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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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verurteilt.«
    In der eintretenden Stille sog Jack hörbar die Luft ein, und Billy warf seinem Freund, der noch bleicher als sonst geworden war, einen besorgten Blick zu. Was sollte das? Sie würden doch bestimmt nicht rausgeworfen?
    Gilbert fuhr fort. »Ich habe die Gerichtsakten mit Unbehagen gelesen, und mir ist aufgefallen, welchen Beitrag Sie seit Ihrer Ankunft für die Kolonie geleistet haben. Ihre Erfahrung in der Landwirtschaft ist von unschätzbarem Wert, und Ihre gute Führung war bewundernswert.« Er machte eine Pause, als wäre ihm durchaus bewusst, im Mittelpunkt zu stehen. »Daher gewähre ich Ihnen einen Freispruch auf Bewährung sowie dreißig Morgen Land in Parramatta.«
    Jack taumelte und fiel vor Schreck fast in Ohnmacht. Der Gehstock schlug unbeachtet auf dem Boden auf. »Heißt das, ich bin frei?«, fragte er.
    »Nicht ganz«, gestand Gilbert ein. »Sie müssen in der Kolonie bleiben, bis Sie das Urteil abgesessen haben. Aber Sie können Ihr eigenes Land bestellen und Hilfskräfte beschäftigen, unter der Bedingung, dass Sie alle Überschüsse an Vieh oder Ernteertrag an die öffentlichen Vorratslager verkaufen.«
    Jack ließ sich auf einen Stuhl fallen, vergrub das Gesicht in den Händen, so dass seine Worte des Danks kaum zu hören waren. Mühsam versuchte er, sich zu fangen.
    Billys Begeisterung kannte keine Grenzen: Er konnte kaum still stehen, gespannt darauf wartend, was Gilbert für ihn bereithielt.
    »William Penhalligan«, dröhnte der aufrechte alte Soldat. »Du bist ein Schlingel.« Er grinste breit, als er Billys Verblüffung sah, und seinem Tonfall war warmherzige Zuneigung anzuhören. »Aber du hast dich als zuverlässiger und bereitwilliger Lagerist bewährt. Zu Recht habe ich einen Dieb eingesetzt, um Diebe zu fangen, wie du ganz richtig vor fünf Jahren bemerkt hast, und deshalb spreche ich auch dich auf Bewährung frei und gewähre dir dreißig Morgen Land in Parramatta.«
    Billy strahlte von einem Ohr zum anderen, so dass er gar nicht richtig sprechen konnte, um sich zu bedanken. Er war überwältigt, endlich bekam er die Chance, seinen Wert unter Beweis zu stellen. Er packte Jack, hievte ihn vom Stuhl und schloss ihn in die Arme. »Wir haben es geschafft, Jack. Jetzt können wir unsere Pläne in die Tat umsetzen.«
    Jacks aschfahles Gesicht wurde puterrot. »Wir werden die beste Farm in Australien haben«, flüsterte er. »Und jetzt kann ich Alice schreiben.«
    Billys Lächeln erlosch, da Jacks Worte ihn daran erinnerten, dass er etwas sehr Wichtiges vergessen hatte. Er wandte sich wieder an Gilbert. »Ich habe eine Frau, Sir«, stammelte er. »Und die erwartet ein Kind. Besteht die Möglichkeit, sie auch freizulassen?«
    Gilbert schürzte die Lippen und zwirbelte seinen Schnurrbart. »Aha«, tönte er. »Die liebreizende Nell Appleby.« Er durchblätterte seine Papiere und saß lange Zeit schweigend da, während er über Nells Akten brütete.
    Billy versuchte in quälender Unsicherheit, in Gilberts Gesicht zu lesen oder seine Gedanken auch nur ansatzweise zu erraten – doch der alte Soldat fuhr fort, Papiere hin und her zu schieben. Billy platzte beinahe, als Gilbert schließlich wieder das Wort ergriff.
    »Das Kind wird natürlich ein freier Bürger sein, aber Nell wird vor Ablauf der nächsten zwei Jahre nicht freigesprochen. Da sie keine Familienangehörige von dir ist, kann ich ihr keinen Freispruch gewähren. Ich werde alle Sträflinge gegen mich aufbringen, wenn sich herumspricht, dass ich deinen Antrag bevorzugt habe – und Nell ist nicht gerade ein stilles kleines Ding, oder?«
    Billys Euphorie erhielt einen Dämpfer bei dem Gedanken, sein neues Leben ohne Nell zu beginnen. Ihre Wärme und Sinnlichkeit hatten seine Einsamkeit vertrieben, ihr Humor in der Not und ihre grenzenlose Energie hatten seine Lebenslust neu bestärkt. In dumpfer Verzweiflung schaute er Gilbert an.
    Letzterer erwiderte seinen Blick, und in seinen Augen blitzte der Schalk auf. »Wenn du sie natürlich heiraten würdest …« Den Rest des Satzes ließ er in der Luft hängen.
    Billy brauchte eine Weile, um Gilberts Worte zu verdauen. Er kam mit Nell ganz gut aus, und er liebte sie wohl auch auf die ihm eigene sorglose Art. Doch über Heirat hatten sie nie nachgedacht, geschweige denn gesprochen – nicht einmal, als sie ihm sagte, sie sei schwanger.
    Gilbert hüstelte diskret, und Billy merkte, dass er auf eine Antwort wartete. Er räusperte sich und wischte sich die feuchten Handflächen an

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