Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
welches Herberge und Garten trennt und halte meine Füße dort hinein. Mir ist kalt und als ich mir an die Stirn fasse, merke ich, dass ich auch noch leicht fiebrig bin. Passt zu meinen merkwürdigen Alpträumen der letzten Nacht, die alle verworren und sehr bedrückend waren. Auch meine mentale Verfassung ist ohne er sichtlichen Grund total im Keller. Um mich nicht zu unterkühlen, nehme ich meine Füße aus dem kalten Wasser und beschließe, wieder zur Bäckerei zu laufen. Ich muss etwas essen, auch wenn ich absolut keinen Appetit habe. Leicht humpelnd entferne ich mich von der Herberge. Habe wieder leichten Muskelkater in den Waden, einen kleinen Sonnenbrand und ein paar neue Blasen, aber nichts, was wirklich störend ist. Kurz überlege ich, ob eventuell die extreme Sonneneinstrahlung mir einen Sonnenstich verpasst hat. Übelkeit und Fieber liegt nahe, da aber meine Verdauung momentan auch nicht mit macht, muss es an den Hackbällchen von gestern gelegen haben. Schon beim Gedanken daran wird mir wieder schlecht. Außerdem trage ich immer meinen Sonnenhut und ich trinke auch mehr als genug. Trotzdem beschließe ich, ab sofort zur Mittagszeit länger zu pausieren. Die Spanier werden schon wissen, wieso sie ihre Siesta streng einhalten.
In der Bäckerei kaufe ich mir noch mehr Wasser, plus Kakao, Orangensaft und ein Baguette. Wirklich gut für meinen Magen ist außer Wasser zwar nichts von alledem, aber ich habe die Angewohnheit zu essen und zu trinken, worauf ich Appetit habe, halte das für die beste Medizin. Hunger habe ich immer noch nicht, dafür aber einen riesen Durst. Ich muss mich beherrschen, den Orangensaft nicht einfach auf Ex runter zu kippen. Habe für mein kleines Frühstück vor der Kirche auf einer Bank Platz genommen, als mich freudig ein Husky begrüßen kommt, der grade mit seinem Herrchen seine morgendliche Tour macht. Ich liebe Hunde über alles und besonders Huskys. Seit ich denken kann, wollte ich immer einen Husky haben. Ich möchte nicht zu abergläubisch klingen, aber die freudige Begrüßung des Hundes, der auch noch ein Husky ist, baut mich augenblicklich auf. Zwar kann er nicht meine Übelkeit heilen, aber wenn man krank ist, ist sowohl der Körper als auch der Geist betroffen. Meine mentale Verfassung konnte er augenblicklich heilen.
Auf dem Camino passieren einem öfters solche Dinge, völlig normale, wie es den Anschein hat, jedoch scheint man dafür offener zu sein als im Alltag zu Hause. Paulo Coelho bezeichnet dies als die Sprache des Universums und schreibt in seinem Welterfolg „Der Alchimist“ — „Du musst die Zeichen wahrnehmen und verstehen“. Gerade habe ich die Zeichen wahrgenommen und die Sprache des Universums gesprochen. „Der Alchimist“ habe ich zum ersten Mal vor einigen Jahren gelesen, als ich noch in Hamburg wohnte. Auf meinem kleinen Diktiergerät hatte ich mir für die Reise ein paar Hörbücher kopiert, um das Schleppen schwerer Bücher zu vermeiden. Unter anderem auch „Der Alchimist“.
Nach dieser transzendenten Begegnung ziehe ich mich wieder in den Garten der Herberge zurück und suche das Hörbuch raus, um mich darin zu vertiefen. Ziemlich schlapp und kraftlos liegt mein Körper auf der Isomatte im Garten und schaut den Wolken zu, die in einer extrem weiten Entfernung über mir ihre Formen bilden. Es zieht sich nach und nach immer stärker zu. Am Nachmittag gegen 13:15 Uhr beginnt es wieder zu nieseln. Ich empfinde das als sehr angenehm, da die Hitze der letzten Tage nicht länger auszuhalten war und schaue den Tropfen von meinem Zelt aus zu. Um Punkt 14 Uhr checke ich dann bei der Ablösung in der Herberge ein. Mein Befinden ist sehr wechselhaft, so fühle ich mich mal fast gesund, dann geht’s mir wieder schlecht, mal ist das Fieber weg, wenig später fange ich wieder an zu glühen. Dennoch geht’s bergauf und ich spüre, dass es mir insgesamt immer besser geht. Der Regen hat unterdessen nachgelassen, dafür donnert es nun immer wieder mal gewaltig, aber nichts passiert. Das Hörbuch habe ich mittlerweile durchgehört. Da mir das faule Rumliegen im Garten zu langweilig wird, beschließe ich, ein wenig durch das Dorf zu laufen und mir die Kirche von innen anzusehen. Puente la Reina ist übrigens der offizielle Startpunkt für den Camino Francés, da hier der Aragonische (camino aragonés) und der Navarrische Weg (camino navarro) zusammen laufen. Eigentlich laufen diese bereits in Obanos zusammen, dem Dorf vor Puente la Reina, aber irgendwie
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