Träume wie Gold: Roman (German Edition)
mich jederzeit erwischen konnte. Und er wollte sicherstellen, dass ich nicht vergaß, wer für Elaines Tod verantwortlich war. Als ich heute Abend nach Hause kam und glaubte, du wärest in meiner Wohnung gewesen, kamen all diese Bilder wieder zurück.«
Sie hatte ein wunderbar ausdrucksvolles Gesicht, das alle ihre Gefühle widerspiegelte. Die Angst und die Wut, die sie kurz zuvor noch beherrschten, verloren zusehends an Kraft. An ihre Stelle traten Anflüge von Bedauern, Verständnis und Mitleid.
»Schau mich nicht so an.« Sein Ton war knapp und, wie sie glaubte, abwehrend. »Das ändert nichts an dem, was
ich getan habe, oder an der Tatsache, dass ich zu noch Schlimmerem fähig gewesen wäre.«
Dora senkte den Blick. »Du hast Recht. Es ändert nichts. Als du mich gestern Abend küsstest, glaubte ich, dass etwas zwischen uns passierte. Wirklich etwas geschah.« Sie sah ihn an, und ihre Augen waren kühl. »Aber da muss ich mich getäuscht haben, denn sonst hätte das hier nicht geschehen können. Sonst hättest du mir nämlich vertraut. Und das tut auch weh, Jed. Aber das ist meine eigene Schuld.«
Er kannte das Gefühl von Hilflosigkeit nur zu gut, doch dass er es ihr gegenüber empfinden würde, damit hatte er nicht gerechnet. »Ich kann ausziehen, wenn dir das lieber ist«, meinte er steif. »Ich kann heute noch gehen und meine Sachen zu einem späteren Zeitpunkt abholen.«
»Das ist nicht nötig. Aber tu nur, was du für richtig hältst.«
Er nickte und machte einen Schritt hinaus in den Flur. »Bist du wirklich okay?«
Statt einer Antwort ging sie zur Tür, schloss sie leise und drehte von innen den Schlüssel um.
Am nächsten Morgen standen Blumen auf ihrem Schreibtisch. Gänseblümchen. Sie steckten in einer Minton-Vase, waren schon ein wenig verwelkt, dufteten aber noch schwach nach Frühling. Eisern unterdrückte Dora das aufwallende Gefühl von Freude und beachtete den Strauß nicht weiter.
Er war nicht ausgezogen. Das hatte sie dem monotonen Geräusch der Gewichte entnehmen können, die dumpf auf dem Fußboden aufprallten, als sie gerade an seiner Tür vorbeigegangen war.
Auch die Freude darüber ließ sie nicht zu. Was sie betraf, war Jed von jetzt an nur noch ein zahlender Mieter. Mehr nicht. Er brauchte sich nicht einzubilden, dass er sie bedrohen, ihr das Herz brechen und das alles am nächsten Tag mit einem Strauß welkender Gänseblümchen ungeschehen machen konnte. Sie würde seine monatliche Miete
kassieren, ihm höflich zunicken, wenn sie sich zufällig im Hausflur begegneten und ansonsten ihr Leben leben.
Hier ging es um ihren Stolz.
Da Terri und Lea im Laden waren, nahm sie sich den Ordner mit den fälligen Zahlungen vor, schlug das Scheckbuch auf und machte sich an die Arbeit.
Ein paar Minuten später wagte sie einen zweiten Blick auf die Gänseblümchen und ertappte sich bei einem kleinen Lächeln. Das unverwechselbare Geräusch von Männerstiefeln auf der Treppe ließ sie jedoch sofort die Lippen zusammenpressen und den Blick starr auf ihre Stromrechnung heften.
Jed blieb zögernd auf der letzten Stufe stehen und suchte angestrengt nach einer vernünftigen Begrüßung. Er hätte schwören können, dass die Raumtemperatur um mindesten zehn Grad gesunken war, seit er das Lager betreten hatte. Dass sie ihm die kalte Schulter zeigte, konnte er ihr nicht verdenken. Er kam sich etwas dumm vor, dass er ihr auf dem Rückweg vom Fitnessstudio Blumen gekauft hatte.
»Wenn du hier zu tun hast, kann ich die Regale auch später fertig machen.«
»Ich bin die nächsten Stunden mit Buchhaltung beschäftigt«, sagte sie, ohne dabei aufzusehen.
»Ich habe ohnehin einiges in der Stadt zu erledigen.« Er wartete vergeblich auf eine Antwort. »Brauchst du irgend was?«
»Nein.«
»Gut. Prima.« Er trat den Rückzug an. »Dann baue ich sie eben am Nachmittag ein. Anschließend kaufe ich mir ein Büßerhemd.«
Dora runzelte die Stirn und lauschte befriedigt dem Zuknallen der Tür. Wahrscheinlich dachte er, ich würde mich ihm überglücklich in die Arme werfen, nur weil er mir Blumen gekauft hat. Trottel. Sie sah zu Terri hinüber, die gerade in der Verbindungstür zum Laden auftauchte. »Männer sind alle Trottel.«
Normalerweise hätte Terri zustimmend gegrinst und
Doras Feststellung mit ein paar eigenen Beispielen untermauert. Stattdessen blieb sie händeringend in der Tür stehen.
»Dora, hast du den Jadehund mit zu dir raufgenommen, den chinesischen, du weißt schon? Ich frage
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