Traeume, zart wie Seide
die Antwort „weder noch“ lautete, nahm sie aber trotzdem bei der Hand und stellte sich mit ihr an einem der Grillstände an.
Seit sie zu Alex Moorehouse gefahren war, um mit ihm zu reden, wirkte Cassandra noch in sich gekehrter. Vermutlich war das Gespräch nicht gut gelaufen. Da sie aber von sich aus nichts erzählte, wollte er nicht weiter in sie dringen.
Während sie warteten, schaute auch Gray den Tänzern zu. Einige Paare auf der Bühne schienen ganz in ihrem Element und zeigten, da es nicht voll war, die ganze Bandbreite der Figuren. Ein Pärchen fiel ihm besonders auf, weil ihr Tanz so harmonisch wirkte. Der Mann schien außergewöhnlich gut zu führen, und es sah aus, als könnte die Frau seine Gedanken lesen, so rasch reagierte sie.
Gray kniff die Augen zusammen. Du lieber Himmel, das war doch Joy!
Bei den letzten Takten des Liedes drehte der Mann sie mehrmals um die eigene Achse und ließ sie dann rückwärts in seinen ausgestreckten Arm sinken. Joy warf den Kopf zurück und lachte atemlos. Ihr langes Haar berührte fast den Boden.
Sie wirkte so jung und unbeschwert. Und war so schön, dass Gray der Atem stockte.
Langsam brachte ihr Tanzpartner sie wieder in die Senkrechte, ließ den Arm aber um sie gelegt. Gray biss die Zähne zusammen. Er spürte den dringenden Impuls, auf die Tanzfläche zu stürmen und dem Kerl ordentlich die Meinung zu sagen. Mit den Fäusten.
Besser, er schaute woandershin. Schließlich hatte Joys Freund jedes Recht, sie anzufassen, wann und wo immer er wollte. Und so glücklich, wie sie ihn angestrahlt hatte, fand sie das offenbar absolut in Ordnung.
Verdammt.
„Gray? Alles okay?“
Cassandras Stimme unterbrach seine düsteren Gedanken. „Wir sind dran“, sagte sie. „Was möchtest du?“
Auf diese Frage wusste er eine klare Antwort, aber die hatte nichts mit Spareribs zu tun.
Kurz darauf trugen sie ihre Pappteller zu einem Holztisch, an dem schon ein Ehepaar mit zwei Kindern saß. Als Gray in die würzigen Rippchen biss, verbrannte er sich die Zunge. Der Schmerz war ihm eine willkommene Ablenkung.
„Darf ich dich was fragen?“, sagte Cassandra.
„Hmmm?“
„Wie lange willst du sie schon?“
Entsetzt starrte er Cassandra an. War er so leicht zu durchschauen? „Wovon redest du überhaupt?“, versuchte er abzulenken.
„Stell dich nicht dumm“, gab sie zurück. „Ich habe gesehen, wie du Joy anschaust. Heute, aber auch schon gestern Abend.“
Gray war der Appetit vergangen, und er stocherte lustlos in seinem Krautsalat herum. „Siehst du den Jungen, der bei ihr ist?“, fragte er.
Cassandra nickte.
„Dann siehst du auch, wie glücklich er sie macht.“
Sie schien nicht überzeugt. „Ich glaube, das Tanzen macht ihr einfach Spaß, aber ich bin nicht sicher, ob es was mit ihm zu tun hat.“
„Das ist Haarspalterei“, wehrte er ab. „Sie strahlt doch geradezu. Glaubst du wirklich, ich könnte sie so glücklich machen?“
„Ja, durchaus.“
„Falsch. Ein Mädchen wie sie will mehr als Sex, und sie verdient es auch. Dieser junge Kerl da macht ihr Liebeserklärungen und spart bestimmt schon auf den Ring. Ich dagegen kann ihr nur ein paar heiße Nächte bieten.“
„Mach dich doch nicht selbst so schlecht.“
„Du kennst mich doch. Menschen ändern sich nicht.“
„Das stimmt nicht.“
Gray verzog das Gesicht. „Also schön, ich ändere mich nicht. Sie ist gar nicht mein Typ, und außerdem mag ich sie zu sehr, um …“
„Hallo Gray. Cassandra.“
Erschrocken blickte er auf, als Joy und ihr Tanzpartner an den Tisch traten. Nun erkannte er in ihm den jungen Koch, der Nate zur Hand gegangen war. Joy hob grüßend eine Hand, und er konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Ihr schwarzer Pullover und die verwaschenen Jeans wirkten an ihr verführerischer als jedes raffinierte Abendkleid. Um ihr vom Tanzen erhitztes Gesicht kringelten sich kleine goldene Löckchen. Und noch immer hatte der Koch den Arm um sie gelegt.
Gray umklammerte seine Plastikgabel so fest, dass sie fast zerbrach. Diese süße, wunderschöne Frau im Arm dieses grünen Jungen zu sehen war fast zu viel für ihn.
„Hey, Joy“, sagte er mühsam und richtete den Blick dann auf den Koch. „Tom, richtig?“
Tom nickte zögernd, als spüre er Grays Feindseligkeit. „Ja, Mr. Bennett.“
„Gray, nennen Sie mich Gray. Ein Freund von Joy ist auch mein Freund.“
Den Jungen schienen diese Worte nicht zu überzeugen, denn er sah aus, als wolle er am liebsten
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