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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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schlanke junge Frau in einem gelbschwarz gestreiften Pulli und einem schwarzen Minirock, zu dem sie eine gelbe Strumpfhose und schwere schwarze Springerstiefel trug. Sie sah aus wie eine riesige Hummel, dachte Emma, als sie sich auf den Stuhl setzte, während die junge Frau ihr einen Umhang umlegte und mit einem Kamm durch ihr frisch gewaschenes Haar fuhr. Das gelb-schwarze Farbmotiv wurde von Christys Kinn wieder aufgenommen, das bis auf ein paar schwarze Mitesser so senfgelb gefärbt war wie der ominöse Ring um ihr linkes Auge.
    »Ich bin gestolpert«, sagte Christy, bevor Emma Gelegenheit hatte zu fragen. »Aber das glaubt mir natürlich keiner«, fuhr sie unaufgefordert fort. »Jeder denkt, mein Freund hätte mir eine verpasst, dabei ist der Randy der liebste Junge, den man sich vorstellen kann. Er würde keiner Fliege was zuleide tun. Aber wenn wir zusammen ausgehen, gucken ihn die Leute so komisch an. Das kann man sich echt nicht vorstellen. Es ist lustig, aber auch peinlich. Manchmal würde ich am liebsten ein Schild mit mir rumtragen, auf dem steht: ›Er war’s nicht.‹ Mit einem Pfeil in seine Richtung. Wie eins von diesen T-Shirts, auf denen steht: ›Ich bin mit einem Idioten zusammen.‹ Und es macht die Sache natürlich auch nicht besser, dass er aussieht wie ein echter Schläger.«
    »Das ist mir auch mal passiert«, berichtete Emma nun. »Ich bin über ein Spielzeug meines Sohnes gestolpert und gegen die Küchentür gefallen. Alle haben gedacht, dass mein Ex dafür verantwortlich war.«
    »Sie sind also geschieden«, stellte Christy fest, kämmte Emmas schulterlanges Haar durch und sah sie im Spiegel an. Dann fasste sie Emmas Kinn und drehte es nach rechts und nach links.
    »Seit einem Jahr.«

    »Echt? Ich war nie verheiratet. Ich meine, wozu, wissen Sie? Es ist nur ein Stück Papier. Und das ganze Theater darüber, dass Schwule heiraten wollen? Ich sage, lass sie doch, wenn sie wollen. Ich meine, sie werden schon ziemlich bald die Einzigen sein, die überhaupt noch heiraten wollen. Woran haben Sie gedacht?«
    Erst nach kurzem Stutzen begriff Emma, dass Christy ihre Frisur meinte. »Ich weiß nicht, vielleicht ein paar Zentimeter kürzer im Nacken?«
    »Ich denke, wir sollten auch die Seiten ein wenig ausdünnen, um Fasson reinzubringen. Im Augenblick sehen sie für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr nach Cockerspaniel-Ohren aus.«
    Emma spürte, wie sie sich versteifte. Ihre Frisur erinnerte an die Ohren eines Cockerspaniels? Und das von einer Frau, die aussah wie eine Hummel? »Wie Sie meinen.«
    »Oh, ich liebe es, wenn die Leute das sagen.« Sie begann, Emmas Haar mit größerer Entschlossenheit zu kämmen. »Und was machen Sie?«
    Emma ging stumm eine Liste von Möglichkeiten durch. Sie konnte sein, was immer ihr beliebte. Ärztin, Anwältin, Polizeikommissarin. Alles, bis auf die Versagerin, die sie war. »Ich bin Schriftstellerin.« Lily hatte bestimmt nichts dagegen, wenn sie sich für eine halbe Stunde ihre Identität borgte. Vielleicht würde sie sich sogar geschmeichelt fühlen.
    »Echt? Cool. Was schreiben Sie denn so?«
    »Kurzgeschichten und Artikel für Zeitschriften. Im Moment arbeite ich an einem Roman.«
    »Das ist wirklich toll. Ich kann Leute mit so einem Talent nur bewundern.« Sie begann, an Emmas dunklen Haaren herumzuschnippeln. »Woher kriegen Sie Ihre Ideen?«
    Emma seufzte. Wieso waren die Menschen nie zufrieden, sondern hatten stets das Bedürfnis, noch mehr zu erfahren? Oder genauer gesagt, wieso brachte sie sich immer wieder
in diese Lage? Sie wusste, wie dumm und letztendlich destruktiv ihr Verhalten war. Trotzdem konnte sie nicht anders. Denn die Wahrheit - die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit - war, dass es zu sehr wehtat, wenn sie aufhörte zu lügen. »Schwer zu sagen.«
    »Die Sachen fallen Ihnen einfach so aus heiterem Himmel ein?«
    Emma hätte beinahe gelacht. »Offenbar schon.«
    »Wow. Das ist so interessant.« Christy begann, die Haare an den Seiten von Emmas Kopf zu schneiden. »Und haben Sie jetzt einen Freund?«
    Emma nickte. Was soll’s, sie hatte sich ohnehin schon knietief reingeritten, dann konnte sie es auch gründlich tun. »Er hat mich gestern Abend zum Essen eingeladen, im Joso’s.«
    Christy wirkte unbeeindruckt, als hätte sie noch nie vom Joso’s gehört, und vielleicht hatte sie das auch nicht. »Ja, und wo haben Sie ihn kennen gelernt?«
    »Nebenan bei Scully’s.«
    »Echt? Diese Jan ist wirklich eine Type, was? Ich würde

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