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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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sollte. Er war älter und weltgewandter, ansonsten aber genau wie sie, rastlos und ohne eine Vorstellung davon, was er mit dem Rest seines Lebens anfangen sollte. Emma verliebte sich in den verlorenen kleinen Jungen, der sich hinter der männlichen Fassade von Großspurigkeit verbarg, und brannte mit ihm nach Las Vegas durch. »Bist du schwanger?«, war die erste Frage, die ihre Mutter ihr nach ihrer Rückkehr stellte. Nicht: Bist du glücklich? Nicht: Bist du sicher? Nicht mal: Bist du verrückt? Sondern: Bist du schwanger? Als ob es sonst keinen Grund gäbe, sie zu heiraten.
    »Ist das deine Art, uns zu gratulieren, Mutter?«, hatte sie erwiderte und, obwohl ihre Mutter nicht danach gefragt hatte, hinzugefügt: »Wir lieben uns. Wir lieben uns«, wiederholte Emma, als wollte sie sich selbst davon überzeugen. Und genau das versuchte sie zu tun. Denn in Wahrheit war sie sich nicht sicher, ob sie ihren frischgebackenen Ehemann liebte oder nicht. Sie hatten kaum etwas gemeinsam, er war bisweilen launisch und abwesend, und sie wusste nie, was er dachte. Aber sie wusste, dass sie den Klang seiner Stimme mochte, wenn er sagte, dass er sie liebte. Sie mochte die Art, wie er sie ansah, und das Bild von sich, das sie in seinen Augen gespiegelt sah.
    Und auch wenn sie ihren Mann vielleicht nicht gut kannte, so kannte er sie noch viel weniger.
    Sie wollte eigentlich gar nicht lügen. Die Geschichten,
die sie ihm über ihre privilegierte Kindheit, ihre schulischen Errungenschaften und ihre Aufnahme in Princeton erzählt hatte - die sollten ihn eigentlich nur beeindrucken. Und als er dann nicht nur beeindruckt, sondern bis über beide Ohren verliebt in sie war und sie Mann und Frau wurden, hatte sie keine andere Wahl gehabt, als die Scharade weiterzuspielen. Bald war ihr das Lügen leichter gefallen, als die Wahrheit zu sagen, und es wurde zusehends schwieriger, zwischen beiden zu unterscheiden.
    »Schämst du dich meinetwegen?«, hatte er kurz nach der Hochzeit gefragt.
    »Natürlich nicht.«
    »Ich meine, ich weiß, dass ich nicht so intelligent bin wie du. Ich bin nicht in Princeton angenommen worden …«
    »Na und?«, gab Emma zurück. »Ich bin schließlich auch nicht gegangen.«
    »Nur weil deine Mutter so krank war.«
    »Bitte sprich in ihrer Gegenwart nicht darüber. Es regt sie sehr auf …«
    »Keine Sorge. Ich werde es nicht erwähnen. Aber warum musstest du ihr erzählen, dass ich in Yale war. Ich wäre beinahe vom Stuhl gefallen.«
    »Ich habe nicht gehört, dass du es dementiert hast.«
    »Ich war zu perplex, um irgendwas zu sagen.«
    Emma tat seine Bedenken mit einem Schütteln ihrer langen dunklen Mähne ab. »Ich habe ihr erzählt, dass du in Yale warst, weil ich wusste, dass sie das glücklich machen würde. So etwas beeindruckt sie.«
    »Nun, wir müssen ihr die Wahrheit sagen.«
    »Warum?«, fragte Emma.
    »Weil die Wahrheit irgendwann immer rauskommt«, erklärte er ihr.
    »Was?«
    »Die Wahrheit kommt immer raus«, wiederholte er.
    »Das ist doch Unsinn.«

    »Nein, bestimmt.«
    »Was soll denn das heißen? Dass sich die Wahrheit in einem Kleiderschrank oder sonst wo versteckt, als wäre sie schwul oder was?«
    Er lächelte verlegen. »Du weißt genau, was das heißt.«
    »Ich weiß nur, dass ich den attraktivsten und erotischsten Mann der Welt geheiratet habe«, sagte Emma, schlang die Arme um ihren neuen Mann und rieb ihre Hüften an seine. Lächelnd vergrub er den Kopf an ihrem Hals. Offenbar hatte er keine Probleme, diese faustdicke Lüge zu schlucken, dachte sie. So viel zur Wahrheit, die rauskommt.
    Und die Wahrheit war, dass er sich jeden Tag weiter zurückzog. Wiederholt beschuldigte er sie, ihn angelogen zu haben. Sie konterte mit dem Vorwurf, dass er sie betrog. Ihr Sexleben verkümmerte, bis es, als sie verkündete, dass sie in der Tat schwanger war, ganz zum Erliegen kam. Nach der Geburt ihres Sohnes begann ihr Mann, auf der Couch zu schlafen, wenn er überhaupt geruhte, nach Hause zu kommen.
    Anfangs hatte sie versucht, ihr Liebesleben wieder in Schwung zu bringen, hatte sich exotische Dessous und sogar Handschellen gekauft, um ihn zu verführen, aber sämtliche Bemühungen blieben fruchtlos. Als er eines Tages von einem Abend mit seinen Kumpeln betrunken nach Hause kam, fragte sie ihn direkt ins Gesicht: »Wer ist es diesmal?«
    »Wovon redest du?«
    »Du weißt ganz genau, wovon ich rede.«
    »Sei nicht albern.«
    »Ich bin nicht albern«, entgegnete sie. »Und dumm bin ich auch

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