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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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seine Schönheit zu bewundern.
    »Ein Dolch, der für einen Maharadscha geeignet wäre«, sagte der Mann, der sie von der anderen Seite des Tisches beobachtete. »Hergestellt in den Palästen Indiens von den besten Handwerkern, und er gehört dir für eine Handvoll schwarzer Perlen.«
    Sie verstand das meiste von dem, was er ihr sagte, denn die Matrosen und Händler kamen häufig vorbei. »Ich habe keine Perle«, antwortete sie traurig und sah den schönen Gegenstand in ihrer Hand sehnsüchtig an.
    Er nahm ihr den Dolch ab und legte ihn wieder an seinen Platz zurück. »Ohne Perlen kein Dolch.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe und konnte den herrlichen Gegenstand, den sie so gern hätte, nicht aus den Augen lassen. Das wäre ein wunderbares Geschenk für Tahamma, denn bestimmt hatte kein anderer auf Tahiti einen solchen Schatz.
    »Wenn du keine Perlen hast«, sagte der Mann, »was hast du sonst?«
    Sie war versucht, sich selbst anzubieten – doch die Lektionen der Missionare ließen sie stillschweigen. Früher hätte sie gar nicht erst überlegt und gern ihre Gunst gegen diesen wunderschönen Gegenstand eingetauscht. Die drohende Aussicht, ewig in der Hölle zu schmoren und den Zorn des Gottes der Missionare auf sich zu ziehen, war jedoch äußerst abschreckend. Dann kam ihr blitzartig ein Gedanke; vielleicht hatte sie doch noch etwas, das er gegen den Dolch eintauschen würde. »Behalten Sie den einen Augenblick? Ich bin gleich wieder da. Mit einem sehr schönen Ding.«
    Er nickte, und schon lief sie so schnell wie möglich zu ihrer Hütte. Sie musste sich beeilen, denn sie wollte nicht, dass er den Dolch anderweitig vergab; er war so schön, so begehrenswert, dass man rasch zupacken musste. Atemlos stürmte sie in die Hütte und warf die Schlafmatten beiseite. Sie grub in dem Sand, den sie gerade noch geglättet hatte, stieß rasch auf die Zinndose und zog sie heraus. Ihre Hände zitterten vor Erregung, als sie den Sand abwischte und den Deckel öffnete.
    Die Taschenuhr schimmerte matt, als sie den Stoff entfernte, der sie schützte. Sie hielt sie in die Höhe und fragte sich, ob der Mann sie wohl für so wertvoll halten würde, dass er sie gegen den Dolch eintauschte. Auf einer Seite war eine Kerbe, die sie bestimmt wertlos machte, und sie glänzte und glitzerte nicht – sie war nur mit einem Edelstein besetzt und diente keinem nützlichen Zweck.
    Jahrelang war sie versteckt worden, und sie hatte sie beinahe vergessen, denn Tahamma hatte sie ihr nur einmal kurz vor ihrer Hochzeitszeremonie gezeigt. Sie erinnerte sich, dass er sie geöffnet und ihr die Bilder auf den Innenseiten gezeigt hatte sowie den kleinen Schlüssel. Er hatte ihr eine Geschichte über den Mann erzählt, aber sie hatte nicht richtig zugehört, denn sie war in Gedanken bei ihrer bevorstehenden Ehe. Nun fiel ihr nicht einmal mehr ein, wie man die Uhr öffnete.
    Sie drehte und wendete sie in der Hand, wohl wissend, dass sie sich rasch entscheiden musste, wenn der Dolch nicht in andere Hände fallen sollte. Der Gedanke daran und an die Freude auf Tahammas Gesicht machten es ihr leicht. Sie wickelte die Uhr in das Tuch und lief rasch wieder an den Strand hinunter.
    Der Dolch war noch da, und sie atmete erleichtert auf, als sie die Uhr in dem Tuch dem Händler entgegenhielt.
    »Was hast du denn da für mich?«, fragte der Mann und packte ihr Angebot aus.
    Sie rückte näher an den Tisch und griff nach dem Dolch. Sie musste ihn einfach anfassen. Musste die Klinge aus der Scheide ziehen und die Edelsteine auf dem Griff in der Sonne funkeln sehen und wissen, dass er bald ihr gehören würde.
    »Sehr schön«, murmelte er und schaute sich die Taschenuhr genauer an. Er nahm etwas aus der Tasche und klemmte es sich in die Augenhöhle, um noch näher hinzusehen. Mit zitternden Fingern nahm er es wieder heraus und drehte die Uhr in der Hand.
    »Ganz gut?«, fragte sie. Er schien zufrieden mit dem, was sie ihm gebracht hatte, aber reichte es?
    Er verzog das Gesicht, als er an einer Vorrichtung an der Seite der Uhr drehte; das Gehäuse sprang auf. »Sie ist nicht mehr ganz in Ordnung, aber …« Er betrachtete die beiden Porträts mit einstudierter Gleichgültigkeit.
    Sie drückte den Dolch an die Brust. »Kann ich den behalten?«
    Er sah sie davonlaufen und stieß die Luft aus, die er so lange angehalten hatte; er stellte fest, dass er zitterte. Der Dolch war wertlos, nur Kitsch aus Zinn und buntem Glas, das in den Gassen Indiens zusammengestückelt

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