Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
„Wie können Sie es wagen, so zu mir zu sprechen? Ich habe es nicht getan! Es gibt absolut keinen Grund, mich eines Verbrechens zu beschuldigen!“
„Sie wurden zusammen mit einem Neugeborenen, das nicht Ihres ist, in diesem Taxi gefunden. Das schreit förmlich nach einer Erklärung. Also, welche Erklärung haben Sie denn dafür?“
Anna war viel zu empört, um ihm zuzuhören. „Wie konnten Sie nur! Sie haben mich belogen, mich verschleppt, mir eingeredet, ich sei womöglich verrückt! Sie haben mir weisgemacht, Sie und ich wären … Himmel, wir hätten fast miteinander geschlafen!“ Hektische rote Flecken erschienen auf ihren Wangen, als sie an jenen Augenblick dachte.
„Und das ging nur von mir aus?“, fragte er trocken. „Oder war es ein Versuch Ihrerseits, mich abzulenken?“ Er hörte sich an, als verdächtige er sie jetzt schon wieder, einen solchen Versuch zu machen. Als würde er ihr kein Wort glauben.
Anna war außer sich. „Wagen Sie es nicht, mich zu beschuldigen!“, schrie sie. „Ich habe niemals etwas anderes gesagt als die Wahrheit! Alle Manipulationen kamen von Ihnen! Sie haben mich sogar belogen, was Ihren Namen betrifft, nicht wahr? Gestern war es noch das Ahmadi-Zeichen, jetzt plötzlich soll es das Zeichen der al Hamzehs sein!“
Ishaq Ahmadi gab sich gelangweilt. „Sie haben mich also nie belogen? Erst vor einer Stunde haben Sie mich belogen.“
„Habe ich nicht!“
Er stand auf. Anna wich zurück, aber er packte ihre Handgelenke.
„Wie nennen Sie das sonst? Sie sagten, Sie erkennen das Haus wieder, dabei waren Sie nie zuvor auch nur in der Nähe dieses Hauses.“
Sie senkte den Kopf.
„Warum haben Sie das behauptet?“
Anna schwieg. Sie hatte tatsächlich das Gefühl gehabt, nach Hause zu kommen. Wahrscheinlich war es einfach ein Wunschgedanke gewesen. Sie hatte sich gewünscht, das Baby wäre ihres und Ishaq ihr Mann. Sicherlich hätte sie merken können, dass das alles nicht stimmte, wenn sie es nur hätte merken wollen.
„Was haben Sie sich von einer solchen Behauptung versprochen?“, drängte er auf eine Antwort.
„Sagen Sie es mir!“ Sie riss sich von ihm los. „Was für einen Vorteil könnte ich davon haben, dass ich so etwas behaupte?“
„Vielleicht wollten Sie mich damit einfangen, damit Sie leichter fliehen könnten.“
„Indem ich mit Ihnen schlafe, meinen Sie das? Ich bin also auch noch ein Flittchen. Das ist ja ein schönes Bild, das Sie da von mir zeichnen.“
„Sie haben gelogen, und Sie müssen einen Grund dafür gehabt haben.“
„Dass ich nicht lache“, entgegnete sie. „Dafür, dass Sie die Wahrheit sagen, habe ich nur Ihr Wort. Und das ist ja wohl auch nicht gerade in Stein gemeißelt. Sie …“ Anna brach ab und überlegte einen Moment. „Warum sind Sie eigentlich so selbstverständlich davon ausgegangen, dass ich Ihnen folge, als Sie mich aus der Klinik geholt haben? Sie müssen gewusst haben, dass ich das Gedächtnis verloren hatte. Sie müssen sich das ganz bewusst zu Nutze gemacht haben. So brauchten Sie nicht zu befürchten, dass ich die Schwester rufen und Sie als Betrüger entlarve würde.“
„Ich bin davon ausgegangen, dass Sie lieber auf dieses Spiel eingehen, als zu riskieren, dass man Sie als Kidnapperin verhaftet.“
Jetzt erinnerte sich Anna, wie eindringlich Ishaq an ihrem Krankenbett ihre Hand gedrückt hatte – als wollte er ihr ein Zeichen geben.
„Offenbar hatte ich damit recht. Sie konnten es sich nicht leisten, auf der Wahrheit zu bestehen, denn dann hätte man sofort eine Untersuchung eingeleitet und es wäre herausgekommen, dass das Baby nicht Ihres ist.“
„Wenn ich nicht so total verwirrt gewesen wäre, hätte ich sehr wohl auf der Wahrheit bestanden“, erwiderte Anna, doch sie klang jetzt eher müde als zornig. All ihre Energie schien aufgezehrt, und sie hatte kaum noch die Willenskraft, den Schmerz über diese schreckliche Wendung der Dinge zu unterdrücken. „Wenn Sie mich nur nicht so belogen hätten. Aber je grotesker eine Lüge ist, umso eher glaubt man sie wohl.“
„Ich tue, was notwendig ist, um die zu beschützen, die ich liebe“, entgegnete Ishaq Ahmadi kalt.
Ja, das glaubte sie ihm sogar. Bestimmt war er ein Mann, der zu seinem Wort stand, absolut verlässlich und stark, ebenso als Freund wie als Feind. Insgeheim bedauerte sie es, ihn nicht zum Freund haben zu können. Sie nickte. „Aber ich möchte hier raus und zurück nach Hause, zurück zu meinem Leben.“
Ishaq Ahmadi
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