Traeum weiter, Mann
machst du denn da?«, unterbricht plötzlich eine leider nur zu bekannte Stimme.
Schöning ist an der Tür zum Wintergarten erschienen. Ungläubig, ja fassungslos starrt er zu Heiners Tisch.
Auch Heiner ist verwirrt. Eigentlich schön, dass dieser unangenehme Mensch Augenzeuge seines größten Triumphes ist. Aber wieso taucht der Kerl auf einmal hier auf? Er hat doch Hausverbot!
»Gerald, weißt du, was Heiner machen will?«, fragt Steff und lässt Heiner nicht los. Frech schiebt er ihr seine Hand auf die Hüfte.
»Nein, und es interessiert mich auch nicht.«
»Es ist total süß und –«
»Ich denke, wir hatten eine Verabredung?«, unterbricht Schöning und klingt dabei so charmant wie ein Kommandeur beim Morgenappell.
»Ja, natürlich, ich komme ja schon«, gibt Steff zu Heiners Überraschung nach und löst sich vorsichtig aus seiner Umarmung. Langsam geht sie zu Schöning an die Bar, schaut sich dabei aber noch einmal zärtlich zu ihm um.
Heiner versteht nicht, was hier gerade passiert. Schüchtern winkt er Steff noch einmal zu. Die schlägt verlegen die Augen nieder, greift auf der anderen Seite aber schon nach Schönings ausgestreckter Hand.
»Los, komm«, grummelt der und will Steff wegziehen – als den beiden auf einmal Frau Schmidt gegenübersteht. Immer noch im tropfenden Regenmantel und mit zwei Einkaufstüten in der Hand starrt sie Schöning entgeistert an, sieht mit ungläubigen Augen, wie er mit seiner wulstigen Hand Steff festhält – und jetzt schnell loslässt.
»Was ist denn hier los?«
»Mama, du bist schon wieder da?«, stammelt Steff, aber ihre Mutter nimmt sie gar nicht wahr. Sie sieht nur zu dem großen Mann an ihrer Seite.
Heiner merkt, wie Schöning auf einmal einen knallroten Kopf bekommt.
»Guten Tag, Frau Schmidt, wie schön, Sie so schnell schon wiederzusehen.«
Steffs Mutter mustert den Makler mit abschätziger Miene. »Was treiben Sie hier? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich Sie hier nicht mehr sehen will!«
Schöning fällt die Kinnlade nach unten. Hilfe suchend sieht er zu Steff, deren Wangen jetzt so rot sind wie bei einem kleinen Mädchen am Tag der Einschulung.
»Ich denke, du hast ...?«
»Noch nicht, Entschuldigung ...«, flüstert sie.
»Aber ich wäre doch niemals ...«, presst Schöning heraus.
»Ich hätte es ja auch noch gemacht«, zischt Steff
Heiner beobachtet das Drama aus der Entfernung. Selbst von seinem Platz am Kompasstisch kann er Schönings vor Schweiß glänzende Stirn sehen.
»Ich frage Sie noch mal: Was haben Sie hier zu suchen, Herr Schöning?« Frau Schmidt geht einen Schritt auf ihn zu.
Heiner winkt fröhlich flötend herüber. »Irgendwelche Probleme, Frau Schmidt? Kann ich helfen?«
»Nein, lassen Sie sich bloß nicht ablenken. Kümmern Sie sich um Ihren Roman. Das hier geht Sie gar nichts an.«
Heiner hebt beide Hände und lehnt sich wieder zurück. Er bemerkt, wie Schöning versucht, ihn nur mit der Kraft seines bösen Blickes zu töten. Heiner nickt ihm zu und schenkt ihm ein liebenswürdiges Lächeln. Was für ein schöner Tag! denkt er. Was für ein schöner und wundervoller Tag!
24
Im Nebel
»Mama! So läuft das nicht«, schreit Steff. »Und außerdem: Was ist mit Bielefeld?«
»Wieso?«
»Du wolltest doch heute zu Tante Margrit.«
Gerald sitzt etwas entfernt auf einer Tischkante, verschränkt die Arme vorm Bauch. Er schaut sich das Ganze an wie ein Theaterstück, allerdings hängt eine Menge davon ab, wie es ausgeht. Der blöde Deuters steht neben Frau Schmidt und glotzt weiter dümmlich lächelnd zu ihm herüber.
»Was hat Margrit damit zu tun?«
»Es ist vollkommen egal, wer hier wohnt! Weil du nicht da bist!«
»Die anderen Gäste sind abgereist, nur noch Herr Deuters ist hier«, bestätigt Frau Schmidt. Dass der alleine mit ihrer Tochter wäre, scheint ihr keine Sorgen zu machen. Schlimm wäre es nur, wenn er, Gerald, hier übernachtet – womit hat er sich das nur verdient?
»Dann sind ja noch genug Zimmer für Herrn Schöning frei, oder?«
Frau Schmidt bleibt stur. »So was geht nie gut aus, ich will das nicht!«
Steff explodiert aus dem Stand. »Mama, jetzt ist aber gut! Ich bin nicht aus Australien zurückgekommen, um mich wieder als Teenie zu fühlen.«
»Als wenn es dir als Teenager schlecht gegangen ist!«, faucht Frau Schmidt zurück.
»Du willst es ja nicht wahrhaben, aber es war die beschissenste Zeit in meinem Leben. Ich habe hier gelebt wie im Knast!«
Jetzt sind sie bei den alten
Weitere Kostenlose Bücher