Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Weihnachtsbaum, der von bunten Kugeln und Lichterketten nur so strotzte. Davor befand sich ein mit Tannenzapfen beladener Holzschlitten sowie ein Schneemann mit einem Zylinder auf dem Kopf, der ihn aus schwarzen Augen angrinste.
Eigentlich hätte ihn der ganze Plunder erdrücken müssen. Aber seltsamerweise war das nicht der Fall. Jed hatte vielmehr den Eindruck, in eine geheimnisvolle Schatztruhe hineinzusehen.
Inmitten all dieser Schätze entdeckte er seine Vermieterin – in einem scharlachroten Kostüm mit kurzem Rock und taillierter Jacke. Während sie ihm noch den Rücken zukehrte, spitzte er die Lippen und fragte sich verwundert, in welcher Stimmung er sich am Abend zuvor befunden hatte, dass ihm dieser hübsche kleine Körper entgangen war.
Außer der tiefen, dunklen Stimme von Aretha Franklin hörte er Dora leise vor sich hinmurmeln. Jed lehnte am Türpfosten, als sie gerade das Bild, das sie in der Hand hielt, aufs Sofa stellte. Dann drehte sie sich um. Es sprach für sie, dass sie den erschreckten Aufschrei gerade noch zurückzuhalten vermochte, als sie ihn sah.
»Die Tür war offen«, erklärte er.
»Hmm«, war ihre erste Reaktion. Da Einsilbigkeit aber im Gegensatz zu ihrem Mieter nicht ihrem Naturell entsprach, meinte sie: »Ich bin heute Morgen meinen Lagerbestand durchgegangen – hier oben und unten im Laden.«
Sie fuhr sich mit den Fingern durch den Pony. »Irgendein Problem, Mr. Skimmerhorn? Leckende Abflussrohre? Mäuse?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Prima.« Sie durchquerte das Zimmer, entschwand aus seinem Blickfeld, bis er sich an den anderen Türpfosten lehnte. Von dort aus sah er sie an einem runden Esstisch stehen und etwas Dunkles aus einer Porzellankanne in eine dazu passende Tasse gießen. Es duftete wunderbar nach frischem, starkem Kaffee. Dora stellte die Kanne ab und sah ihn an. Ihre Lippen, die nicht lächelten, waren so unverschämt rot wie ihr Kostüm. »Brauchen Sie etwas?«
»Einen Schluck davon könnte ich auch vertragen.«
Aha, jetzt schwenkte er doch auf die nachbarschaftliche Schiene ein, dachte Dora. Ohne etwas zu erwidern, ging sie zu einer Glasvitrine und entnahm ihr eine zweite Tassemit Unterteller. »Zucker? Milch?«
»Schwarz.«
Da er keine Anstalten machte hereinzukommen, brachte sie ihm den Kaffee an die Tür. Er roch nach Seife, bemerkte sie. Nicht übel. Aber seine Augen hatte ihr Vater richtig beschrieben. Sie waren hart und unergründlich.
»Danke.« Er leerte die zierliche Tasse mit zwei Schlucken und gab sie ihr zurück. Seine Mutter hatte das gleiche Service besessen, erinnerte er sich. Etliche Teile waren allerdings vom ungeschickten Dienstmädchen zerbrochen worden »Der alte, äh … Ihr Vater«, verbesserte er sich, »meinte, es sei in Ordnung, wenn ich meine Ausrüstung nebenan aufstelle. Aber da er ja nicht der Herr im Haus ist, möchte ich die Angelegenheit nochmals mit Ihnen abklären.«
»Ausrüstung?« Dora stellte seine leere Tasse auf den Tisch. »Was für eine Ausrüstung?«
»Eine Fitnessbank und einige Gewichte.«
»Oh.« Sie musterte seine Oberarme und seinen Brustkorb. »Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist – solange Sie nicht mit den Gewichten herumpoltern, wenn der Laden offen ist.«
»Ich werde jeglichen Lärm vermeiden.« Sein Blick fiel auf das Bild auf dem Sofa, das er einen Augenblick lang eingehend betrachtete. Sehr gewagt, dachte er, wie auch die Farbe ihrer Kleidung und das Parfüm, das sie umgab. »Übrigens, das Bild steht auf dem Kopf.«
Ihr Lächeln kam blitzschnell. Sie hatte das Bild tatsächlich so aufs Sofa gestellt, wie es auf der Auktion angeboten worden war. »Der Meinung bin ich auch. Ich werde es andersherum aufhängen.
Sie ging zum Sofa und drehte es um, worauf Jed es noch einmal eingehend musterte. »Ja, so stimmt es«, meinte er zustimmend. »Es ist zwar immer noch hässlich, aber wenigstens steht es nicht mehr auf dem Kopf.«
»Über Kunst lässt sich streiten.«
»Wenn Sie meinen. Danke für den Kaffee.«
»Keine Ursache. Oh, Skimmerhorn?«
Er blieb stehen und schaute über die Schulter zurück. Der vage Anflug von Ungeduld in seinen Augen faszinierte sie mehr, als es ein freundliches Lächeln von ihm vermocht hätte.
»Falls Sie sich mit dem Gedanken tragen, Ihr neues Heim gemütlich einzurichten oder etwas aufzupeppen, dann schauen Sie doch mal in meinem Laden vorbei. Doras Antiquitäten- und Trödelladen hält für jeden Geschmack etwas bereit.«
»Ich brauche nichts. Danke
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