Traeume wie Samt
Effekte des Teetrinkens auf die Gesundheit.«
Tessa warf einen Blick auf die Anzeige. »Meine Freundin bei der Zeitung hat mir gesteckt, daß der Artikel für die heutige Ausgabe geplant war. Und ich habe die Anzeigenabteilung zum Mitmachen überredet.«
»Gute Arbeit. Erinnere mich daran, dir in den nächsten Tagen eine Gehaltserhöhung zu geben.«
»Mache ich. Aber weißt du auch, was du tust?«
»Nun, vielleicht wäre eine Gehaltserhöhung zuviel des Guten. Ein Anerkennungsbrief für deine Personalakte reicht eigentlich, oder?«
»Von meiner Gehaltserhöhung rede ich nicht«, sagte Tessa. »Ich meine deine Heiratspläne. Deine Tante und ihr Verlobter machen sich Sorgen wegen Trevelyans Absichten. Ich habe sie kürzlich mit dir reden hören.«
»Sie glauben, Harry hätte es auf mein Vermögen der Abberwick-Stiftung abgesehen.« Molly runzelte die Stirn. »Eigentlich war es Cutter. Er hat meiner Tante die Idee in den Kopf gesetzt.«
»Glaube mir, ich sage das ungern, Molly, aber der Gedanke ist nicht gerade abwegig. Eher eine realistische Möglichkeit. Immerhin hast du Trevelyan ja auch nur wegen der Stiftung kennengelernt.«
»Ich habe ihn gefunden, erinnerst du dich? Er hat sich nicht bei mir beworben.«
»Schon, aber er hat sich sicherlich schnell entschlossen, nachdem du dich vorgestellt hast, oder? Molly, laß uns realistisch sein. Du weißt, daß du eine erfolgreiche Geschäftsfrau bist, und es ist wirklich großartig, wie du deine kleine Schwester aufgezogen hast. Mir ist bewußt, daß du die volle finanzielle Verantwortung tragen mußtest, seit deine Mutter starb.«
»Und was soll das heißen?«
»Das soll heißen, daß du zwar einige Erfahrung im harten Überlebenskampf besitzt, aber nicht besonders viel über Männer lernen konntest. Molly, was weißt du eigentlich über Trevelyan?«
»Genug.«
»Unsinn. Über Gordon Brooke wußtest du eine Menge mehr, und sieh dir an, wie das Ganze endete.«
»Ich bezweifle ernsthaft, daß ich jemals einen Raum betreten und Harry dabei überraschen werde, wie er auf einem Sack Kaffeebohnen seine Angestellte vernascht.«
Tessa rang die Hände. »Kannst du dir da sicher sein?«
Molly lächelte. »Absolut und unbedingt.«
»Aber wieso?«
Molly überlegte kurz. Sie wußte nicht, wie sie das Band beschreiben sollte, das zwischen ihr und Harry bestand. Es gab keine logische Begründung, warum sie es sofort wissen würde, wenn dieses Band ernsthaft bedroht wäre. Bis zu einer Affäre mit einer Angestellten würde es sicher nicht dauern. Lange vorher schon würde Molly spüren, daß in ihrer Beziehung etwas falsch liefe. Aber auch ohne dieses intuitive Wissen war sie sicher, daß Logik und Vernunft auf ihrer Seite waren. Harrys Verhältnis zu seinen schwierigen Verwandten bewies, daß er treu zu seinen selbst auferlegten Verpflichtungen stand, selbst wenn er nicht viel Ermutigung erfuhr. Und Molly beabsichtigte, das nachzuholen. »Er ist loyal«, erwiderte sie schlicht.
Tessas Nasenring bebte, als sie einen tiefen, resignierten Atemzug machte. »Hast du es Kelsey schon gesagt?«
»Nein. Sie ist ganz mit ihrem Sommerworkshop beschäftigt, und ich will sie nicht ablenken. Wenn sie wieder zu Hause ist, wird sie die Neuigkeit von mir erfahren.« Molly lächelte. »Du und Kelsey könnt meine Brautjungfern sein.«
»Erzähl mir nicht, daß du eine traditionelle Hochzeit planst.«
»Mit allem Drum und Dran«, versicherte Molly ihr.
Langsam schritt Harry durch die dunklen Gänge des Unterwassermuseums von Seattle. Seine Aufmerksamkeit wechselte von einem beleuchteten Becken zum nächsten. Kalte, gefühllose Augen blickten ihn an, als wären sich die Wesen hinter den Glasscheiben seiner Gegenwart’ bewußt. Ein Schauder durchlief ihn. Er konnte beinahe spüren, wie die Kreaturen auf der anderen Seite der Glasscheiben ihn musterten. Fische, wußte er, konnten in zwei Kategorien eingeteilt werden. Entweder dienten sie als Nahrung, oder sie stellten eine Bedrohung dar.
Wenn man ein einfaches, von eindeutigen Trieben beherrschtes Gehirn besaß, war die Welt leicht zu verstehen, dachte Harry. Entscheidungen fielen nicht schwer. Es bestand nur eine eingeschränkte Wahl. Komplexe Emotionen existierten nicht. Man benötigte keine komplizierten, störenden Gefühle, wenn man für immer in einem dunklen Abgrund gefangen war. Nur einfache Empfindungen waren erforderlich. Angst. Hunger. Für Hoffnung gab es keinen Raum.
Vor einem großen Aquarium, das verschiedene
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