Traeume doch einfach weiter
markantes Kinn perfekt rasiert. Er streckte Nate, der vor seinem Rad am
Boden kniete, eine Hand hin, um ihm aufzuhelfen.
»Hast du das
Autofahren aufgegeben?«, fragte Chuck mit Blick auf das Fahrrad. »Sag mir
nicht, du bist jetzt unter die Umweltschützer gegangen.«
Nate murmelte nur
etwas Unverständliches und sah sich verzweifelt um. Gab es denn hier niemanden,
der ihn vor Chuck retten konnte?
»Na komm, ich
nehm dich ein Stück mit«, sagte Chuck großzügig und rappelte mit den Eiswürfeln
in dem Becher mit gekühltem Mocca Latte, den er gerade ausgetrunken hatte. »Wir
haben achtunddreißig Grad, und du siehst jetzt schon aus, als wärst du durch
die Hölle gegangen. Ich möchte mir lieber nicht vorstellen, wie du aussiehst,
wenn du auf dem Rad bis nach Georgica Pond fährst.«
Nate überlegte.
Eine halbe Stunde Schwitzen oder zehn Minuten allein mit Chuck Bass - was war
schlimmer?
Eigentlich war
beides gleich schlimm.
»Okay, lass uns
fahren«, seufzte er. Der Gedanke an Chucks selbstverständlich mit Klimaanlage
ausgestatteten haigrauen Jaguar war zu verlockend, er konnte einfach nicht
widerstehen.
Chuck öffnete den
Kofferraum und Nate hievte das Rad hinein. Zuerst hatte er Zweifel, ob es
überhaupt reinpassen würde, aber der Kofferraum war überraschend geräumig,
und es gelang ihnen, das Rad so hinzulegen, dass nur noch ein paar Zentimeter
des Vorderreifens herausschauten. Anschließend rutschte Nate auf den mit
weißem Leder bezogenen Beifahrersitz, schlug die schwere Tür zu und schnallte
sich an.
Chuck startete
den Wagen, worauf sofort kühle Luft in das Wageninnere geblasen wurde und Led
Zeppelins »Houses of the Holy« aus den Boxen dröhnte.
»Ich hab den
ganzen Tag in Sag Harbor am Strand gelegen und fühl mich ziemlich
nostalgisch«, erklärte Chuck und drehte die Musik etwas leiser. »Also... was
sagst du zu den Neuigkeiten?«
»Neuigkeiten?«,
fragte Nate ahnungslos. An Chucks Tonfall hörte er, dass er vor Sensationsgier
platzte und tausend Fragen an ihn hatte. Eine Unterhaltung mit Chuck war oft
wie ein stressiges Bewerbungsgespräch.
»Na ja, das mit
Blair weißt du ja wahrscheinlich schon, oder?« Chuck drehte die Klimaanlage
noch weiter auf, obwohl jetzt schon sibirische Temperaturen herrschten. Er
fuhr auf die Hauptstraße, die Hampton Bays mit East Hampton verband und die
Nate inzwischen so oft hin- und hergefahren war, dass er auch blind nach Hause
gefunden hätte. Felder mit Rebstöcken wechselten sich mit geschmackvollen
Villen im Kolonialstil ab und gelegentlich sah man zwischen den Häusern blau
den Ozean hindurchblitzen.
»Was ist denn mit
Blair?«, fragte Nate, als sie am Oyster Shack vorbeikamen. Er war so auf Tawny
konzentriert gewesen, dass es sich ungewohnt anfühlte, Blairs Namen laut
auszusprechen. Soweit er informiert war, verbrachte sie den Sommer bei ihrem
neuen Freund in England. Aber auch wenn sie im Moment weit, weit weg war,
würden sie sich mit Sicherheit bald wieder über den Weg laufen. Sosehr sie
auch in diesen englischen Schnösel verliebt sein mochte, Nate wusste ganz
genau, dass sie niemals ihren lebenslangen Traum aufgeben würde, in Yale zu
studieren. Ein Wiedersehen auf dem Campus im September war unumgänglich.
»Tja, stell dir
vor... sie ist wieder da-a-aa!« Die Art, wie
Chuck das da in die Länge
zog, erinnerte Nate an das gruselige kleine Mädchen aus »Poltergeist«. »Heute
ist sie aus dem Flugzeug gestiegen.«
»Ach, echt?« Nate
spielte nervös am Sicherheitsgurt herum. Blair war aus London zurück?
»Hmm.« Chuck
nickte zufrieden und drehte die Anlage noch leiser. »Ob sie und Serena sich
schon den Versöhnungskuss gegeben haben, was meinst du?« Er lachte dreckig.
»Blair und Serena
streiten doch nie lange«, murmelte Nate und trommelte im Takt der Musik mit dem
Daumen auf den Türgriff. Er musste es wissen - normalerweise stritten sie sich
nämlich um ihn.
»Serena wird sich
auf jeden Fall freuen«, sagte Chuck grinsend. »Sie kann eine Freundin im Moment
echt gut gebrauchen.«
Nate antwortete
darauf nichts. Er hatte das Gefühl, als hätte sich die Welt ohne ihn
weitergedreht. Obwohl er erst seit einer Woche in den Hamptons war, hatte er
keine Ahnung mehr, was in seinem Freundeskreis los war.
»Sie hat
anscheinend ein paar Probleme mit ihrer Rolle. Das mit der Schauspielerei ist
eben doch nicht so einfach, wie sie es sich vorgestellt hat«, sagte Chuck.
»Aber das kriegt sie schon hin. Sie schafft es ja immer
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