Traeume, zart wie Seide
eine Visitenkarte aus der Tasche. „Wenn Sie keine Auftragsarbeiten annehmen, ist das in Ordnung. Aber rufen Sie mich an, wenn Sie doch Interesse haben.“
Im Pavillon kehrte die Band zu ihren Instrumenten zurück.
„Tom“, sagte Cassandra, „würden Sie mir ein paar Schritte zeigen? Jedenfalls wenn Joy nichts dagegen hat.“
„Nein, natürlich nicht“, sagte Joy.
Tom warf einen Seitenblick auf Gray, doch der rührte sich nicht, also stand er auf und führte Cassandra zur Tanzfläche.
Schweigend blieben Joy und Gray am Tisch zurück. Nach einer halben Ewigkeit bemerkte Gray: „Sie wären verrückt, wenn Sie es nicht täten.“
„Was?“
„Ein Kleid für Cass zu entwerfen. Sie ist in New York eine Trendsetterin. Wenn Sie bekannt werden wollen, gelingt Ihnen das auf diesem Weg bestimmt.“
„Ich weiß gar nicht, ob ich bekannt werden will“, murmelte sie.
Er lächelte, als ob ihm die Antwort gefiel. Seltsam, sie hatte gedacht, dass ein Mann wie Gray zielstrebige, erfolgreiche Frauen mochte.
„Möchten Sie tanzen?“, fragte er unvermittelt.
Joy wurde auf einmal ganz heiß. „Ich weiß nicht …“
„Ich sag’s Ihnen besser gleich, so gut wie Tom bin ich nicht. Aber auf die Füße werde ich Ihnen auch nicht treten.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, stand er auf und streckte ihr die Hand hin. Zögernd erhob sie sich. War das klug? Zu allem Überfluss begann die Band eine langsame Sinatra-Ballade zu spielen, als sie ihre Hand in Grays legte.
„Vielleicht sollten wir warten, bis wieder was Schnelleres kommt“, wandte sie ein. Seine Hand war so groß, dass ihre fast darin verschwand.
„Sollten wir wahrscheinlich“, sagte er leise.
Aus dem Augenwinkel sah Joy, dass Cassandra und Tom die Tanzfläche verließen und zum Eisstand gingen. Die anderen Tänzer nahmen eine enge Tanzhaltung ein, doch Joy schien auf einmal völlig vergessen zu haben, wie man überhaupt einen Fuß vor den anderen setzte. Mit hängenden Armen stand sie da und starrte die Band an, als könne sie sie durch Gedankenübertragung zu einem schnelleren Stück zwingen.
Gray übernahm ohne Zögern die Führung. Er nahm ihre Hände und legte sie auf seine Schultern, umfasste dann ihre Taille. Langsam setzte er sich in Bewegung, und sie folgte ihm instinktiv.
Da sie ihm nicht in die Augen schauen konnte, richtete sie den Blick auf seinen gebräunten Hals. Sein dunkles Haar streifte manchmal den Hemdkragen. Doch ihre Empfindungen konzentrierten sich auf ihre Taille, wo sie seine Hände spürte. Sein Griff war fest, aber nicht unangenehm. Selbstbewusst. Sicher.
Er weiß, wie man mit einer Frau umgeht, dachte sie. Wie man streichelt. Küsst. Wie man sie zum Stöhnen bringt.
Als könnte er ihre Gedanken lesen, schob er eine Hand ihren Rücken hinauf und zog sie ein wenig enger an sich. Fragend schaute sie zu ihm auf, doch sein Gesichtsausdruck war im Zwielicht nicht zu deuten.
„Da wäre jemand fast mit Ihnen zusammengestoßen“, sagte er.
Ach so. Natürlich.
Der Abstand zwischen ihnen vergrößerte sich wieder, und Joy wollte den Blick wieder senken, doch sie konnte sich einfach nicht von seinen Lippen losreißen. Sein Mund war so nah. Wenn sie ihn küssen wollte, brauchte sie sich nur auf die Zehenspitzen zu stellen und sich ein wenig nach vorn zu beugen. Dann würde sie endlich wissen, wie …
„Joy?“ Seine Stimme klang streng. „Schauen Sie mich an.“
„Was?“ Sie gehorchte.
„Halloooo“, sagte er sarkastisch.
„Was ist denn?“
„Ich wollte Sie nur daran erinnern, mit wem Sie tanzen.“
Als ob sie das vergessen könnte. „Glauben Sie mir, es besteht keine Gefahr, dass ich Sie mit Tom verwechsle.“
„Dann hören Sie auf, so hungrig auf meinen Mund zu schauen. Sparen Sie sich das für Ihren Freund auf.“
Flammende Röte stieg ihr ins Gesicht. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
„Lügnerin. Und nehmen Sie Ihre Hand von meinem Nacken.“
Erschrocken zog Joy die Hand zurück. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie sie von seiner Schulter zu seinem Hals geschoben hatte.
„Dieser Tom ist wirklich ein Glückspilz.“
„Was?“
Sein Griff um ihre Taille wurde fester, dann neigte er den Kopf und sprach direkt an ihrem Ohr. Sie spürte seinen Atem wie eine Liebkosung. „Haben Sie eine Ahnung, was Sie mit Ihrem Blick bei einem Mann anrichten?“
Joy vergaß zu atmen und sich zu bewegen. Die Musik, die Leute, der Park, die ganze Welt verschwand aus ihrer Wahrnehmung, und sie spürte nur noch Grays
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