Träume wie Gold: Roman (German Edition)
verstimmen. Er schlenderte durch die offene Verandatür in den Salon, wobei er in Gedanken bereits diverse Möglichkeiten der Problemlösung durchspielte.
In dem sicheren Gefühl seiner Macht schwelgend, duschte Finley, frisierte sich und kleidete sich an. Anschließend nahm er auf der Terrasse, nur wenige Schritte von der Stelle entfernt, von wo aus er DiCarlo erschossen hatte, sein Frühstück ein, das aus Fruchtsalat, Vollkorntoast und Kräutertee bestand. Dabei konzentrierte er sich ausschließlich auf Isadora. Als er die Lösung des Problems gefunden hatte, erhellte ein Lächeln seine Züge, er kicherte leise und tupfte sich die Lippen ab.
Es könnte funktionieren. Und wenn nicht – nun, dann würde er sie einfach töten.
Dora versuchte, sich nicht zu ärgern. Diese Reaktion wurde im Allgemeinen von Männern erwartet. Jede andere Frau wäre eingeschnappt, wenn sie alleine in ihrem Bett
aufwachen würde und nicht die geringste Ahnung hätte, wohin ihr Liebhaber entschwunden war, oder wann er zurückkäme.
Sie war aber nicht wie andere Frauen. Und sie war auch nicht bereit, sich zu ärgern – ja, nicht einmal einen Ansatz von Verstimmung erkennen zu lassen. Sie waren beide unabhängige Menschen, die kommen und gehen konnten, wie es ihnen passte. Sie würde ihn nicht einmal fragen, wo zum Teufel er gewesen war.
Doch als sie das Klopfen an der Tür hörte, zog sie ihr voluminöses Sweatshirt herunter, und marschierte entschlossen ins Wohnzimmer.
»Okay, Skimmerhorn, du Mistkerl«, murmelte sie, »ich hoffe, du hast eine gute Ausrede parat.«
Dora riss die Tür auf. Sie hatte einige bissige Bemerkungen auf der Zunge und war bereit, ihm diese unzensiert ins Gesicht zu schleudern. Diese schluckte sie jedoch schnellstens hinunter, als sie sich Honoria Skimmerhorn Rodgers gegenübersah.
»Oh«, war alles, was ihr einfiel, und sie zupfte verlegen an ihrem Haar, das sie zu einem schlampigen Dutt hoch gesteckt hatte. »Mrs. Rodgers. Hallo.«
»Guten Morgen, Dora.« Nicht das kleinste Wimpernzucken verriet Honorias Belustigung, als sie das rasch wechselnde Mienenspiel in Doras ausdrucksvollem Gesicht beobachtete, die Wut, den Schock, die Verlegenheit. »Habe ich Sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt überrascht?«
»Nein. Nein. Ich war gerade …« Dora unterdrückte ein nervöses Kichern und lächelte. »Wenn Sie Jed suchen, der scheint nicht im Haus zu sein.«
»Eigentlich hatte ich gehofft, mit Ihnen sprechen zu können. Darf ich hereinkommen?«
»Selbstverständlich.« Dora trat einen Schritt zurück und bereute zutiefst, dass sie den Laden heute nicht aufgemacht hatte und daher nicht ordentlich angezogen war. Sie kam sich etwas ärmlich vor, als sie jetzt barfuß und in dem ausgeleierten Sweatshirt Honoria gegenüberstand, die nach Parfüm duftete und in eine teure Pelzjacke gehüllt war.
»Nein, wie hübsch!« Die Aufrichtigkeit in Honorias Stimme half Dora, ihr Selbstbewusstsein wiederzugewinnen. »Wirklich, ausgesprochen hübsch.« Honorias anerkennender Blick wanderte durch Doras Wohnzimmer, während sie die Handschuhe abstreifte. »Ich muss zugeben, dass ich mich oft gefragt habe, wie diese Apartments über den Läden in der South Street wohl von innen aussehen mögen. Es ist recht geräumig, nicht wahr?«
»Ich brauche eine Menge Platz. Darf ich Ihnen die Jacke abnehmen?«
»Ja, vielen Dank.«
Während Dora den Nerz aufhängte, sah Honoria sich weiter um. »Ich habe mir eben Ihr Schaufenster angesehen und auch einen Blick in den Laden geworfen und war ganz enttäuscht, dass er geschlossen ist. Aber dies hier« – sie fuhr mit dem Zeigefinger die weiblich geschwungene Form einer Jugendstillampe nach – »zu betrachten, entschädigt mich dafür.«
»Der größte Vorteil, einen solchen Laden zu haben, liegt darin, dass ich mit den Dingen, die mir gefallen, so lange leben kann, wie ich möchte. Darf ich Ihnen eine Tasse Kaffee oder Tee anbieten?«
»Eine Tasse Kaffee, gern. Wenn es nicht zu viele Umstände macht.«
»Keineswegs. Bitte, nehmen Sie doch Platz. Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
»Vielen Dank. Ich glaube, das fällt nicht schwer.«
Honoria hielt sich nicht für neugierig – nur für interessiert. Interessiert genug, um die Aussicht von Doras großen Wohnzimmerfenstern auf die geschäftige South Street zu genießen. Außerdem gefiel ihr Doras Einrichtung. Sie war freundlich und gemütlich, mit Bedacht und einem Hauch Theatralik ausgewählt. Doch, sie mochte den Raum – er
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