Traeum weiter, Mann
Stoßstange dunkel und bedrohlich im Rückspiegel sehen.
Schöning!
Sofort spürt Heiner, wie sein Puls nach oben schießt.
Steff hat noch nichts gemerkt. Erst als sie weiterfahren und Schöning mit einem Abstand von ungefähr fünf Zentimetern hinter ihnen dranbleibt, dreht sie sich überrascht um.
»Was soll das jetzt wieder?«, erkundigt sich Heiner nervös, während Steff zwar mit Blick auf den Landrover vorwurfsvoll den Kopf schüttelt, dabei aber milde lächelt.
Was Heiner absolut nicht verstehen kann. Das ist doch kein Kleine-Jungen-Spaß! Das ist Nötigung! Und wenn Heiner etwas hasst, dann dass ihn jemand unter Druck setzt – vor allem, wenn es mit Autofahren im Regen zu tun hat.
Schweißperlen tropfen ihm von der Stirn, während er seine Hände in das Lenkrad krallt und sich in immer kürzeren Abständen nach hinten umdreht, obwohl ein Blick in den Rückspiegel völlig ausreichen würde.
»Entspann dich, Heiner«, meldet sich Steff besorgt vom Beifahrersitz. »Gerald macht doch nur ein bisschen Quatsch.«
»Na klar, weiß ich doch« antwortet Heiner mit gepresster Miene. Jetzt nur keine Schwäche zeigen.
Wieder kommen sie vor irgendeinem namenlosen Nest an eine Ampel. Doch dieses Mal hält Schöning nicht direkt hinter, sondern genau neben ihm und lässt immer wieder frech den Motor aufbrausen.
»Er will ein Wettrennen«, sagt Steff.
»So ein Blödsinn, bei dem Wetter ist das viel zu gefährlich.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, erwidert Steff, und zu Heiners großer Überraschung meint er, leichte Enttäuschung in ihrer Stimme zu hören.
»Schau mal, er will mit dir reden.«
Tatsächlich hat Schöning trotz des heftigen Regens sein Beifahrerfenster runtergefahren. Breit grinsend fordert er Heiner auf, auch sein Fenster zu öffnen.
»Verdammt«, flucht Heiner leise und kurbelt sein Fenster hektisch per Hand herunter. Sofort klatscht ihm das Wasser ins Gesicht. Durch den lauten Motor des Landrovers kann er Schöning kaum verstehen.
»Wer als Letzter im Möwenwind ist, gibt eine Runde aus«, ruft der Makler in den lauten Wind hinaus.
»Was?«
»Wer als LETZTER im Möwenwind ist, gibt eine Runde aus!«
Heiner starrt Schöning nur verständnislos an und kurbelt seine Scheibe wieder hoch.
»So ein Irrsinn!«
»Ja, natürlich. Sein Wagen ist doch viel schneller als deiner. Außerdem ist er ein viel besserer Fahrer.«
Heiner schaut irritiert zu Steff und sieht, dass sie kurz verschämt lächelt. Aber ihr Blick gilt nicht ihm, sondern dem bescheuerten Schöning! Heiner kann es nicht fassen!
Wieder ist das Jaulen des Landrovers zu hören. Noch hält Schöning den Fuß auf der Bremse, aber wie ein Kampfhund an der Leine ist der Landrover bereit zum Sprung, wenn er nur losgelassen wird. Durch die Regenschlieren auf der Scheibe kann Heiner Schönings seltsam verzerrtes, höhnisches Grinsen sehen.
Was soll er nur tun?
Heiner muss sich schnell entscheiden, die Ampel kann jeden Moment umschalten. Ein Landrover ist kein Porsche, schießt es ihm durch den Kopf. Eigentlich sollte selbst sein braver Golf mithalten können. Trotzdem wäre es Quatsch –
In dem Moment wird die Ampel grün.
Schönings Landrover rast davon, aber auch Heiner drückt reflexartig aufs Gas. Die Reifen drehen kurz auf dem nassen Asphalt durch, dann schießt der Wagen wie ein Pfeil davon, vorbei an weiten Feldern.
Zumindest kommt es Heiner so vor. Wie im Rausch drückt er das Pedal auf den Boden, der Motor des eigentlich braven Wagens erwacht und zeigt ungeahnte Kräfte!
Und es ist nicht zu glauben: Er hat Schöning abgehängt! Nirgends eine Spur von ihm, Heiners Golf ist der einzige Wagen auf der Landstraße! Heiner strahlt über das ganze Gesicht! Er gewinnt! Erst die Frau und jetzt das Rennen!
»Was tust du denn?«, erkundigt sich Steff verwirrt.
»Der Kerl kann mich mal! Wenn er glaubt, er ist schneller als ich, hat er sich geschnitten!«, ruft er entschlossen in die Frontscheibe, beide Hände dabei fest am Lenkrad.
»Aber das ist der falsche Weg! Du hättest gleich nach der Ampel links abbiegen müssen, genau wie Gerald!«
Heiner glotzt zu Steff, die ihn verwirrt und irgendwie mitleidig ansieht.
»Du fährst gerade einen Riesenumweg!«, wirft sie ihm vor.
»Keine Sorge, ich weiß genau, was ich tue!«, grummelt Heiner. Was nicht stimmt. Er hätte schwören können, dass er wieder rechts fahren musste! Aber ein Umweg ist nicht der völlig falsche Weg, wenn er nur etwas schneller fährt, ist er trotzdem
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