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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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dass ich der Nächste in der Erbfolge bin.«
    Ezra konnte sich nach den vergangenen Jahren der Nähe ein Leben ohne seinen Bruder nicht vorstellen, und das Herz wurde ihm schwer. »Dann musst du nach England zurück?«
    »Mit dem nächsten Schiff.« Gilbert legte seine Hand schwer auf Ezras Arm. »Tut mir leid, wenn ich dich einfach so sitzen lasse, mein Alter, aber es ist unvermeidlich.« Er konnte nicht lange ernst bleiben, und sein breites Lächeln ließ die jungenhafte Begeisterung erkennen, die er auch im Alter von vierundfünfzig Jahren noch besaß. »Ann ist völlig aus dem Häuschen«, gestand er. »Sie schmiedet schon Pläne, den Stammsitz umzugestalten, damit sie ausschweifende Feste veranstalten kann. Nur gut, dass mit dem Titel auch beträchtliches Geld verbunden ist, sonst wäre ich in einem Jahr bankrott.«
    Ezra lächelte. »Sie ist eine gute Frau«, sagte er. »Sie hat dich groß herausgebracht, Gilbert.«
    Gilbert zwirbelte seinen Schnurrbart und schaute über das Wasser, offensichtlich mit den Gedanken ganz woanders. »Susan aber auch«, sagte er schließlich. Er wandte sich seinem Bruder zu. »Meinst du nicht, sie hätte ein bisschen mehr Wärme von dir verdient, Ezra?«, fragte er, zur Abwechslung einmal leise.
    Nun war Ezra an der Reihe, die Aussicht zu betrachten, denn obwohl die Worte seines Bruders seine eigenen Gedanken wiedergegeben hatten, konnte er den Schmerz noch nicht verwinden, den ihr Betrug ihm zugefügt hatte. Auch jetzt wieder durchbohrte er ihn wie ein tief in sein Herz schneidendes Messer. »Ich habe es versucht, doch jedes Mal, wenn ich sie anschaue, sehe ich ihn.« Er blinzelte rasch, fest entschlossen, sich nicht das ganze Ausmaß der Einsamkeit anmerken zu lassen, die tief in seinem Innern dumpf widerhallte.
    »Der ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Keiner von uns ist vollkommen, Ezra.«
    »Irren ist menschlich, Vergeben ist göttlich.« Er schaute zu Gilbert auf. »Es wird Zeit, dass ich das, was ich predige, in die Praxis umsetze, nicht wahr?«
    Gilbert nickte. »Geh nicht das Risiko ein, sie durch Stolz und Eigensinn zu verlieren – deine Ehe ist mehr wert als das.« Er seufzte. »Eure Kinder werden groß, Ezra. Die Jungen sind bereits aus dem Haus, und Florence wird sicher bald heiraten, dann bist du mit Susan allein. Lass nicht deine Verbitterung diese letzten gemeinsamen Jahre zerstören.« Gilbert drückte Ezra die Schulter, drehte sich um und ging.
    Ezra sah seinem Bruder nach, wie er den Ort ansteuerte, die Schultern gestreckt, den Kopf hoch, das Rückgrat gerade. Gilbert würde immer wie ein Soldat gehen, auch wenn noch so viele Jahre ins Land zogen, und er freute sich, dass sein Bruder die Möglichkeit hatte, nach Hause zurückzukehren. Er würde einen sehr guten Earl abgeben, dessen war er sicher, seine Gesellschaft jedoch würde ihm fehlen, sein unkomplizierter Rat, seine Geradlinigkeit und seine Freundschaft.
    Sein Blick wanderte wieder aufs Meer. Gilbert hatte Recht. Es war höchste Zeit zu vergessen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und von vorn anzufangen – falls Susan das wirklich wollte. Er sammelte seine Papiere ein, klemmte sich die Bibel unter den Arm und machte sich auf den Weg zur Kirche. Er musste in dieser äußerst wichtigen Situation um Beistand bitten.
    Susan hatte rasch erkannt, dass Florence ihre aufkeimende Freundschaft mit der Gefangenen missfiel, außerdem schämte sie sich dafür, dass Billy Nell zur Partnerin gewählt hatte. In ihrer Tochter steckte viel Wut, was angesichts ihrer Lebensumstände verständlich war – es erklärte aber nicht die Feindschaft, mit der das Kind ihr begegnete.
    Sie versuchte, nicht weiter über die Situation zu grübeln, hängte sich den abgedeckten Korb über den Arm und ging rasch zu den Krankenzelten. Ihre Arbeit bei den Sträflingen und ihre Verwandtschaft mit Billy waren zum Gesprächsthema unter den Offiziersfrauen ihrer kleinen Gemeinschaft geworden. Vielleicht hatte Florence Sorge, es könne ihre Chancen auf eine gute Partie verringern.
    Sie kam am öffentlichen Vorratslager vorbei und winkte Billy und Nell zu, die sich an den Waschzubern ein paar Minuten Zeit füreinander nahmen. Als sie sah, wie eine Offiziersfrau ihre Tochter absichtlich brüskierte, wurde sie wütend. Wegen familiärer Bindungen und ihrem Mitgefühl für die Sträflinge geächtet zu werden war unannehmbar. Sie würde Florence Beistand leisten müssen, wie sie sich über solche Vorurteile hinwegsetzen konnte.
    Susan

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