Traeume wie Samt
Gelehrter, ein Akademiker.«
Offensichtlich einverstanden, nickte Harry. »Ich gehe von Natur aus analytisch und logisch vor. Und Sie neigen dazu, aus der Hüfte zu schießen.«
»Sie sind ein Starrkopf.«
»Sie sind impulsiv.«
»Sie sind langsamer als eine Schildkröte, wenn es um Entscheidungen geht.« Molly fand Gefallen an der Diskussion. »Sie würden keine fünf Minuten in der Geschäftswelt überleben. Der Wettbewerb fräße Sie auf.«
»Tatsächlich?« Harry betrachtete sie nachdenklich. »Zu Ihrer Information, Sie hätten nie Erfolg in der akademischen Welt. Verstehen Sie mich nicht falsch. Die grundlegende Intelligenz besitzen Sie, aber Ihre Denkprozesse sind viel zu undiszipliniert.«
»Ich sage ›Möhre‹ und Sie ›Karotte‹.«
»Wie bitte?«
»Ach, nichts.« Molly erwog die verlockende Möglichkeit, den Bodenreinigungsroboter mit dem Wischmop auf Harry anzusetzen. »Es scheinen genügend Beweise vorzuliegen, daß wir nicht füreinander geschaffen sind. Wir haben nicht lange gebraucht, um das herauszufinden. Worum geht es also, Dr. Trevelyan?«
Harry runzelte die Stirn. »Ich wollte vorschlagen, daß wir eine Affäre beginnen.«
»Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
»Doch.«
Molly starrte ihn ungläubig an. »Ich fasse das nicht. Und was ist mit den Möhren und den Karotten? Wir sind völlig gegensätzliche Charaktere.«
Harry hob die Schultern. »Gegensätze ziehen sich an.«
»Es reicht, Dr. Trevelyan. Das ist völliger Unsinn. Von jemandem, der einen akademischen Grad in Philosophie besitzt, verlange ich etwas mehr Logik.«
»Es ist kein Unsinn, sondern das Grundprinzip des Magnetismus.«
Molly hob die Augen an die hohe Decke. »Wir sind keine Magneten.«
»Verstehen Sie mich richtig. Ich mache Ihnen keinen Heiratsantrag«, sagte Harry ruhig. »Ich schlage nur eine Affäre vor. Was ist daran so seltsam?«
»Finden Sie nicht, daß das ein wenig unverfroren ist?«
Harry zögerte, als befände er sich auf unsicherem Boden. »Ich finde, es ist ein vernünftiger Versuch, eine Beziehung zu beginnen. Wir fühlen uns offenbar körperlich zueinander hingezogen.«
»Ja, aber wir kommunizieren nicht allzugut miteinander, nicht wahr?« entgegnete Molly mit grimmiger Genugtuung. »Wenn wir heute abend eine Übereinstimmung gefunden haben, dann das.«
»Na und? Die populäre Psychologie behauptet, daß Männer und Frauen nicht besonders gut miteinander reden können.«
Molly wurde neugierig. »Sie lesen Ratgeber?«
»Ich war vor eineinhalb Jahren eine Zeitlang mit einer Psychologin verlobt. Wenn Sie sich mit Seelenklempnern abgeben, schnappen Sie das eine oder andere auf.«
»Nichts Ansteckendes, hoffe ich … Verstehen Sie doch, Harry. Ich glaube nicht, daß Ihre Idee besonders brillant ist.«
»Warum nicht?«
Molly seufzte. »Weil ich Sie wahrscheinlich verrückt machen würde.«
In Harrys Augen flammte ein seltsamer, nicht zu identifizierender Ausdruck auf, der sofort wieder verschwand. »Über diese Möglichkeit habe ich nachgedacht«, bemerkte er trocken. »Und ich glaube, daß ich die Situation im Griff behalten kann.«
»Das beruhigt mich außerordentlich.« Molly sah ihn mit finsterem Blick an. »Und was ist mit mir? Sie könnten mich genauso in den Wahnsinn treiben.«
»Wollen Sie damit behaupten, Sie trauten sich nicht zu, mit meiner wichtigtuerischen, arroganten Sturheit fertig zu werden?«
Aus einem ihr unbekannten Grund ärgerte Molly sich über diese Bemerkung.
»Wenn ich mit dem Wettbewerb in meiner Branche, mit unhöflichen Kunden und den Bergen an Steuerformularen zurechtkomme, die ich dauernd ausfüllen muß, nur um mein Geschäft weiterzuführen, kann ich sicher auch mit Ihnen fertig werden.«
»Gibt es ein anderes Hindernis?« fragte Harry leise.
Molly verzog das Gesicht. »Nein.« Sie schwieg und warf ihm einen Seitenblick zu. »Ich nehme an, daß auch Sie mit niemandem zusammen sind. Sonst würden wir diese Unterhaltung kaum führen.«
»Sie haben recht. Es gibt niemanden. Schon eine ganze Weile nicht.«
»Bei mir ist es genauso. Klingt, als würde keiner von uns ein besonders interessantes Sozialleben führen, nicht wahr?«
Harry lächelte. »Ich beabsichtige, dies zu ändern.«
»Aber Sie haben recht.« Molly seufzte bedauernd. »Wir haben absolut nichts gemeinsam. Worüber könnten wir uns schon unterhalten, außer über die Abberwick-Stiftung?«
»Ich weiß nicht. Möchten Sie das morgen abend herausfinden?«
Molly hatte den Eindruck, als würde
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