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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jayne Ann Krentz
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sind nichts weiter als zwei Schiffe, die sich in der Dunkelheit begegnen, sagtest du.«
    »Nein.« Harry stützte sich auf einen Ellbogen und beugte sich zu ihr. Mit der anderen Hand strich er über ihr entblößtes Bein. Er genoß es, die glatte, weiche Haut zu berühren. »Meines Wissens habe ich nie etwas über zwei Schiffe gesagt, die sich in der Dunkelheit begegnen.«
    Molly streckte die Hand nach Harrys Kopf aus und wickelte eine Haarsträhne um ihren Finger. »Vielleicht war es auch etwas über meinen fehlenden Doktortitel, den ich nicht an die Wand neben deinen hängen kann.«
    »Ich habe auch nie etwas darüber gesagt, daß du keinen Doktortitel besitzt.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich bin sicher.«
    »Absolut und unbedingt?«
    »Ja«, murmelte Harry. »Absolut und unbedingt. Molly, bevor sich das Gespräch in diese Richtung bewegte, sagtest du etwas über Kinder.«
    »Es war ein diskreter Hinweis.«
    Um Kraft zu sammeln, holte Harry tief Atem. »Willst du mich damit bitten, dich zu heiraten?«
    »Das mag ich an einem gebildeten Mann. Wenn er lange genug über eine Sache nachdenkt, findet er schließlich heraus, worum es geht.« Molly lächelte. »Willst du mich heiraten, Harry?«
    Er kämpfte um Worte. »Was ist mit …«
    »Womit?«
    Harry preßte die Zähne aufeinander. »Was ist mit den Stunden der Langeweile, durchbrochen von Augenblicken des Entsetzens?«
    »Was soll damit sein? Bis jetzt habe ich noch nichts Langweiliges an dir entdeckt.«
    »Und das andere?« zwang er sich zu fragen. »Molly, ich schwöre bei Gott, daß ich nicht verstehe, was geschehen ist, als wir vorhin miteinander geschlafen haben. Ich will es gar nicht verstehen. Ich weiß nur, daß ich manchmal, wenn ich meine Vorsicht fallenlasse, zu – intensiv werde.«
    »Weißt du, was ich denke? Ich glaube, es hat etwas mit diesem Zweiten Gesicht der Trevelyans zu tun.«
    Verzweifelt schloß Harry die Augen. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
    »Harry, ein intelligenter Mensch muß für alle Möglichkeiten offen bleiben. Ich glaube, eine anerkannte Autorität auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte hat geschrieben, daß es eine gefährliche Illusion sei, wenn man glaube, man könne immer das Mögliche vom Unmöglichen unterscheiden.«
    »Ich habe das geschrieben.«
    »Wie ich sagte – eine anerkannte Autorität. Ich bin übrigens mit dir einer Meinung. Ich entstamme einer langen Linie versponnener Erfinder, die deshalb Erfolg hatten, weil sie sich nicht durch die Illusion von Gewißheit fesseln ließen. Wir werden wohl von der Möglichkeit ausgehen müssen, daß du über eine Art sechsten Sinn verfügst.«
    »Nein.«
    Molly ignorierte seinen Widerspruch. »Es ist möglich, daß immer dann, wenn heftige Emotionen, wie beispielsweise sexuelles Begehren, im Spiel sind, diese intensiven Gefühle deinen außersinnlichen Fähigkeiten Energie zuführen.«
    »Molly …«
    »In solchen Augenblicken erhöhter Empfindsamkeit entsteht ein Klima, in dem ungewöhnliche Dinge geschehen können. Vielleicht dringen einige deiner tiefsten Gedanken in das Bewußtsein anderer ein, die, hm – die gerade intim mit dir verbunden sind.«
    »Das ist verrückt. Und ohne jede naturwissenschaftliche Grundlage.«
    »Nur eine logische Erklärung für etwas, das auf andere Weise nicht zu verstehen wäre. Und jetzt hörst du mit dem Murren auf und beantwortest mir meine Frage, okay?«
    Mit energischem Griff brachte Harry das Universum, das um ihn außer Kontrolle zu geraten schien, zur Ruhe. Er zog Molly an sich, fuhr mit den Fingern durch ihr wunderbar störrisches Haar, schlang die Hand um ihren Nacken und hielt sie für einen tiefen Kuß fest. In diesem Kuß war seine Antwort enthalten. Doch für den Fall, daß sie nicht verstanden hatte, sprach er die Worte laut aus: »Ich will dich heiraten.«

16
    »Du willst Harry Trevelyan heiraten?« Venicia schob die spitzenbesetzte Schleppe des bauschigen, weißen Hochzeitskleides zur Seite und wandte sich von ihrem Spiegelbild zu Molly. Ungläubig starrte sie ihre Nichte an. »Das kann doch nicht dein Ernst sein!«
    Molly, die in einem kleinen Sessel saß, legte in einer beschwichtigenden Geste die Hände zusammen. »Doch. Es ist mir sehr ernst.« Sie war sich bewußt, daß die Verkäuferin hinter dem Ladentisch das Gespräch mithörte. Eine andere Kundin drehte höflich den Kopf zur Seite, aber es war mehr als offensichtlich, daß auch sie beide Ohren spitzte. Das Spezialgeschäft für Brautkleider war nicht sehr groß.

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