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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Worte waren ehrlich gemeint, aber hätten sie noch dasselbe Gewicht, wenn er erst einmal Geschmack an den prickelnden Abenteuern gefunden hätte, nach denen er sich so sehnte? Sie löste sich und betrachtete ihn. Mit seinem schwarzen Haar und den dunkelblauen Augen war er ein gutaussehender junger Mann – trotz des kleinen Muttermals, einer kleinen rötlichen Erhebung an der Schläfe. Jonathan hatte ihr einmal erzählt, dass einer aus jeder Generation der Cadwalladers dieses Mal irgendwo am Körper trüge und dass es ihm kaum noch auffalle. Für sie war es ein weiterer kostbarer Teil des Mannes, den sie liebte. Sanft drückte sie einen Kuss auf die Stelle.
    Sie schaute ihm in die Augen und dachte an den kleinen Jungen, der immer mit einer Magd zu ihrer Kate hinuntergekommen war, um mit ihr zwischen den Hummertöpfen und Netzen zu spielen. Dann wiederum sah sie den Elfjährigen vor sich, wie er seine steife förmliche Kleidung ablegte, um mit den anderen Dorfbewohnern ins Meer zu waten, wenn die großen Sardinenschwärme in Ufernähe gesichtet worden waren. Und ihr fiel der besondere Morgen vor einem Jahr ein, als sie plötzlich erkannt hatten, dass sie mehr waren als nur Freunde und ihre tiefe Zuneigung zu etwas viel Stärkerem angewachsen war.
    »Wann brichst du auf?«
    »Morgen muss ich nach London zurück«, erwiderte er und legte den Arm noch fester um ihre Taille. »Es gilt viel vorzubereiten.« Er hob ihr Kinn mit dem Zeigefinger an und sah ihr in die Augen. »Aber ich habe dir Lesen und Schreiben beigebracht, wir können miteinander in Kontakt bleiben – zumindest, bis wir in See stechen.«
    Sie nickte stumm, denn sie bekam kein Wort heraus. Ihre Fähigkeit zu lesen und zu schreiben steckte noch in den Anfängen, und Briefe wären nur ein schwacher Ersatz dafür, dass sie ihn nicht sehen konnte.
    Die Flut hatte eingesetzt; das Wasser strömte den Strand hinauf und schlug gegen die Felsen. Die Sonne stand niedrig am Himmel und warf einen goldenen Schimmer auf Felsen und Meer. Es war höchste Zeit für sie, die Höhle zu verlassen und in ihre unterschiedlichen Leben zurückzukehren. Jonathan schwang sich in den Sattel und streckte eine Hand aus. »Komm, reite mit mir!«
    Sie stellte einen Fuß auf seinen staubigen Stiefel, legte ihre Hand in seine, und er hob sie in den Sattel hinter sich. Sie schlang die Arme um seine Taille und kämpfte gegen die Tränen an. Die Erinnerung an ihn würde sie bis zu seiner Rückkehr im Herzen bewahren.

Zwei
    Plymouth, August 1768
    J
onathan beugte sich über die Reling und konnte kaum an sich halten, als er das geschäftige Treiben am Anleger beobachtete, das Verladen der Passagiere, ihres Gepäcks, der riesigen Kisten und Kästen mit Instrumenten. Er erkannte den Naturwissenschaftler Joseph Banks und den Botaniker Daniel Solander. Er konnte noch immer nicht richtig glauben, dass er hier war, doch der Lärm unter ihm und das Knarren der Holzplanken unter den Füßen bestätigten ihm, dass alles Wirklichkeit war.
    Am dreißigsten Juli hatten sie in Deptford die Segel gehisst und waren nach dreizehn Tagen hier in Plymouth angekommen, um die restlichen Wissenschaftler an Bord zu nehmen, die den Durchgang der Venus vor der Sonne aufzeichnen würden. Nach einem kurzen Blick auf die reich verzierte Taschenuhr, die er seit dem Tod seines Vaters bei sich trug, klemmte er seinen feinen Dreispitz unter den Arm und fragte sich, wie lange es wohl noch dauern mochte, bis die anderen Passagiere an Bord gekommen wären. Sie waren nun schon fast fünf Tage in Plymouth, und der stetige Strom von Gegenständen, die noch an Bord gebracht wurden, schien kein Ende zu nehmen.
    Er hielt das Gesicht in die Sonne, schloss die Augen und atmete den würzigen Geruch des Meeres ein. Über ihm schrien die Möwen. Geduld war ja gut und schön, doch es war äußerst schwierig, seinen Herzschlag und seine nervösen Füße zu beruhigen. Als er die Augen aufschlug, schweifte sein Blick über die sanften grünen Hügel von Südengland. Unwillkürlich fragte er sich, wann er Cornwall und Susan wohl wiedersehen würde.
    Nach jenem Tag in der Höhle hatte er keine Zeit mehr gehabt, nach Cornwall zurückzukehren, und Susan war im Schreiben noch unsicher, so dass sie ihm nur Briefe mit wenigen Worten schickte. Wie gut hätte es ihr hier gefallen, dachte er lächelnd.
    Er schob alle Gedanken an Susan beiseite. Seine Liebe zu ihr würde die Zeit überstehen, dessen war er gewiss, und obwohl er sie furchtbar

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