh, dass du da bist«, rief Kristy. »Schau dir das an!«
Aber er hatte die hässliche Aufschrift bereits gesehen und funkelte sie an, als könne er sie allein mit der Intensität seines Blicks in Rauch verwandeln.
»Du und ich, wir beide werden Odell Hatcher heute vormittag einen Besuch abstatten, Rachel.« Seine Augen blieben kurz an ihren langen Beinen haften, die unter dem Männerhemd hervorragten, und einen Augenblick schien er zu vergessen, was er hatte sagen wollen. »Ich möchte, dass die Polizei hier Patrouillen macht.«
»Die Leute werden langsam richtig gemein«, meinte Kristy leise. Während Rachel wortlos dastand, berichtete sie ihm von den zerstochenen Reifen und was im Petticoat Junction Café vorgefallen war. »Es kommt mir vor, als hätte Dwayne Snopes ihnen das Herz gebrochen, und die einzige Art, es ihm heimzuzahlen, ist, es an Rachel auszulassen.«
»Die Polizei wird sich nicht darum kümmern. Die wollen genauso wie die anderen, dass ich verschwinde.«
»Das werden wir sehen«, entgegnete er grimmig.
»Ich will nicht, dass du verschwindest«, sagte Kristy.
»Das solltest du aber. Ich war so selbstsüchtig und hab gar nicht gemerkt... Die werden auch euch Schwierigkeiten machen.«
Ein kämpferisches Funkeln flackerte in Kristys Augen auf. »Das ist mir scheißegal.«
»Um uns brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, sagte Gabe. »Kümmere dich um dich.«
Bevor sie ihnen widersprechen konnte, öffnete sich quietschend die Fliegengittertür und Edward erschien. Er hielt Pferdchen an einem Ohr fest an sich gedrückt und rieb sich mit der anderen Faust ein Auge. Die Hosen seines verblichenen blauen Schlafanzugs waren ihm bereits zu kurz, und das Bild von den kickboxenden Dalmatinern auf dem Oberteil war so verwaschen, dass sich Rachel schämte, nicht besser für ihn sorgen zu können.
»Hab eine böse Stimme gehört.«
Sie eilte zu ihm. »Ist schon okay, Schätzchen. Es war bloß Mr. Bonner. Wir haben uns unterhalten.«
Edward erblickte Gabe. Ein sturer Zug breitete sich um seinen Mund aus. »Er is‘ zu laut.«
Rachel drehte ihn rasch herum. »Komm, ich helf dir beim Anziehen.«
Er ließ sich widerstandslos von ihr an der Hand nehmen, aber als sie die Gittertür öffnete, murmelte er ein Wort, das Gabe, wie sie inständig hoffte, nicht gehört hatte.
»Pisskopf.«
Als sie und Edward angezogen wieder auftauchten, war Gabe verschwunden, doch als sie in die Küche ging, um Edward Frühstück zu machen, sah sie ihn auf der Vorderseite mit Pinsel und Farbeimer in der Hand. Sie goß Milch über Edwards Frühstücksflocken und ging dann zu ihm hinaus.
»Das musst du nicht tun.«
»O doch.« Er hatte das Wort überpinselt, aber es war immer noch zu erkennen. »Es braucht einen zweiten Anstrich. Das mach ich nach der Arbeit.«
»Ich mach das schon.«
»Nein, das wirst du nicht.«
Sie wusste, dass sie darauf hätte bestehen sollen, doch dazu fehlte ihr einfach die Kraft, und sie vermutete, dass Gabe das ahnte. »Danke.«
Nicht lange darauf streckte er den Kopf ins Haus und forderte sie auf, mit ihm zu kommen. »Wir schauen bei Odell Hatcher vorbei.«
Zwanzig Minuten später saßen sie vor dem Polizeichef von Salvation. Hatcher, eine lange, dürre Gestalt mit schütterem, grau werdendem Haar und einer Hakennase, blickte Rachel über den Rand seiner Lesebrille hinweg an, während er die Angaben von Gabe notierte.
»Wir werden der Sache nachgehen«, sagte er, als er fertig war. Aber Rachel glaubte, ein befriedigtes Glitzern in seinen Augen zu entdecken, und vermutete, dass er sich nicht allzuviel Mühe machen würde. Hatchers Frau war ebenfalls ein Tempelmitglied gewesen, und diese Tatsache war ihm nach der Aufdeckung des Korruptionsskandals sicher peinlich gewesen.
Sie beschloss, dass es an der Zeit war, in die Offensive zu gehen. »Chief Hatcher, Ihre Beamten haben an dem Tag, als Dwayne sich aus dem Staub machen wollte, mein Auto konfisiziert. Es lag eine Bibel darin, und ich möchte gern wissen, was mit ihr geschehen ist. Sie ist ein
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