Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
nun wieder erbarmungslos auf mich herab. Meine Kniebandagen fangen erneut furchtbar an zu jucken und zwar so schlimm, dass ich sie diesmal endgültig abnehmen muss. Meine Haut darunter ist total rot und voller Ausschlag. Muss die Bandagen anscheinend doch gelegentlich mal waschen. Stinken tun sie zwar nicht, aber man sieht ja, was passiert.
Unterwegs sind mir zwei etwas ältere Franzosen begegnet, ein nettes Pärchen, die mir erzählen, in einigen Kilometern käme ein Campingplatz, auf dem sie nächtigen werden. Es soll dort wunderbare Bungalows geben. Vollkommen fertig und todmüde erreiche ich etwas später den Campingplatz. Als ich einen Blick über den Zaun werfe und einen riesigen Pool mit eiskaltem Wasser erblicke, steht mein heutiges Nachtquartier fest. 15,- € knüpft mir die junge Dame an der Rezeption ab. Wäre sie nicht so attraktiv gewesen und ich nicht immer noch ein wenig benebelt von dem kostenlosen Wein, hätte ich nie im Leben so viel Geld ausgegeben, um mein Zelt aufschlagen zu dürfen. Ich war allerdings auch total erschöpft und der Pool, der mich anlachte, übte eine ungeheure Anziehungskraft auf mich aus. Schnell mein Gepäck abladen und dann direkt zum Pool.
Als ich in Boxershorts aber vor einer abgeschlossenen Pooltür stehe, platzt mir der Kragen. 15,- € habe ich hierfür hingeblättert und dann schließen die auch noch den Pool ab! Da der Zaun überwindbar ist, muss ich nicht lange überlegen und klettere einfach drüber. Sollte jemand kommen und mich aus dem Pool holen, so bin ich bis dahin bestimmt meine Bahnen geschwommen. Denn bis mich jemand bemerkt, raus kommt und anfängt zu schimpfen, vergehen bestimmt 10 Minuten und länger will ich eh nicht schwimmen. Es läuft alles glatt. Kein Mensch interessiert sich dafür, was ich im Pool mache. Kann auch sein, dass es einfach keiner mitbekommen hat. Danach gönne ich mir eine schöne heiße Dusche, wasche meine Sachen und döse noch ein wenig auf der Wiese. Der Ausblick ist phänomenal, und so schaue ich auf eine Gebirgskette, welche die Wolken wie ein Staudamm festhält. Man kann richtig sehen, wie die Wolken über die Gebirgskette abfallen. Ich beobachte dieses Schauspiel noch eine Weile, bevor ich mich dann um 20 Uhr zum internen Restaurant aufmache, um mir für 10,- € ein Menu del Dia zu gönnen. Heute wird nicht gespart! Dachte ich zumindest, denn als ich mein Tagesmenü bestellen will, sagt man mir, dass die Küche um 20 Uhr dicht gemacht hat. Und ich dachte, ich wäre in Spanien? Hungrig mit einem Baguette (das von gestern, auf das ich keinen Hunger hatte) und einer Chorizo ziehe ich mich in mein Zelt zurück und stopfe die Notmahlzeit in mich hinein. Wie gut, dass ich solch einen Hunger habe. Kurz vorm Schlafengehen schaue ich noch einmal gen Himmel und erfreue mich über eine glasklare Nacht mit wunderschönem Sternenhimmel. Die Grillen im Hintergrund geben ihr Konzert und so schlummere ich friedlich ein.
16.06.09, Dienstag – Monasterio de Irache nach Logroño
Mein friedlicher Schlummer wird morgens um 5 Uhr durch einen Regenschauer unterbrochen, der mich hochschrecken lässt. Nach 5 Sekunden ist er vorbei, kehrt nach 30 Sekunden wieder zurück und wiederholt diesen Rhythmus, so dass eine Sprinkleranlage wohl eher die Ursache für die Störung sein muss. Spitzenleistung, denke ich mir, auf einem Campingplatz die Camper morgens um 5 mit der Sprinkleranlage zu wecken. Ich kann nicht mehr einschlafen und als die Anlage etwa eine Stunde später Ruhe gibt, nutze ich die Gunst der Stunde, meine Sachen schnell zu packen, bevor der zweite Angriff startet. Um Punkt 7 Uhr verlasse ich den Campingplatz mit dem Wissen, dass ich zukünftig nie wieder so viel Geld ausgeben werde, nur um mein Zelt aufzuschlagen. Eigentlich wollte ich sparen, bzw. muss ich das sogar. Als ich den Campingplatz verlasse, begegne ich dem französischen Pärchen wieder. Freudig strahlen sie mich an und loben mich für meinen so zeitigen Start. So früh lässt es sich viel besser wandern, pflichten sie mir bei, und ich muss ihnen zustimmen. Der Morgen mit seinem Tau auf den Feldern, der aufgehenden Sonne und der Gebirgskette mit den darüber abfallenden Wolken im Hintergrund hat eine irrsinnig geheimnisvolle Atmosphäre. Von der Schönheit der Natur und dem Leben um mich herum überwältigt, muss ich mich beherrschen, nicht vor Euphorie in Tränen auszubrechen.
Im nächsten Dorf angekommen, freue ich mich über eine Katze, die ihre Jungen säugt und frage
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