Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)
mächtiger.«
Die Kinder, Falcon. Was ist mit den Kindern? Mit den grotesken Überresten des Käfers auf dem glänzend aufpolierten Holzboden fiel Sara das Denken schwer.
Die Kinder sind in Sicherheit, Sara. Mach dir keine Sorgen ihretwegen. Mikhail hat sie in ein sicheres Haus gebracht. Ein Mann, ein Mensch, der ihm und offenbar auch unseren Leuten gut bekannt ist, ist bei ihnen, um auf sie aufzupassen. Ihnen wird nichts geschehen, während wir uns auf der Jagd nach deinem Feind befinden.
Sara sog scharf den Atem ein. Hatten die anderen nicht gesehen, was sie gesehen hatte? Der Vampir hatte die Schutzzauber des Hauses durchdrungen, sie gefunden und sie durch die Augen eines seiner Lakaien beobachtet. Nun wurden die Kinder, die sie adoptieren wollte, zu einem wildfremden Mann gebracht. Wer ist dieser Mann? Was weißt du von ihm, Falcon? Vielleicht solltest du dich selbst dorthin begeben. Sie müssen doch furchtbar ängstlich sein.
Mikhail vertraut diesem Mann. Sein Name ist Gary Jansen, und er ist ein Freund unseres Volkes. Er wird sich um die Kinder kümmern, bis wir den Vampir vernichtet haben. Wir können es uns nicht leisten, den Untoten ein zweites Mal zu ihnen zu führen. Mikhail wird sie auch nicht verängstigt dort zurücklassen. Er kann ihnen helfen, diesen Menschen und ihre neue Situation zu akzeptieren.
Sara schob das Kinn vor und versuchte, das unerträgliche Pochen in ihrem Kopf zu ignorieren. »Kennt ihr jemanden, der sich Gary Jansen nennt? Mikhail bringt die Kinder zu ihm.« Sie wusste, wie nervös sie klang, aber sie konnte es nicht verhindern.
Shea lachte leise. »Gary ist ein Genie, ein sehr engagierter Wissenschaftler, der extra aus den Vereinigten Staaten herübergekommen ist, um mir bei einem wichtigen Projekt zu helfen, an dem ich arbeite.« Während sie sprach, gab sie ihrem Seelengefährten ein unauffälliges Zeichen, Sara aufzuheben und sie in die unterirdischen Räume unter dem Haus zu bringen. »Ich hätte zu gern Garys Gesichtsausdruck gesehen, als Mikhail mit einer Schar verängstigter Kinder bei ihm auftauchte. Gary ist ein sehr anständiger Mensch, der uns helfen will herauszufinden, warum unsere Kinder nicht überleben und warum so wenige weibliche Babys geboren werden, doch ich kann ihn mir beim besten Willen nicht als Kindermädchen vorstellen. Oder zumindest nicht allein.«
»Wie ich sehe, amüsiert dich der Gedanke sehr.« Jacques’ leises Lachen bildete einen angenehmen Kontrast zu den lauten, beängstigenden Geräuschen außerhalb des Hauses. »Ich kann es kaum erwarten, Gary zu erzählen, wie erfreut du über seine neue Rolle bist.«
»Aber er wird sich doch um sie kümmern?« Sara suchte noch Bestätigung, als Jacques sie schon auf seine Arme hob.
Raven nickte nachdrücklich. »Ganz gewiss. Was das angeht, besteht kein Grund zur Sorge. Gary würde die Kinder nie im Stich lassen, und falls nötig, werden alle Karpatianer ihn beschützen. Deine kleinen Schützlinge werden bei ihm völlig sicher sein, Sara.« Als sie das Haus durchquerten, zeigte Raven auf ein hübsch gerahmtes Bild an der Wand. »Das ist Savannah, meine Tochter. Gary hat ihr das Leben gerettet.«
Sara sah sich im Vorbeigehen das Foto an. Die junge Frau war schön, aber sie sah aus, als wäre sie im gleichen Alter wie Raven. Und sie kam Sara irgendwie bekannt vor. »Sie ist deine Tochter? Du siehst kein bisschen älter aus als sie.«
»Savannah hat einen Seelengefährten.« Raven berührte liebevoll den Rahmen. »Wenn sie klein sind, sehen unsere Kinder sehr jung aus, aber ihr Körper entwickelt sich in den ersten paar Jahren etwa genauso schnell wie der eines menschlichen Kindes. Erst wenn unsere Leute die Geschlechtsreife erreichen, lässt unsere Wachstumsgeschwindigkeit nach. Das ist einer der Gründe für unsere Fortpflanzungsschwierigkeiten. Es kommt nur selten vor, dass unsere Frauen vor Ablauf von gut hundert Jahren, nachdem sie ein Baby geboren haben, wieder ein Kind empfangen können. Wir haben es schon erlebt, aber eben nur sehr selten. Shea glaubt, dass es eine Art Bevölkerungskontrolle ist, so wie auch die meisten anderen Spezies eine natürliche, gewissermaßen angeborene Geburtenkontrolle haben. Da Karpatianer so lange leben, baute die Natur – oder Gott, wenn du so willst – eine Maßnahme gegen Übervölkerung ein. Savannah wird schon bald nach Hause kommen. Sie wären gleich nach ihrem Verbindungsritual zurückgekehrt, aber Gregori, ihr Seelengefährte, hat Nachricht von seiner
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