Traeume Suess, Mein Maedchen
marschierte. »Verdammt, warum sollten wir es uns nicht gut gehen lassen?« Sie zog die Tür des Discount-Warenhauses auf und steuerte einen Ständer mit Sommerkleidern an. Schließlich machte sie so was nicht jeden Tag, nicht einmal jeden Monat. Wann hatte sie sich zum letzten Mal etwas gekauft? Wann hatte sie sich zum letzten Mal ein schickes Sommerkleid gegönnt? Sie warf einen Blick auf das Preisschild eines weiß und pflaumenfarben geblümten Kleids, das selbst für 120 Dollar noch 100 Dollar mehr kostete, als sie es sich leisten konnte. Aber es konnte ja nicht schaden, es einmal anzuprobieren, einfach so zum Spaß. Sie suchte ein Kleid ihrer Größe heraus, warf es über den Arm und schlenderte zum nächsten Ständer, wo sie ein blass aprikosenfarbenes Twinset auswählte. So ging sie weiter durch die Reihen und stapelte die ausgesuchten Kleidungsstücke bis auf einen feinen, grünen Chiffonschal schließlich in einen Einkaufswagen. Sie konnte immer behaupten, dass sie ihn anprobiert und vergessen hätte, obwohl die fuchsienfarbene Seidenbluse, die sie unauffällig in ihre Handtasche gestopft hatte, schon schwieriger zu erklären wäre.
Sie schob den Wagen zu den Umkleidekabinen und wartete in einer kurzen Schlange von Frauen auf eine leere Kabine.
»Nur jeweils fünf Kleidungsstücke«, erklärte eine Verkäuferin ihr.
Emma ging die Sachen in ihrem Einkaufswagen durch. »Ich weiß gar nicht, was ich zuerst anprobieren soll.«
»Das kenne ich. Um diese Jahreszeit gibt es so viele schöne Sachen.«
Emma wählte fünf Kleidungsstücke aus, darunter auch das Sommerkleid, und hielt sie der Verkäuferin zur Kontrolle hin.
»Ich bin ganz verliebt in dieses Kleid«, sagte die Frau, als sie ihr die Sachen zurückgab.
»Hinreißend, nicht wahr? Könnten Sie die Größe noch einmal überprüfen? Sechs? Ohne meine Brille bin ich blind wie eine Fledermaus.«
Als die Verkäuferin das Etikett suchte, schob Emma das aprikosenfarbene Twinset unter die Sachen, die sie zur Mitnahme in die Umkleidekabine ausgewählt hatte. »Ja, hier ist es. Größe sechs. Ich wünschte, das würde mir noch passen«, sagte sie wehmütig.
»Ich finde, Sie sehen toll aus«, sagte Emma und schaffte es sogar, aufrichtig zu klingen. Sie hätte einen Rock anziehen sollen, einen dieser weiten bauschigen Teile, unter denen man leicht Sachen verstecken konnte. Sie könnte mit dem halben Laden wieder abziehen, anstatt nur mit ein paar wenigen Sachen. Darunter hoffentlich das aprikosenfarbene Twinset, dachte sie, als sie ihr weißes T-Shirt aus- und stattdessen den ärmellosen Pulli anzog, in die Ärmel der passenden Strickjacke schlüpfte, sich im Spiegel bewunderte und beschloss, dass ihr gefiel, was sie sah. »Gekauft«, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, entschlossen, die ungebetene kleine Stimme in ihrem Kopf zu überhören, die sie daran erinnerte, dass sie geschworen hatte, so etwas nie wieder zu tun. Anschließend probierte sie die anderen Sachen an und wiederholte die ganze Prozedur dann noch einmal, wobei es ihr gelang, zwei weitere Kleidungsstücke auf die Seite zu schaffen.
»Nehmen Sie das Kleid nicht?«, fragte die Verkäuferin, als Emma zum letzten Mal aus der Umkleidekabine trat.
»Es sitzt leider nicht richtig«, sagte Emma und dachte: Gott sei Dank. Es hätte ihr das Herz gebrochen, das Kleid hier zu lassen, wenn es gut ausgesehen hätte, aber sie hätte es nie unentdeckt aus dem Laden schmuggeln können. Jedenfalls nicht heute.
»Und sonst war gar nichts dabei?«
»Es gibt so Tage.«
»Na, dann wünsche ich beim nächsten Mal mehr Glück«, sagte die Verkäuferin.
Lächelnd verließ Emma den Bereich der Umkleidekabinen. Der Tag gestaltete sich immer besser. Sie hatte immer noch einen ganzen freien Nachmittag vor sich, dazu eine schicke neue Frisur und ein paar neue Klamotten. Sobald sie einen Job fand und Geld verdiente, würde sie Marshalls einen anonymen Scheck zur Deckung der gestohlenen Waren schicken.
Und da sie am Ende ohnehin dafür bezahlen würde, konnte sie gleich noch ein wenig Schmuck zu ihren neuen Kleidern aussuchen, dachte sie und blieb vor einem Paar baumelnder goldener Ohrringe stehen. »Kann ich mir die mal anschauen?«, fragte sie die Verkäuferin hinter dem Tresen.
Das Mädchen, das noch keine zwanzig war und in dessen Ohrläppchen sich ein bunter Reigen von Kristallsteckern drängte, nahm die Ohrringe erstaunlich behutsam aus der Vitrine. Emma bemerkte, dass weitere Glaskristalle die erschreckend
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