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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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sein Sohn wie angewurzelt stehen blieb und erbleichte, verschaffte ihm kaum Genugtuung. »Ich habe mit deinem Vorgesetzten gesprochen. Wir sind uns darin einig, dass du und deine Kumpane eurem Regiment nur Schande bereitet habt, und ganz gleich, wie der heutige Tag ausgegangen ist, wäre es für keinen von euch gut, in Sydney Town zu bleiben.«
    Edward kniff die Augen zusammen. Er verachtete seinen Vater. »Was hast du gemacht?«, flüsterte er.
    Jonathan zuckte mit den Schultern. » Ich habe nur sehr wenig getan«, sagte er. »Dein eigenes Verhalten hat dir die Degradierung und fünf Jahre Versetzung an den Brisbane River eingebrockt, wo dein Zugriff auf die Fleischtöpfe eingeschränkt wird.«
    »Brisbane River? Da gibt es doch nur plündernde Schwarze und den Dschungel.« Er benetzte die Lippen mit der Zunge und fuhr sich mit nervösen Fingern durch das dunkle Haar. »Wir werden uns weigern«, sagte er. »Die Anklage wurde abgeschmettert – wir haben kein Verbrechen begangen.«
    »Wir beide wissen, dass das nicht stimmt«, sagte Jonathan verbittert. »Ich habe eine vollständige Aussage bei einem Rechtsanwalt hinterlegt. Wenn du vor Ablauf von fünf Jahren nach Sydney zurückkehrst oder Kontakt zu einer der beiden Frauen aufnimmst, wird diese Aussage dem Gericht übergeben.«
    »Das würdest du nicht wagen.« Edwards Augen funkelten. »Man würde dich des Meineids beschuldigen.«
    Jonathan entspannte sich, doch sein Lächeln reichte nicht bis an die Augen. »Ich war schon immer ein Spieler, Edward, und diesmal steht das Glück auf meiner Seite. Trotz deines rüpelhaften Betragens bist du ein Feigling. Ich werde mein Glück versuchen.«
    Edwards ballte die Fäuste. Nach einem langen harten Blick wandte er sich ab und stürmte von der Veranda.
    Jonathan sah ihm nach. Der Verlust seines einzigen Sohnes und der gemeinsamen Jahre, die sie hätten haben können, lasteten schwer auf seiner Seele. Edward könnte ein netter junger Mann sein, wenn die Dinge nur anders gelaufen wären.
    Er schaute gedankenverloren über den Rasen. Diese Reise nach Australien hätte im Zeichen der Versöhnung stehen sollen – eine Gelegenheit, die Vergangenheit zu begraben und einander kennenzulernen, nun, da Emily gestorben war; doch das hatte er sich vorgenommen, bevor er diese Gestade erreicht hatte und feststellen musste, dass Edward mit Riesenschritten auf seinen Ruin zustrebte.
    Jonathan fürchtete um seine Zukunft. Edward brauchte einen starken Einfluss, der ihn auf dem rechten Weg hielt, doch Jonathan wusste auch, dass er ihn nicht auszuüben vermochte, nicht nach dem heutigen Tag. Es war klar, dass Edward an die Kandare zu nehmen war, bevor er weitere Verbrechen verübte, und die fünf Jahre in der Wildnis von Brisbane River dürften ein Schritt auf diesem Wege sein. Doch Jonathan erkannte schweren Herzens, dass die einzig wahre Lösung darin bestand, seinem Sohn eine Frau zu suchen.
    Millicent hatte nach Ernest Ausschau gehalten, als der Pferdewagen um die Ecke bog. Sie bedauerte inzwischen ihr Verhalten ihm gegenüber, wohl wissend, dass sie ungerecht und verletzend gewesen war. Nun wollte sie ihn wiedersehen, wollte sich wieder so fühlen wie einst und wissen, dass seine Versprechen ehrlich gemeint waren. Doch sie hatte keine Spur von ihm gesehen und musste sich damit abfinden, dass sie das einzig Gute in ihrem Leben zerstört hatte. Dabei spielte es keine Rolle mehr – die Millicent, die ihn früher von Herzen geliebt hatte, gab es nicht mehr.
    Sie saß neben Susan, als Ezra das Pferd zum Trab antrieb und sie sich auf den Heimweg machten. Sie vernahm Susans leise Stimme, doch die Wörter hatten keine Bedeutung für sie. Sie nahm Farben und Lärm und Bewegungen außerhalb des beengten überdachten Pferdewagens wahr, sah aber nichts. Es war, als lebe sie in einer Leere, in der nichts real war, denn ihre Gefühle waren restlos verausgabt, und die Millicent von einst glich einer leeren Muschelschale.
    Susan und Ezra halfen ihr aus dem Pferdewagen, und sie ging mit ihnen ins Haus. Sie ließ sich von ihnen bemuttern, ließ sich Hut und Schleier abnehmen und eine Tasse heiße Milch vorsetzen. Ihr leises Geplauder zog über sie hinweg, und obwohl ihr im Hinterkopf durchaus bewusst war, dass sie versuchten, das Beste aus allem zu machen, sehnte sie sich nur nach Stille und Einsamkeit.
    Als es dunkel wurde und sie endlich allein in ihrem Zimmer war, setzte sie sich an den kleinen Schreibtisch und begann einen Brief an Susan zu

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