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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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einem Haufen von Leuten zu treiben, die er nicht kannte und die ihm gleichgültig waren. Dringlicheres stand an. Er hatte den weiten Weg nicht nur zurückgelegt, um den kleinen Mistkerl aus der Patsche zu holen. Sobald das Gespräch mit Edward hinter ihm lag, wäre er frei, seine Pläne zu verwirklichen.
    Er trank den Tee und schaute desinteressiert zu der Menschenansammlung auf dem Rasen im Westen. Bunte Kleider und Sonnenschirme flatterten im Wind, rote Uniformen mit glitzernden Messingknöpfen und goldenen Epauletten sprangen ins Auge. Diener liefen geschäftig mit Tabletts umher, schenkten ein, und ein paar Hunde rannten allen vor den Füßen herum. Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte er. Sie erinnerten ihn an Banks’ verdammte Windhunde.
    Die Erinnerung an jene Reise brachte ihn wieder auf Susan. Nie würde er den Ausdruck auf ihrem Gesicht vergessen, als er den unechten Brief vorgelegt hatte, und er würde sich bestimmt nie verzeihen, ihr so viel Schmerz bereitet zu haben. Sie hatte Besseres von ihm verdient nach allem, was sie einander bedeutet hatten, und er war fest entschlossen, es auf irgendeine Weise wiedergutzumachen.
    Er schaute auf das bunte Kaleidoskop, das sich auf dem fernen Rasen bewegte. Was Millicent betraf, so hatte er sie längst für tot gehalten – hatte sogar von ihrer Stiefmutter, dieser Schlampe, die Nachricht über ihren Tod erhalten. Er hatte einen Schreck bekommen, als er entdeckte, wer seinen Sohn angeklagt hatte, und die näheren Umstände erfuhr, die sie hierher gebracht hatten.
    »Vater?«
    Aus seinen Gedanken gerissen, drehte er sich um. »Du bist früh dran.«
    »Ich habe um vier eine Verabredung mit meinem Vorgesetzten«, erwiderte Edward. Er ließ sich in einen Sessel fallen und streckte die Beine aus.
    Jonathan betrachtete ihn. Der Junge war mit seinen dreiundzwanzig Jahren hoch aufgeschossen und sah sehr gut aus, noch dazu in Uniform. Die Mundwinkel aber waren wie die seiner Mutter herabgezogen, Blick und Haltung waren arrogant.
    »Ich bedaure, dir kein richtiger Vater gewesen zu sein, Edward«, sagte er und stellte das Teeglas auf den Tisch zwischen ihnen. »Hätte ich hinsichtlich deiner Erziehung etwas zu sagen gehabt, wären wir vielleicht Freunde geworden und hätten die schrecklichen Ereignisse des heutigen Tages vermeiden können.«
    »Du warst nie lange genug zu Hause, um ein Vater zu sein«, entgegnete Edward und sprang auf. »Und wenn das hier eine Lektion werden soll, dann verabschiede ich mich lieber gleich und gehe zu meinen Freunden in die Kneipe.«
    »Du setzt dich jetzt hin, bis ich dir die Erlaubnis gebe, zu gehen«, fuhr Jonathan ihn an und baute sich vor seinem Sohn auf.
    »Ich bin kein kleines Kind mehr, sondern Leutnant der britischen Armee.« Edwards Augen blitzten auf, er hatte die Fäuste an den herabhängenden Armen geballt, und sein Unterkiefer arbeitete.
    »Du bist ein Lügner, ein Dieb und ein Frauenschänder«, sagte Jonathan tonlos. »Und wenn ich nicht den Namen der Familie zu schützen hätte, dann hätte ich dafür gesorgt, dass man dich auspeitscht und ins Gefängnis steckt.«
    »Also spricht der fürsorgliche Vater«, knurrte Edward.
    Jonathan wusste, dass der Junge versuchte, ihn zu provozieren. Aber er würde es ihm nicht heimzahlen, obwohl es ihn in den Fingern juckte, in das hochnäsige Gesicht zu schlagen. »Deine Mutter war dein Verderben«, sagte er kurz und bündig. »Sie hat mich mit ihrer spitzen Zunge vertrieben und mir verwehrt, dich je als Sohn zu verstehen. Sie hat dich verwöhnt, dir in allem nachgegeben und einen äußerst unangenehmen, unmoralischen Taugenichts aus dir gemacht.«
    »Meine Mutter war eine Heilige«, zischte er mit zornesrotem Gesicht. »Sie musste nicht nur die Bürde auf sich nehmen, das Anwesen zu verwalten und mich großzuziehen, während du dich auf der ganzen Welt herumgetrieben hast – sondern sie musste sich auch noch mit deinen endlosen Liebesaffären abfinden und dem daraus resultierenden Klatsch. Die Gesellschaft hat sie ausgestoßen, und sie hat wegen deines schlechten Rufs in Ungnade leben müssen. Kein Wunder, dass sie an gebrochenem Herzen gestorben ist.«
    »An einem gebrochenen Herzen, dass ich nicht lache!«, schnaubte er. »Sie hatte gar kein Herz, das man hätte brechen können.«
    »Ich verabschiede mich«, erwiderte Edward kühl. »Anscheinend haben wir uns nichts mehr zu sagen.«
    Jonathan hielt ihn am Arm fest. »Du gehst erst, wenn ich es dir erlaube«, blaffte er ihn an. Dass

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