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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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kommt Lily gleich zur Sache.
    »Ich verstehe nicht.«
    »Ich glaube, doch.«
    Nach einem langen Schweigen fragt sie: »Du glaubst, ich hätte sie gestohlen?«
    »Hast du?«
    »Natürlich nicht. Wie kannst du so etwas denken?«
    »Weil du gestern dort warst. Du hast Jans Trophäen bewundert. Und jetzt fehlt eine.«
    »Und du hältst es nicht für möglich, dass Jan sie verlegt hat?«
    Lily schüttelte den Kopf. »Das hätte ich vielleicht gedacht, wenn nicht die Sache bei Marshalls passiert wäre …«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass das Ganze ein Missverständnis war.«
    »Wirklich? Was habe ich denn falsch verstanden?«
    »Ich beantworte keine von diesen Fragen mehr.«
    »Ich denke, das solltest du aber.«
    »Ach ja? Nun, ich dachte, wir wären Freundinnen.«
    »Wir sind Freundinnen.«
    »So hört sich das aber für mich nicht an.«
    »Emma.«
    »Nein. Das Gespräch ist beendet. Ich will, dass du mein Haus sofort verlässt.«
    Oh, das ist gut, dachte Lily. Wirklich gut. Fang noch mal von vorn an.
    »Eine von Jans Trophäen ist weg«, kommt Lily gleich zur Sache.
    Ein langes Schweigen. Dann: »Du glaubst, ich hätte sie gestohlen?«

    »Hast du?«
    »Ja«, erwidert Emma schlicht.
    Viel besser.
    »Warum?«
    Weiteres Schweigen. Die Antwort auf diese Frage ist offensichtlich nicht so leicht wie die erste.
    »Warum hast du Jans Trophäe gestohlen?«, fragte Lily laut. Dass Emma bei Marshalls Kleidung gestohlen hatte, konnte Lily noch fast verstehen und irgendwie sogar entschuldigen. Emma hatte kein Geld und keine Perspektive. Sie war arm, sie war deprimiert und hatte der Versuchung in einem Augenblick der Schwäche nachgegeben. Aber Jans Bodybuildingtrophäe? Was konnte sie damit anfangen? Selbst wenn sie sie versetzen wollte, würde sie kaum mehr als ein paar Dollar dafür bekommen. Wozu die Mühe? Vor allem, wenn sie Jan kannte und wusste, dass es Lilys Arbeitgeberin und Freundin war. Es war ein solcher Verrat.
    Aber war Emmas Verrat wirklich schlimmer als ihr eigener?
    Lily trat vom Bürgersteig in den Weg eines roten Chrysler Sebring. Der Fahrer hupte wütend und warf die Hände in die Luft. »Tut mir Leid«, bedeutete Lily ihm, aber sein grimmiges Gesicht ließ erkennen, dass er keineswegs besänftigt war. Es gibt so viele Dinge, die ich bereue, dachte sie.
    Wenn dieses Gefühl der Reue je aufhörte, musste sie anfangen, die Wahrheit zu sagen.
    Wie konnte sie erwarten, dass andere Menschen ehrlich zu ihr waren, wenn sie nicht ehrlich zu ihnen war?
    Lilys Gedanken kehrten zu der Geschichte zurück, die sich in ihrem Kopf entfaltete.
    »Du kommst früh«, sagt Emma und tritt beiseite, um Lily hereinzulassen. »Ich hab dich erst später erwartet.«
    »Das konnte nicht warten.«
    »Also, wenn es um die Sache bei Marshalls geht …«
    »Nein.«

    Emma sieht sie fragend an, während Lily weiter den Kopf schüttelt.
    Konnte sie es tun? Konnte sie Emma alles erzählen?
    »Meinst du, wir könnten uns setzen?«
    Emma führt Lily ins Wohnzimmer. Sie zeigt auf das Sofa und wartet, bis Lily es sich bequem gemacht hat, bevor sie sich neben sie setzt. »Und erzählst du mir jetzt, was das alles zu bedeuten hat?«
    »Ich weiß, dass du mich angelogen hast«, beginnt Lily, um langsam in ihr Geständnis zu finden. »Ich weiß, dass du nie als Model für Maybelline gearbeitet hast. Ich weiß, dass du nie eine Geschichte in der Cosmopolitan hattest. Ich bin nicht mal sicher, ob du wirklich Emma Frost heißt.«
    »Einen Moment mal«, unterbricht Emma sie und springt auf. »Was denkst du, was …?«
    »Was du nicht weißt, ist, dass ich auch gelogen habe.«
    »Was? Wovon redest du?«
    »Ich bin nicht die, für die du mich hältst.«
    Nein. Stopp. Viel zu abgedroschen. Das kannst du besser.
    »Was? Wovon redest du?«, fragt Emma.
    Lily klopft auf den Platz neben sich. »Wenn du dich einfach wieder hinsetzt …«
    »Ich will mich aber nicht setzen. Was versuchst du, mir zu sagen? Dass du nicht Lily heißt?«
    »Doch, ich heiße wirklich so. Der Teil stimmt.«
    »Und welcher Teil nicht?«, will Emma wissen, die eigene Verlogenheit für den Moment vergessend.
    »So ziemlich alles.«
    »Was?«
    »Lass mich dir alles von Anfang an erzählen.«
    Gütiger Gott, dachte Lily. Wusste sie überhaupt noch, wo der Anfang von all dem lag?
    Sollte sie mit ihrer glücklichen Kindheit beginnen, die vorübergehend durch den Tod ihres Vaters erschüttert wurde, der an Prostatakrebs starb, als sie zwölf war? Oder mit dem
Bruder, der seinen Platz einnahm

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