Träume(h)r (German Edition)
Tag. An beiden Seiten der Tür waren hell leuchtende Fackeln befestigt. Auch die Straße war jetzt viel belebter. Überall spazierten Menschen auf dem Bürgersteig.
Man hatte das Trio bereits vor dem Eingang erwartet. Pepe, der Barmann begrüßte sie mit einem freundlichen »buenas tardes« und begleitete die Gäste zu ihrem Tisch, der in der Mitte des Lokals, fast unmittelbar an den Innenhof, angrenzte.
Es herrschte eine lebensfrohe Atmosphäre. Nach einer Weile hörte Marc im Hintergrund, jemanden auf einer akustischen Gitarre rhythmisch spanische Melodien spielen. Das Licht war gedimmt. Man konnte nur schwach lachende und liebende Gesichter an den Tischen erkennen. Der besondere Charme, von dem Miguel morgens gesprochen hatte, war nun deutlich im Raum zu spüren.
Erst verstanden Ole und Marc nicht, weshalb die Köpfe der Gäste im Restaurant sich nach ihnen umdrehten, als sie an ihnen vorbeigingen, da sie zu sehr durch ihren Sightseeing-Marathon erschöpft waren, aber als ein kleiner, dunkelhaariger Junge auf Marc zeigte, danach an dem Ärmel seiner Mutter zupfte und drei Mal hintereinander mit quiekender Stimme »Matador« rief, wusste Marc woran es lag.
Sie hatten ganz vergessen, dass sie ihre Verkleidungen noch am Körper trugen. Marc sah aus wie ein spanischer Volksheld und Ole wie eine Mischung aus dem Frauenhelden Giacomo Casanova und Zorro dem maskierten Rächer in schlaksig. Ohne zusätzliches Aufsehen zu erregen, nahmen sie an ihrem Tisch Platz und warteten auf das Essen.
Ihnen wurden mehr Speisen aufgetischt, als sie jemals hätten essen können. Ole schaffte fast das Dreifache der Portion seines Kumpels und klopfte sich am Ende seiner Fressorgie stolz auf den Bauch. Was der wohl für Haufen machte, fragte sich Marc, doch wollte es lieber nicht herausfinden.
Im Anschluss an ihr Festessen, wurde es plötzlich ruhig im Restaurant und Esmeralda persönlich betrat, von einem riesigen Applaus begleitet, den Innenhof. Die beiden Freunde verstanden nicht einen Satz von dem, was die Wirtin zu ihrem Publikum sagte und Miguel machte keine großen Anstalten, um für Ole und Marc die Ansprache zu übersetzen.
»Gleich kommt die Überraschung!«, sagte er nur leise in ihre Richtung.
Nachdem Esmeralda sich ausgesprochen hatte, betraten, ebenfalls von starkem Applaus begleitet, einige Musikanten den Innenhof. Unter ihnen war auch der dauergrinsende Pepe, der eine Gitarre im Arm hielt.
Sie begannen eine feurige Musik zu spielen, woraufhin, am Höhepunkt der Stimmung, die schöne Sofia ins Bild kam. Sie trug ein eindrucksvolles Kleid am Körper, das sie noch viel temperamentvoller, als zuvor, wirken ließ. Oles Augen leuchteten sie förmlich an. In den Händen hatte sie Kastagnetten. Eben solche, wie Marc sie seinem Kumpel gekauft hatte.
Sofia fing an einen wilden Flamenco-Tanz aufzuführen, der durch die Klänge der Instrumente der Musiker und das Klappern der Kastagnetten in ihren Händen, begleitet wurde. Mit ihrem Feuer heizte sie das Publikum immer mehr an. Es gab viele »Olé«-Ausrufe, was Marc in Anbetracht der Tatsache, dass sein Freund Ole hieß und die tanzende Schönheit mit seinen Blicken durchbohrte, sehr belustigte.
Irgendwann entdeckte auch Sofia den schlaksigen Riesen im Publikum und wollte ihn wegen seines amüsanten Erscheinungsbilds, als blasser Deutscher in feurigem Outfit, auf die Bühne ziehen, um mit ihm spaßeshalber ein paar einfache Schritte aufzuführen.
Doch Ole hatte Besseres vor, als sich die Blöße zu geben und laienhaft vor den Gästen des Restaurants herumzualbern. Er stand schwungvoll auf und ließ mit einer hastigen Bewegung die Absätze seiner Schuhe erklingen. Seine Miene war dabei wie versteinert und strahlte sogar Leidenschaft aus. Daraufhin konnte Marc nur mit offenem Mund zusehen, was für ein Spektakel Ole den Zuschauern bot.
Der Riese steppte nicht etwa ganz passabel, sondern absolut professionell um die Südländerin herum, wobei seine Kastagnetten ein wildes Klackern von sich gaben. Sofia war vollkommen überrumpelt und begeistert zugleich, denn solch eine Tanzeinlage des blassen Riesen hätte keiner erwartet.
Sie fixierte ihn mit einem strengen Blick und gab ihm Kontra, so gut sie konnte. Für die Beobachter sah das, was die zwei in der Mitte des Lokals veranstalteten, wie ein Paarungstanz aus. Immer heftiger fielen ihre Bewegungen und Schritte aus, bis beide am Ende mit einem einzigen gemeinsamen Laut ein letztes Mal mit den Füßen auf dem Boden auftraten
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