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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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einging, und das Mädchen verzog enttäuscht das Gesicht. Arme Florence; sie war wirklich viel zu alt, um ihren Vater noch als Helden zu verehren. Höchste Zeit für sie, einen Ehemann zu finden.
    Ezra trat vor und streckte ihr eine Hand entgegen. »Susan«, begann er mit leiser, aber drängender Stimme. »Hättest du Lust auf einen Spaziergang mit mir?«
    Susan wollte gerade die Bänder ihrer Haube lösen, hielt aber inne. Sie versuchte, in seinem Gesicht seine Gedanken zu lesen. Ezra hatte in letzter Zeit nur selten ihre Gesellschaft gesucht, und diese plötzliche Einladung beunruhigte sie. »Ich wollte gerade das Abendessen zubereiten«, sagte sie ungewöhnlich zurückhaltend.
    »Das kann Florence machen«, erwiderte er mit der Sorglosigkeit eines Mannes, der wusste, dass seine Tochter seiner Bitte fraglos nachkommen würde. »Komm, Susan. Ich möchte mit dir reden.«
    Susan band sich die Haube wieder fest und hakte sich bei ihm unter. »Das klingt ernst«, sagte sie und versuchte, sich über ihre Besorgnis hinwegzusetzen.
    Auf dem Weg vom Haus über den Grasbuckel zum Wasser hinunter schwieg er. Dort unten standen schlanke Eukalyptusbäume mit blassgrünen Blättern und silberner Rinde. Sie warfen getüpfelte Schatten auf das grasige Ufer und das üppige Schilfrohr, in dem schwarze Schwäne ihre Nester hatten und der weiße Ibis umherstolzierte. »Hier gehe ich am Ende eines Tages am liebsten entlang«, sagte er schließlich.
    »Es ist sehr schön hier«, antwortete sie. Wollte Ezra sie nach England zurückschicken? Hatte er schließlich erkannt, dass ihre Ehe nur noch geheuchelt war? Oder sollte das ein Versöhnungsversuch werden? Im Stillen betete sie, es möge Letzteres sein, denn sie hatte so lange darauf gewartet, dass die Dinge zwischen ihnen wieder ins Lot kämen.
    Sie gelangten an die Flussbiegung; jetzt war das Haus nicht mehr zu sehen. Susan war versucht, über die Schulter zurückzuschauen, denn sie hätte schwören können, Florences Blick im Rücken zu spüren. Sie widerstand dem Bedürfnis, reckte das Kinn in die Höhe und versuchte so zu tun, als sei dies ein normales alltägliches Vorkommnis; als gehe sie regelmäßig mit ihrem Mann am Ende eines Tages am Fluss entlang. Wie schön wäre es, wenn das stimmte, dachte sie traurig.
    Sie schaute ihren Mann kurz von der Seite an und fragte sich nach dem Grund für diese ungewöhnliche Nähe. Er war alt geworden, stellte sie fest. Das schwarze Haar war mit Grau durchsetzt, die Nase war schlaff geworden, und um Augen und Mund hatten sich tiefe Falten eingegraben. Er arbeitete zu schwer und kümmerte sich zu viel um die ihm anvertrauten Menschen. Doch die Art, wie er sich aufrecht hielt, zeigte noch immer seine Charakterstärke und den unumstößlichen Glauben an seine Mission. Wie hatte sie nur je daran zweifeln können, dass sie ihn liebte?
    Ezra blieb stehen und nahm ihre Hände. »Susan, ich möchte dir so vieles sagen, aber zuerst habe ich Neuigkeiten, die uns alle betreffen.«
    Seine Miene war sehr ernst, was nichts Gutes verhieß. »Was ist los, mein Lieber?«, fragte sie mit einer Ruhe, die ihren inneren Aufruhr verbarg.
    Ezra teilte ihr den Tod seines Bruders mit und Gilberts bevorstehende Abreise nach England, und sie seufzte erleichtert auf, wenn auch ein wenig traurig. Sie würde Ann vermissen, denn sie waren sich in den letzten Jahren so nahegekommen wie Schwestern.
    »Ich habe dir bei unserer Ankunft versprochen, dass ich die Kinder nach Hause schicken würde, sollte es ihr Wunsch sein. Nun ist es an der Zeit, dieses Versprechen einzulösen, Susan.«
    Dann war es also doch keine Versöhnung. Sie schluckte ihre Enttäuschung hinunter, entzog ihm ihre Hände und umschlang ihre Taille. »Die Jungen sind hier glücklich, aber ich glaube, zu Florence würde ein Leben in England besser passen. Sie hat sich hier nie richtig eingelebt, und für ein junges Mädchen ist es ein hartes Leben – ich hätte es nicht für sie ausgesucht.«
    Ezra nickte nachdenklich. »Gilbert und Ann könnten ihr bestimmt eine passendere Umgebung und mehr Aussicht auf eine gute Partie bieten. Ich werde später mit Florence reden.« Er machte eine Pause und ergriff erneut ihre Hände, die er fest umschloss. »Und du, Susan? Willst du nach England zurückkehren?«
    Plötzlich sah sie Cornwall vor sich, leichten Regen und grünes Gras, sanft abfallende Hügel, breite Strände und schroffe Klippen – sie sah Tiere, die nicht stachen, bissen oder hochgiftig waren, sie sah

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