Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
Lisbet brach ab.
„Das ist ja das einzig Fragwürdige an dieser sonst so überzeugenden Theorie“, bemerkte Gazi. „Wenn sie zu einem Frauenhaus gehen wollte, warum nahm sie das Baby dann nicht mit? Und warum hat sie uns nicht angerufen?“
Lisbet zögerte. Hilfe suchend sah sie Anna an. Diese verstand, worauf sie hinauswollte, hob aber nur ebenso hilflos die Schultern. Lisbet wandte sich wieder an Gazi. „Ich bin Ihnen gegenüber im Vorteil. Ich weiß sicher, dass Anna nichts mit der Sache zu tun hat. Ich weiß, dass sie niemanden kennt, der Yusuf heißt, und dass sie sich niemals an einer Kindesentführung beteiligen würde“, erklärte sie mit großer Bestimmtheit. „Ich weiß außerdem, dass es die Wahrheit ist, wenn Anna sagt, dass sie nach dem Unfall vollkommen verwirrt war und keine Erinnerung an den Unfall und die Minuten davor hat.“ Sie atmete tief durch.
„Es tut mir sehr leid“, fuhr Lisbet dann vorsichtig fort, „und bitte verzeihen Sie, wenn ich mich irre, aber könnte es nicht sein, dass … Ich meine, es passiert manchmal, dass sich Verzweifelte … Glauben Sie, Nadia ist zur Brücke gegangen, weil sie keinen anderen Ausweg mehr sah, als sich davon herabzustürzen?“ Da sie mit keiner Antwort rechnete, blickte sie nun auf die Uhr. „Ich muss gehen. Wir haben heute Nacht noch ein Shooting, und ich muss in einer Stunde in der Maske sein.“ Sie sah Anna an. „Möchtest du mitkommen?“
Anna wusste, Lisbet wollte ihr damit helfen, Scheich Gazi und Jafar loszuwerden. Dennoch schüttelte sie den Kopf. „Ich muss doch nach Frankreich, Lisbet. Ich habe noch nicht gepackt und muss mich noch um das Ticket kümmern.“
Lisbet hob eine Braue, als ob sie Anna besser durchschaute als diese sich selbst. „Na gut, ruf mich an. Mein Handy ist eingeschaltet. Wahrscheinlich habe ich nicht viel zu tun heute Nacht.“
„In Ordnung.“
Lisbet schlüpfte in ihre Schuhe, nahm ihre Jacke und setzte ihre Sonnenbrille auf.
„Würden Sie mir erlauben, Sie zu begleiten?
Lisbet lächelte unwillkürlich. „Gerne“, antwortete sie.
„Man wird Fotos von uns machen.“ Jaf deutete Richtung Straße, wo sicher noch die Paparazzi standen. „Macht Ihnen das etwas aus?“
Lisbet lachte. „Ich bin Schauspielerin, Jaf. Publicity ist für mich alles.“
13. KAPITEL
Kurz darauf sahen Gazi und Anna vom Fenster aus, wie Lisbet und Jaf die Konfrontation mit den Reportern meisterten und die Limousine bestiegen. Als der Wagen sich in Bewegung setzte, drehte Anna sich zu Gazi um. Es war so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.
„Nun“, begann Anna verlegen. „Es tut mir leid, dass wir nicht mehr für Sie tun konnten.“
Scheich Gazi nahm ihre Hand, aber nicht um sie zum Abschied zu schütteln. „Sie können durchaus mehr für mich tun, Anna.“
Seine Stimme klang rau. Die Berührung seiner Hand ließ einen heißen Schauer an ihrem Arm heraufsteigen, der ihren ganzen Körper erfasste. „Ich …“ Anna musste sich räuspern. „Ich fürchte, nein. Wirklich, es sei denn, ich würde mich vielleicht doch noch an etwas erinnern. Aber ich denke, Lisbet hat recht, das Baby muss schon im Taxi gewesen sein, als ich einstieg.“
„Davon spreche ich nicht, Anna.“ Er schaute ihr tief in die Augen.
Annas Herz schlug heftig. Wie hypnotisiert erwiderte sie Gazis Blick. Schließlich entzog sie ihm ihre Hand und wandte das Gesicht ab. Er sollte nicht sehen, wie aufgewühlt sie war.
Er war so unglaublich faszinierend. Noch vor wenigen Minuten hatte er sich ganz und gar auf die Rolle des aufmerksamen Zuhörers beschränkt. Doch jetzt hatte er sie wieder vollkommen in seinen Bann gezogen. Seine Ausstrahlung war überwältigend.
„Ich wage kaum zu fragen, was Sie damit sagen wollen“, flüsterte sie. Es machte sie schrecklich nervös, dass sie so stark auf ihn reagierte.
Er legte die Hände auf ihre Schultern und drehte sie wieder zu sich herum. Forschend blickte er in ihr Gesicht, bis sie sich völlig hilflos und ausgeliefert vorkam. Sie zitterte innerlich. Noch nie hatte sie sich allein durch den Blick eines Mannes so verletzlich gefühlt. Zögernd hob sie die Hände und legte sie auf Gazis Brust. Sie spürte, dass er fast unmerklich zusammenzuckte bei der Berührung, und seine Augen schienen noch einen Ton dunkler zu werden.
„Anna“, murmelte er.
Auf einmal hatte er die Arme um sie gelegt, und seine Lippen waren ganz nah an ihren. Sie spürte seine Anspannung, als könnte er sich nur
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