Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
verteilen, auf ihre Ohrmuschel, auf ihren Hals.
„Ishaq …“, flehte sie.
„Sag mir die Wahrheit, Anna“, flüsterte er an ihrem Ohr. „Sag mir alles, damit ich dich lieben kann.“
„Dir alles sagen?“ Alles würde sie tun, alles würde sie sagen, wenn er nur nicht aufhörte, sie zu küssen. „Was soll ich dir sagen?“
Er antwortete nicht, sondern sah sie nur eindringlich an.
Langsam wandte sie den Blick ab. „Ich erinnere mich einfach nicht“, sagte sie mutlos. „Warum glaubst du mir denn nicht? Was habe ich nur getan, dass ich das Vertrauen verspielt habe, das du doch einmal zu mir gehabt haben musst?“
Er presste die Kiefer aufeinander. Sie spürte, dass er um seine Selbstkontrolle rang.
Im nächsten Moment hatte Ishaq Anna auf ihren Sessel zurückgehoben, und sein Blick war wieder voller Misstrauen.
„Was ist es nur, was ich dir sagen soll?“, fragte sie flehend. „Was habe ich vergessen?“
Kopfschüttelnd griff er nach seinem Glas. Nervös tat sie es ihm gleich.
„Was du vergessen hast, möchtest du wissen?“ Er sah sie missbilligend an. „Nichts hast du vergessen, Anna. Bis auf das Mitgefühl mit anderen Menschen, mit dem jeder von uns geboren wird. Sag mir, wo Nadia ist.“
Anna schloss gequält die Augen. Dann öffnete sie sie wieder. „Nadia?“, wiederholte sie langsam. „Wer ist Nadia?“
Ishaq antwortete mit schneidender Stimme: „Nadia ist, wie du sehr gut weißt, die Mutter des Babys, das du entführt hast und von dem du behauptest, es sei deins.“
6. KAPITEL
Anna blinzelte ungläubig. Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken „Was?“, rief sie. „Wovon redest du?“
Ishaq sah sie stumm an.
Vorsichtig stellte Anna das Glas auf dem Tisch ab.
„Ich kenne niemanden mit dem Namen … Sie ist die Mutter des Babys? Die Mutter von Safiyah?“ Anna versagte fast die Stimme. „Safiyah ist nicht mein Kind?“
Er schwieg noch immer.
Verzweifelt sah sie ihn an. Sprach er wirklich die Wahrheit, oder trieb er ein grausames Spiel mit ihr? „Du versuchst, mich fertigzumachen“, flüsterte sie heiser. „Sag mir die Wahrheit. Wenn du auch nur einen Funken Mitgefühl in dir hast, sag mir die Wahrheit. Ist Safiyah unser Kind?“
„Du weißt sehr gut, dass sie es nicht ist“, erwiderte er. „Wirst du endlich aufhören, Theater zu spielen? Was versprichst du dir davon?“
Anna hörte nicht, was er sagte. „Sie ist nicht mein Baby?“, wiederholte sie wie betäubt. „Sie ist nicht mein Baby?“
Ishaqs sonst so sinnlichen Lippen waren zu einem geraden Strich zusammengepresst.
„Wenn sie nicht mein Kind ist, dann habe ich ja gar nicht zwei Jahre meines Lebens vergessen“, überlegte Anna laut. Sie wandte den Blick ab. „Und wir sind gar nicht verheiratet, und das hier ist nicht mein Zuhause. Das waren alles Lügen.“
Sie sah ihn fragend an. Sein Blick bestätigte ihr, dass sie recht hatte. Ratlos blickte sie sich um. Es war ihr tatsächlich so vorgekommen, als sei das hier ihr Zuhause und als hätte sie ein Kind und einen Mann – als wäre all das ihre Wirklichkeit. „Aber wie … Ist einer von uns beiden verrückt?“
Er wirkte unwillig, wie jemand, der ein schlecht gespieltes Theaterstück sieht. „Sie sind verrückt, wenn Sie wirklich geglaubt haben, mit Ihrer Geschichte durchzukommen.“
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als er sie plötzlich wie eine Fremde siezte, und das Schlucken fiel ihr schwer. „Ich kenne niemanden mit dem Namen Nadia“, flüsterte sie tonlos. „Ich hatte einen Unfall. Ich wachte in einem Krankenhausbett auf, und man sagte mir, meinem Baby gehe es gut. Sie sagten, Sie seien mein Mann und ich hätte das Gedächtnis verloren. Das ist alles, was ich weiß.“
Ishaq Ahmadi – wenn das wirklich sein Name war – lehnte sich zurück. „Sie wussten genug, um so zu tun, als sei das Baby Ihres“, gab er trocken zurück.
Verzweifelt schüttelte Anna den Kopf. „In meinem Kopf herrschte ein totales Chaos. Man kann sich das nicht vorstellen, wenn man es nicht erlebt hat. Zuerst dachte ich, ich sei wieder in dem Krankenhaus, in dem mein Baby gestorben war. Als man mir sagte, meinem Baby gehe es gut, glaubte ich …“ Sie brach ab und schwieg einen Moment. „Ich glaubte, Noahs Tod sei nur ein schlechter Traum gewesen.“
Anna spürte, dass ihr die Tränen kamen, und unterdrückte sie mit aller Kraft. „Und dann sind Sie gekommen“, fuhr sie fort, „und haben alles auf den Kopf gestellt.“ Es war alles so verrückt, so
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