Traeume wie Samt
private Angelegenheit.«
»Klar. Kein Problem.« Maltrose hob beschwichtigend die Hand. »Ich werde mich doch nicht in eine private Auseinandersetzung einmischen. Ich wollte nur wissen, ob Sie fertig sind.«
»Ich glaube ja, Mr. Maltrose«, sagte Molly und schenkte Maltrose ein strahlendes Lächeln. Chuck Maltrose dagegen war nicht so gutgelaunt. Er warf Harry einen versteckten, feindseligen Blick zu. Harry fragte sich, ob das idiotische Gesprächsthema in seinen Augen abzulesen war oder ob Maltrose nur auf die Reste seines Ärgers reagierte. Er würde, dachte Harry, nur wenige Sekunden brauchen, um sich wieder unter Kontrolle zu haben. In einer Minute wäre alles vorbei. Zum Glück kümmerte Molly sich inzwischen um Maltrose. Harry hörte, wie sie mit ihm über den heraufziehenden Sturm plauderte. Als sie zu dem Schluß kamen, daß es bald regnen werde, hatte Harry die Selbstbeherrschung wiedergefunden.
»Wir wissen also, daß es irgendwo noch einen blauen Ford gibt«, sagte Molly, während sie auf den Beifahrersitz des Mietwagens glitt. »Was machen wir als nächstes, Sherlock?«
»Ich halte an einer Telefonzelle und rufe Fergus Rice an.« Harry drehte den Zündschlüssel um. »Er soll die Polizei benachrichtigen.«
»Es müssen Millionen blauer Fords herumfahren.«
»Ja, aber mit etwas Glück gibt es nicht zu viele mit einem zerbeulten vorderen rechten Kotflügel.«
»Trotzdem suchen wir die Stecknadel im Heuhaufen.« Molly lehnte sich im Sitz zurück. »Das Ganze ergibt einfach keinen Sinn. Das Motiv stimmt nicht mehr.«
»Ich habe auch darüber nachgedacht. Vielleicht gibt es ein anderes Motiv.« Mit gerunzelter Stirn bog Harry auf die Straße ein. »Eines, an das wir noch nicht gedacht haben.«
»Es gibt nicht so viele Motive. Rache, Leidenschaft, Gier …«
»Bis jetzt haben wir uns auf Rache konzentriert«, bemerkte Harry.
»Ich kann einfach nicht glauben, daß ich die Zielscheibe von zwei verärgerten Erfindern sein soll«, sagte Molly entschieden. »Einen, das halte ich für möglich. Aber gleich zwei? Und Leidenschaft als Motiv können wir vergessen. Mein Leben ist nicht so aufregend gewesen in letzter Zeit.«
»Dann bleibt Gier.«
Molly kräuselte die Nase. »Mich umzubringen ist nicht gerade eine aussichtsreiche Methode, wenn jemand eine Erfindung finanziert haben möchte.«
Harry starrte auf die Straße vor sich. Plötzlich begann sich das Mosaik in kristallklarer Perfektion zusammenzufügen. Die Theorie nahm in einer derartigen Geschwindigkeit Form und Substanz an, daß er sich fragte, warum er das Offensichtliche so lange übersehen hatte. »Gestern abend«, begann er vorsichtig, »als ich in deinen Laden kam, hast du Brooke versichert, du wärst nicht so dumm, die Kontrolle über das Stiftungsvermögen jemand anderem zu überlassen.«
»Verdammt richtig.«
»Molly, was geschähe mit dem Geld, wenn du von der Bildfläche verschwunden wärst?«
»Wie bitte?«
»Du hast mich verstanden. Falls dir etwas zustieße, wäre dann Kelsey Treuhänderin der Abberwick-Stiftung?«
»Erst wenn sie achtundzwanzig ist. Ich habe die Verträge so aufsetzen lassen, weil ich nicht wollte, daß die Last der Stiftungsleitung an ihr hängenbleibt, bevor sie die Schule beendet und einen Beruf erlernt hat.«
»Wer übernimmt die Treuhänderschaft, wenn du tot bist?«
»Tante Venicia.«
Harry pfiff tonlos. »Ich hätte es gleich sehen sollen.«
»Was um alles in der Welt meinst du? Du willst doch sicher nicht Tante Venicia beschuldigen, meine Ermordung geplant zu haben? Das ist lächerlich. Ihr könnte die Stiftungsleitung nicht gleichgültiger sein.«
»Nicht sie. Ich meine den Mann, den sie heiraten wird.«
Molly starrte Harry an. »O mein Gott. Cutter Latteridge!«
19
Molly geriet in Panik. »Halt an. Ich brauche sofort ein Telefon, um Tante Venicia zu warnen.«
»Ganz ruhig«, sagte Harry. »Venicia ist im Augenblick sicher. Noch ist Cutter nicht mit ihr verheiratet. Wenn er ihr jetzt etwas antut, nützt sie ihm nichts mehr. Er braucht sie lebendig bis nach der Hochzeit.«
»Das stimmt. Er hat keine Chance, die Stiftung in die Finger zu bekommen, bevor er nicht verheiratet ist.« Molly schloß die Augen und sprach stumm ein Dankgebet. »Welch ein Glück, daß Tante Venicia auf einer großen Hochzeit bestanden hat, deren Planung Wochen in Anspruch nimmt.«
»Allerdings.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Im Augenblick gar nichts.« Harry streckte die schlanken Hände am Lenkrad. »Wir
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