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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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alle Luft aus ihrer Lunge presste, sodass sie sich nur mühsam auf den Beinen halten konnte.
    »Und ich frage Sie noch einmal: Wer zum Teufel sind Sie?«
    »Ich bin eine Kollegin Ihres Mannes«, sagte Jamie und hätte sich beim letzten Wort fast verschluckt. »Das ist Marilyn«, sagte sie und wies auf die Frau auf dem orangefarbenen Plastikstuhl, die sofort ihre Zeitschrift fallen ließ und aufsprang.
    »Angenehm«, sagte Marilyn und streckte die Hand aus.
    »Sie arbeiten bei Allstate?«
    »Ich bin Schadensreguliererin«, sagte Jamie. »Marilyn arbeitet in der Lohnbuchhaltung.«
    »In der Lohnbuchhaltung«, bestätigte Marilyn.
    »Das verstehe ich nicht. Was machen Sie hier? Und warum behaupten Sie, Tims Schwester zu sein?«
    »Wir haben von Tims Unfall gehört«, erklärte Jamie. »Und da dachten wir, wir schauen mal vorbei und sehen, wie es ihm geht. Wir haben ihm ein Geschenk mitgebracht. Den neuen John Grisham.«
    Eleanor nahm das Buch und klemmte es unter ihren Arm.
    »Offenbar lässt man nur Verwandte auf die Intensivstation«, füllte Marilyn die entstandene Pause. »Also …«
    »Also sind Sie zu der Schwester geworden, die Tim nie hatte«, sagte Eleanor zu Jamie.
    Im Gegensatz zu der Frau, die er sehr wohl hatte, dachte Jamie und fragte sich, ob Eleanor ihnen irgendetwas von all dem abkaufte oder nur zu höflich war, um eine Szene zu machen. »Wie geht es ihm?«
    »Er hat schlecht auf das Narkosemittel reagiert. Ein paar Minuten hing es am seidenen Faden, aber jetzt sieht es so aus, als wäre er außer Lebensgefahr. Aber er darf keinen Besuch empfangen.«

    »Richten Sie ihm bitte unsere Grüße aus«, sagte Marilyn.
    »Das werde ich tun.« Eleanor tätschelte das Buch unter ihrem Arm. »Und vielen Dank für das Buch. John Grisham ist sein Lieblingsautor. Woher wussten Sie das?«
    »Bloß gut geraten«, sagte Jamie und sah zu, wie die Tür der Intensivstation hinter der Frau ihres Freundes ins Schloss fiel.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Marilyn irgendwo neben ihr.
    »Er ist verheiratet.«
    »Offensichtlich.«
    »Er ist verheiratet!«
    »Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen?«
    »Wir sind seit vier Monaten zusammen? Woher hätte ich wissen sollen, dass er verheiratet ist?«
    »Glauben Sie mir«, sagte Marilyn. »Das passiert uns allen mal.«
    »Ich bin so blöd!«, jammerte Jamie.
    »Sie sind nicht blöd, sondern bloß auf den falschen Kerl reingefallen.«
    »Das ist nicht das erste Mal.«
    »Nein, und es wird wahrscheinlich auch nicht das letzte Mal bleiben. Seien Sie nicht so streng mit sich selbst.«
    »Der verlogene Mistkerl!« Jamie brach in eine Flut wütender Tränen aus.
    »So ist es richtig. Das hört sich schon viel besser an.«
    »Was soll ich denn jetzt machen?«
    »Ich sag Ihnen, was Sie nicht machen sollen: Weinen Sie Typen wie ihm nicht mehr hinterher.« Sanft wischte Marilyn mit den Fingern die Tränen aus Jamies Gesicht. »Sie sind eine süße und liebenswerte junge Frau, und Sie werden im Handumdrehen einen Neuen finden. Jetzt fahren Sie nach Hause, gießen sich ein Glas Wein ein und lassen ein schönes heißes Schaumbad einlaufen. Danach werden Sie sich schon viel besser fühlen, das verspreche ich Ihnen.«

    Jamie lächelte unter Tränen.
    »Und hören Sie auf zu weinen. Sonst verläuft noch Ihre Wimperntusche.«
    »Danke, dass Sie mich eben gerettet haben.«
    »Es hat mir Spaß gemacht. Und jetzt gehen Sie. Raus hier.«
    Jamie ging in Richtung der Fahrstühle, blieb dann aber stehen und drehte sich noch einmal um. »Ich hoffe, alles wird gut mit der Tochter Ihrer Freundin.«
    »Danke.«
    »Verzeihung, was?«, fragte Jamie, nachdem sie der Barkeeper zurück in die Gegenwart gerissen hatte.
    »Ich sagte, der Herr am anderen Ende des Tresens fragt, ob er Sie zu einem Drink einladen darf.«
    Wieso das denn, wunderte sich Jamie. Er hatte sie kaum eines Blickes gewürdigt, als sie sich gesetzt hatte. Und seine ganze Haltung hatte etwas düster Geheimnisvolles, so als wollte er etwas verbergen. Ein weiterer Mann mit Geheimnissen war das Letzte, was sie gebrauchen konnte. Aber der Mann mit dem Tom-Selleck-Schnurrbart war verschwunden, und auf seinem Platz saß ein glatt rasierter Mann mit extrem kurz geschorenen Haaren und einem schrägen Lächeln.
    Jamie stellte sich Tim Rannells in seinem Krankenhausbett vor, daneben seine Frau, die ihm aus dem Geschenk vorlas, das Jamie ihm mitgebracht hatte. Kurz darauf gesellten sich noch Jamies Schwester Cynthia und ihre Mutter an ihre Seite, und die drei

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