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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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vermissen würde, musste er seine gesamte Energie in dieses Abenteuer stecken. Er wandte dem Trubel unter sich den Rücken zu und nahm seine Umgebung in sich auf.
    Das Schiff war nicht gerade eines der imposantesten. Jonathan war zunächst enttäuscht gewesen, als er es in Deptford zum ersten Mal gesehen hatte. Doch als er die Offiziere nach näheren Informationen ausgequetscht, seinen Onkel mit Fragen belästigt und das Schiff selbst vom Bug bis zum Heck erforscht hatte, war ihm klar geworden, dass es für die bevorstehende Aufgabe bestens geeignet war.
    Die britische Admiralität hatte The Earl of Pembroke eigens für diese Expedition erworben. Es war ein kleines, gedrungenes Kohlenschiff von der Ostküste, in Whitby gebaut, in den Marinedocks von Deptford mit zusätzlichen hellen Planken und Unterkünften für die Passagiere mit Rang und Namen versehen und auf den Namen The Endeavour umgetauft worden.
    »Für unsere Zwecke ist es gut genug.«
    Die barsche Stimme unterbrach seine Gedanken. Jonathan wandte sich zu seinem Onkel um. »Genau das dachte ich auch gerade«, sagte er und musterte ihn.
    Im Gegensatz zur nachlässigen Kleidung seines Onkels waren Jonathans Kniehosen und sein Hemd weiß, seine Schnallenschuhe poliert und sein Halstuch über der sauber geknöpften, reich bestickten Weste tadellos. Sein dichtes dunkles Haar hatte er im Nacken zusammengebunden; seiner Perücke hatte er sich mit Freuden entledigt, da er lieber den Wind auf der Kopfhaut spürte. Er verkniff sich ein Schmunzeln, als sein Onkel an dem engen Fetzen aus gepudertem Pferdehaar zerrte, der ihn beinahe der Lächerlichkeit aussetzte. Josiah, der lieber das Sonnensystem erkundete oder in seiner großen Bibliothek über Büchern brütete, war nicht unbedingt gesellschaftsfähig. Doch das schien seinem Fortschreiten auf der gewählten Karriereleiter nicht im Wege zu stehen oder das hohe Ansehen zu mindern, das er als führendes Mitglied der Königlich Geographischen Gesellschaft erworben hatte.
    Josiah gab den Kampf auf und stopfte die störende Perücke tief in seine voluminöse Manteltasche. Er warf einen streitlustigen Blick auf den großen braunhaarigen Mann, der das Beladen der Vorräte überwachte. »Wir wollen nur hoffen, dass unser neu ernannter Lieutenant sich als ebenso zuverlässig erweist wie sein Schiff«, knurrte er.
    Jonathan hütete sich, etwas zu erwidern. Die Mitglieder der Königlichen Geographischen Gesellschaft hatten sich die Köpfe heißgeredet, nachdem bekannt geworden war, dass die Admiralität Lieutenant James Cook als Kommandanten für diese Expedition auserkoren hatte, während sein Onkel noch immer die Ansicht vertrat, Augustus Dalrymple sei der Einzige, der genügend Erfahrung für ein solches Unterfangen mitbringe.
    »Eine Schande ist das«, polterte der ältere Mann und zog am Saum seines langen Gehrocks, wobei er einen Knopf abriss. »Die Königlich Geographische Gesellschaft hat das Geld für diese Expedition bereitgestellt, und trotzdem will die Admiralität Dalrymple nicht als unseren Anführer durchgehen lassen. Wieso Cook? Der Mann ist ein Niemand. Was weiß denn schon der Sohn eines Bauern aus Yorkshire über Astronomie – und, ganz davon abgesehen, über die Seefahrt?«
    Jonathan merkte, dass sein Onkel eigentlich keine Antwort erwartete und sich mit der Entscheidung für Cook gegen Dalrymple nie abfinden würde, auch wenn sie noch so lange über den Punkt stritten. Dalrymple hatte abgelehnt, sich der Expedition anzuschließen, nachdem die Wahl der Admiralität endgültig getroffen war. Damit hatte sich die Diskussion für Jonathan erledigt.
    Durch eigene Nachforschungen hatte er erfahren, dass Cook, obwohl er keinerlei wichtige Verbindungen hatte und zudem von niederem Stand war, aufgrund seiner Fähigkeiten auf See im Siebenjährigen Krieg Ruhm erlangt hatte. Cook hatte den Lorenzstrom in Kanada kartographiert und Wolfes erfolgreiches Unternehmen geführt, bei dem Quebec den Franzosen entrissen wurde – demnach war er offensichtlich ein erfahrener und fähiger Seemann.
    Jonathan stand neben seinem Onkel an Deck und beobachtete, wie der Lieutenant seiner Mannschaft mit leiser Stimme Anweisungen gab und seine Passagiere mit einer Autorität einteilte, die den festen Glauben an die eigenen Fähigkeiten erkennen ließ. Lieutenant James Cook würde einen guten Kommandanten abgeben, entschied Jonathan für sich und wünschte sich zugleich, alles würde schneller gehen, damit sie ablegen konnten, bevor

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