Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Prügeln und Steinen bewaffnet auf die Jagd gingen. Jäger.« Sie sagte dies lächelnd und mit jener kühlen Nachsicht, die Dora so an ihr bewunderte. »Die Frauen mussten natürlich in den Höhlen bleiben, dort auf dem schmutzigen Boden im Dunkeln ihre Kinder zur Welt bringen, über einem Dungfeuer das Fleisch braten und die Häute trocknen. Doch die Männer glauben auch heute noch, den Frauen überlegen zu sein.«
»Jed hat mir nicht einmal erzählt, was mit dem Gemälde geschehen soll.«
»Da sehen Sie es.« Nachdem der Beweis erbracht war, schenkte Honoria Dora und sich noch einmal Kaffee ein. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen verraten, was er vorhat. Aber Jed hielt es leider nicht für nötig, auch mich in seine Pläne einzuweihen. Über das Gemälde hingegen kann ich Ihnen etwas berichten. Es ist fantastisch. Freilich müssen noch abschließende Tests gemacht werden, aber es gibt keine Zweifel bezüglich der Authentizität. Ich habe jedenfalls keine. Es ist eine der Wasserlilien-Studien, die Monet zweifellos in Giverny gemalt hat.« Ihr Blick wurde träumerisch.
»Ach, das Licht – weltentrückt und so poetisch. Diese sanfte, verführerische Kraft, die den Betrachter in dieses Bild hineinzieht und glauben macht, den Duft der Blüten und des Wassers förmlich riechen zu können.« Ihre Augen klärten sich wieder. »Die Serie umfasst mehr als siebzehn Bilder.«
»Ich weiß. Zufällig ist Monet von allen Impressionisten mein Lieblingsmaler. Ich hätte nie gedacht, jemals eines seiner Bilder in Händen zu halten, geschweige denn es zu besitzen.«
»Ich besitze ein Bild. Es ist ein Geschenk meines Mannes zu unserem zehnten Hochzeitstag – eine von Monets Gartenstudien. Beide Gemälde nebeneinander zu sehen ist
atemberaubend. Bevor die Polizei das eine mitnahm, stand ich in meinem Schlafzimmer, betrachtete beide und weinte dabei. Ich wünschte, ich könnte daran glauben, dass DiCarlo dieses Gemälde wegen seiner Schönheit gestohlen hat und nicht des schnöden Mammons wegen. Dafür könnte ich wenigstens noch einen Funken Verständnis aufbringen.«
»Glauben Sie, sie hätten mich wenigstens einen Blick daraufwerfen lassen?«, beklagte sich Dora. »Schließlich war ich es, die das Bild erworben hat. Aber nein, ich wache heute Morgen auf, das Bett ist leer und Jed verschwunden. Und lässt er mich etwa wissen, wohin er gegangen ist oder was er vorhat? Keineswegs. Nicht einmal eine kleine Notiz an der Kühlschranktür. Das kommt mir so vor, als …« Sie hielt entsetzt inne. Sie sprach mit Jeds Großmutter. »Verzeihen Sie bitte«, presste sie mühsam hervor.
»Aber nicht doch.« Zur Bekräftigung warf die alte Dame den Kopf in den Nacken und lachte. »Genieren Sie sich nicht, meine Liebe. Ich bin entzückt und hoffe wirklich inständig, dass Sie ihm ordentlich die Hölle heiß machen, wenn er zurückkommt. Das braucht er ab und an von Menschen, die ihn lieben. Er hat weiß Gott genug von anderen einstecken müssen, die ihn nicht liebten.«
»Ja, da haben Sie wohl Recht.« Ihre Verlegenheit hatte Dora inzwischen abschütteln können, aber auf ihren Wangen lag noch immer die Schamröte. »Mrs. Rodgers – Ria, hoffentlich denken Sie jetzt nicht, dass ich mit allen meinen Mietern … äh, vertrauliche Beziehungen anknüpfe.«
»Sie erwarten anscheinend immer noch, dass ich völlig schockiert bin.« Honoria, die Doras Reaktion zutiefst erfreute, lächelte verschwörerisch und bediente sich noch einmal an den Scones. »Zu Ihrer Beruhigung werde ich Ihnen erzählen, warum ich Jeds Großvater geheiratet habe, ja? Er war ein unglaublich attraktiver Mann – sehr groß, kräftig, blond, körperlich unwahrscheinlich anziehend. Mit anderen Worten, ich war verrückt nach ihm.«
Sie knabberte genüsslich an dem Teegebäck. »Glücklicherweise hat Jed nur die körperlichen Vorzüge seines
Großvaters geerbt, nicht aber seinen Charakter. Walter Skimmerhorn war ein gefühlskalter, oft grausamer und unendlich langweiliger Mensch, alles unverzeihliche Eigenschaften eines Ehemannes. Ich brauchte weniger als ein Jahr, um meinen Fehler einzusehen. Zu meinem Bedauern dauerte es jedoch unverhältnismäßig lange, diesen zu korrigieren.«
Und die bitteren Erinnerungen an diese Enttäuschung nagten noch immer an ihr.
»Sie hingegen«, fuhr Honoria fort, »haben bereits erkannt, dass mein Enkel sehr viel mehr zu bieten hat als ein ansprechendes Äußeres. Wenn ich heute den jungen Leuten in Sachen Ehe einen Rat geben darf,
Weitere Kostenlose Bücher