Traeume ernten
sind wahrscheinlich Rechtsanwälte oder Chirurgen, vielleicht haben sie sogar Bücher zu Hause.
Ich beschlieÃe, Fiene, die sich schon seit einiger Zeit in ihrer Klasse unterfordert fühlt, auch hier anzumelden.
An diesem Nachmittag drehe ich mit den Mädchen die groÃe Runde. Laartje pflückt Blumen, so wie immer. Vor jedem Büschel Gras, jedem Unkrautpflänzchen bleibt sie stehen und guckt, ob nicht etwas für ihren Strauà dabei ist. Schnell bleibt sie zurück. Es weht ein kräftiger Wind, und als er eine Wolke vertrieben hat, kommt die strahlende, warme Sonne zum Vorschein. Fiene läuft neben mir, mit halb geschlossenen Augen genieÃt sie die Wärme. Aus ihrem Zopf haben sich lange Strähnen ihres dunkelblonden Haars gelöst, und die Sonne legt einen goldgelben Glanz auf ihr Gesicht. Ich sehe sie so scharf, dass sich die Härchen auf ihren Schläfen abzeichnen, die feinen Linien in ihren entschlossenen rosa Lippen, der dünne silberne Faden in ihrem Schal. Wie stark und authentisch dieses Mädchen ist und wie einfühlsam! Ich weià nicht, wie ich es anders ausdrücken soll, aber ich empfinde es als eine Ehre, dass ich sie geboren habe.
Bei dem kleinen Häuschen warten wir auf Laartje, die irgendwo am Horizont auftaucht, den Blick noch immer konzentriert auf einen Zweig mit gelben Blumen gerichtet. Der Pfad wird auf beiden Seiten von Pinien, Erdbeerbäumen und jungen grünen Eichen gesäumt. Das Weinfeld, das hier einmal gewesen sein muss, wurde wahrscheinlich nicht lange vor unserer Ankunft gerodet. Kaum zehn Jahre haben ausgereicht, um das brachliegende Stück Land wieder in eine mediterrane Heidelandschaft zu verwandeln. Wir gehen weiter über einen Pfad, der immer schmaler wird, durch eine wild wachsende Vegetation von mehr als mannshohen, frischen grünen Pinien. Als wir hierherkamen, standen hier nur Sträucher. Fiene und Marijn wissen das noch, wir freuen uns daran, dass unsere Umgebung immer schöner geworden ist â natürlicher und stärker. 24 Hektar auf der Welt, denen es gut geht.
Als wir wieder zu Hause ankommen, sehen wir groÃe Rauchwolken am Rande des Carignon-Feldes. Bruno kommt mit groÃen Schritten auf uns zugelaufen. »Es ist nicht zu glauben, patronne «, sagt er, »es brennt schon wieder. Gut, dass ich hier war.« Während wir ihm folgen, sehen wir gerade noch, wie erneut eine alte Eiche in Flammen aufgeht.
»Es ist schon seltsam, dass Bruno immer als Erster da ist«, sagt Fiene.
Die Weingärten sind wieder völlig aus den Fugen geraten â sobald ich die Kinder in die Schule gebracht habe, gehe ich mit Nina zu der Parzelle, wo Alex und Dominique den Dschungel zu bezwingen versuchen. Dann statte ich dem Mourvèdre hinter dem Haus einen Besuch ab. Seit ich auch offiziell biologisch wirtschafte, darf ich keine Unkrautvernichtungsmittel mehr verwenden. In älteren Anlagen ist das kein Problem, dort haben wir schon immer mechanisch gejätet. Aber die jungen Pflanzen sind noch empfindlich. Um zu verhindern, dass sie komplett überwuchert werden, habe ich ein paar Männer angeheuert, die die langen Reihen von Hand jäten. Es ist eine Wahnsinnsarbeit â ich traue mich nicht auszurechnen, wie hoch die Kosten inzwischen sind.
In der warmen Mittagssonne laufe ich langsam durch die Reihe nach oben. Hier und da ziehe ich an dem herausgehackten Unkraut, sind die Wurzeln raus, haben sie nichts übersehen? Als ich bei den jungen Männern ankomme, richtet sich der gröÃte von ihnen auf â es ist einer von diesen glatten, hübschen Jungen, die sich gut in einer Boygroup machen würden. Ich kann mir leicht vorstellen, wie er mit gerunzelter Stirn in die Kamera blickt, ein hübsches Tänzchen wird er wahrscheinlich auch hinlegen können. Jetzt testet er seine Qualitäten an der patronne . Er schaut mir lang und frech in die Augen, sein nackter Oberkörper glänzt in der Sonne, er atmet tief ein, während er noch ein wenig näher kommt. Ein Gedankenblitz: Liebesabenteuer auf dem Lande â reife patronne vergnügt sich mit 20-jährigem Landarbeiter. Dann weise ich ihn auf die Wurzeln hin, die im Boden zurückgeblieben sind, und gehe schmunzelnd zurück ins Büro.
»Junge, Junge«, sagt Monsieur Lampilas, als er an dem Feld mit den schuftenden jungen Männern vorbeikommt, »ich wusste nicht, dass Sie Sklaven halten.«
Ich bin gerade
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