Traeume aus der Ferne
sie setzte, und blickte mir direkt in die Augen. »Erzähl mir von eurer Beziehung.« Natürlich wusste Jennifer längst alles über mein Verhältnis zu Carmen. Ich hatte keine Ahnung, worauf ihre Frage abzielte, und fühlte mich ziemlich unwohl in meiner Haut. »Sieh mich nicht so ungläubig an«, sprach sie weiter. »Sag mir lieber, warum du dich damals von ihr getrennt hast.«
»Aber das weißt du doch. Unsere Ansichten, wie eine Beziehung auszusehen hat, waren einfach zu verschieden. Ich wollte mehr von ihr, als sie bereit war zu geben.«
»So weit, so gut. Und was ist dann passiert?« Jennifer bohrte gnadenlos weiter.
»Ich habe mich immer wieder auf sie eingelassen«, gab ich kleinlaut zu.
»Was sich worauf beschränkte?« wollte Jennifer wissen.
»Aufs Bett«, gab ich nochmals ungern zu.
»Und wie hast du dich danach immer gefühlt?«
»Beschissen!« Ja, Jennifers Methode schien zu wirken. Ich hatte mich wieder in die Kim von damals verwandelt. Fühlte mich erneut klein und unsicher. Ich sah mich selbst vor mir, wie ich all meine Bedürfnisse hinten anstellte, nur um Carmen alles recht zu machen. Wir wussten beide, was ich wirklich wollte, doch ich hatte Angst, dass sie mich verlassen würde, wenn ich es jemals laut aussprechen würde.
Jennifer schien den Schmerz in meinen Augen zu sehen. »Bitte, tu dir den Gefallen und triff dich nicht mit ihr«, flehte sie mich schon beinahe an.
Ich hatte keine Lust, Jennifer meine Gefühle Carmen betreffend zu erklären. Selbst wenn ich meine Gedanken und Empfindungen in Worte fassen könnte, so wusste ich insgeheim doch, dass das alles ziemlich unlogisch und verwirrend wirken musste.
»Sie hat dich so oft verletzt«, versuchte Jennifer nun an mein Innerstes zu appellieren.
»Aber das hat sie doch nicht mit Absicht getan«, erklärte ich Jennifer bestimmt schon zum hundertsten Mal. »Sie ist einfach ein komplett anderer Mensch als ich. Sie wollte mich nie verletzen, aber es ließ sich auf Dauer einfach nicht vermeiden.«
»Wieso nur nimmst du sie immer wieder in Schutz?« wollte Jennifer wissen. »Diese Frau ist nichts für dich. Und wenn du dich jetzt mit ihr triffst, wird sie dich wieder um den kleinen Finger wickeln. Willst du das alles noch mal durchmachen?«
Ich wusste ja, dass Jennifer recht hatte. Zumindest der kleine Teil Verstand in mir wusste das. Aber mein Herz schlug bei dem Gedanken an Carmen noch immer einen Takt schneller als gewöhnlich. Vielleicht hatte sie sich ja doch geändert und sah nun endlich ein, dass eine Beziehung zwischen uns klappen könnte. Mein Körper stimmte den Gedanken meines Herzens sofort zu. Er sehnte sich seit Monaten nach Carmens heißem Körper und den wilden, leidenschaftlichen Nächten mit ihr.
»Ich bin über sie hinweg«, beruhigte ich Jennifer. »Ich möchte mit ihr reden, um das, was geschehen ist, besser zu verstehen. Was soll daran falsch sein?«
Jennifer sah mich verzweifelt an. »Oh Kim, wann wirst du endlich deine Augen öffnen?« Dann stand sie schnell auf und eilte zur Tür hinaus.
Einen kurzen Moment fragte ich mich, ob das eine Träne auf Jennifers Wange war. Doch dann wanderten meine Gedanken wieder zu Carmen.
Der gesamte Inhalt meines Kleiderschranks lag kreuz und quer im Schlafzimmer verteilt. Bei dem niederschmetternden Gedanken, dass ich nichts Passendes zum Anziehen hatte, beschlich mich ein leichtes Gefühl von Panik. Ich versuchte mich damit zu beruhigen, dass ich mich ja nur mit Carmen zum Essen verabredet hatte, es also keinen Grund gab, mich herauszuputzen.
Pünktlich, wie ich es von Carmen gewohnt war, klingelte es an der Tür. Ich versuchte mich zu beruhigen, versuchte, mich gegen ihren Anblick zu wappnen. Doch es war ein Ding der Unmöglichkeit. Mein Puls raste unaufhaltsam, meine Hände waren mit Schweiß bedeckt, und ich hatte die Befürchtung, dass meine Knie mich nicht mehr sehr weit tragen würden.
Langsam öffnete ich die Tür und spähte hinaus ins Treppenhaus. Carmen lehnte mit verschränkten Armen am Treppengeländer und lächelte mich ebenso unsicher an, wie ich mich fühlte.
Ich besann mich auf meine Beschwörungen der letzten Tage. Um nichts auf der Welt würde ich wieder mit ihr ins Bett gehen. Das war ich meinem Stolz schuldig.
»Lass uns gleich losgehen. Ich habe schon einen Bärenhunger«, sagte ich deshalb so distanziert wie möglich.
Während wir zum Wagen gingen, lächelte Carmen mich verschmitzt an. »Hallo. Ich freue mich auch, dich zu sehen.«
Oh nein, hatte
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