Träume(h)r (German Edition)
deren Mitglieder sich wöchentlich trafen und in einem Stuhlkreis über ihre traumatischen Erfahrungen diskutierten.
Um fünf Uhr morgens lag Marc endlich in seinem Bett. Er schloss die Augen und verlor sich in einem Esmeralda-freien Traum.
Marc wurde durch einen lauten Türknall, der aus dem Nebenzimmer kam, geweckt. Er schreckte sofort auf, um sich so schnell wie möglich ein Versteck zu suchen. Erst als er Pepe vor seinem Bett stehen sah, konnte er wieder aufatmen. Esmeraldas nächtlicher Besuch hatte ihn paranoid werden lassen, aber besser paranoid sein, als im Rollstuhl fischen zu müssen, dachte sich Marc.
Er sah den grinsenden Spanier an und wollte gerade versuchen ihm irgendwie ein paar Informationen zu entlocken, als Ole hereinkam.
»Ab geht es nach Lissabon oder nicht?«, fragte der Riese enthusiastisch. Marc überlegte kurz, ob er noch irgendetwas in Madrid verpasst haben könnte und kam zu dem Entschluss, dass er alles gesehen und erlebt hatte, was es seiner Meinung nach zu sehen und zu erleben gab.
»Ok!«, antwortete er. »Warum ist es eigentlich noch so dunkel oder soll ich besser sagen schon so dunkel?«
Ole guckte zum Fenster hinaus und sah, dass es draußen schon fast wieder dunkler war.
»Du hast beinahe den ganzen Tag verpennt!«
»Wie spät ist es?«, fragte Marc verwirrt. Seinem verträumten Kopf war entgangen, dass sie erst im Morgengrauen schlafen gegangen waren.
»Acht Uhr abends, Mann. Du hast fünfzehn Stunden geschlafen. Wie ein Säugling. Man muss zu deiner Verteidigung sagen, dass du ganz schön viel für einen Tag erlebt hast. Durch ganz Madrid gelaufen, dich betrunken und zum Abschluss mit einem wilden Stier gekämpft. Zwar verloren, aber dabei sein ist alles. Da muss auch ein Überheld, wie Hero Turtle, ein längeres Päuschen einlegen«, sagte Ole und biss dabei in einen Schokoriegel, den er sich beim Hereinkommen aus der Hosentasche gezogen hatte.
Marc wälzte sich daraufhin einigermaßen erholt aus dem Bett und begann motiviert mit seinem Sportprogamm. Erst absolvierte er zweihundert Situps und dann einhundert Liegestützen. Sogar Klimmzüge konnte er ausführen, da sich entlang der Decke massive Holzbalken erstreckten, die leicht zu greifen waren.
Während er sein eigenes Gewicht immer wieder aufs Neue mühevoll hinaufzog, sodass seine Miene bald schmerzverzerrt war, machte es sich Ole zum persönlichen Ziel genau in der Mitte unter Marc zu stehen und zu versuchen seinen Kumpel von dem spartanischen Workout abzulenken. Die monotonen Auf- und Abbewegungen des Körpers in Verbindung mit dem Schlacks, der unmittelbar darunter stand und sein Gesicht bei jeder Wiederholung kurz vor Marcs Schritt platzierte, ergaben ein sehr fragwürdiges Bild.
»Verdammt erwachsen«, sagte Marc angestrengt, nachdem er Ole unter sich bemerkte. Da er nun ertappt war, konnte der Riese das Schauspiel verstärken und bewegte seinen Kopf heftiger als zuvor. Um den gespielten Blowjob perfekt zu machen, stöhnte er dabei ausgiebig, dass es an den Wänden widerhallte. Pepes Humor hatte er anscheinend getroffen, denn der Spanier brach in lautem Gelächter aus.
In diesem Moment kam Sofia mit Luis herein. Beide waren auf der Stelle wie gelähmt. Marc hing noch immer in enger Boxershorts an dem Balken. Auf seinem Hintern war dick und fett das Superman-Emblem zu sehen. Ole schrie inzwischen und Pepe lachte weiterhin lauthals.
»Was macht ihr denn da?«, fragte Sofia, wie aus dem Nichts heraus. Marc ließ sofort erschrocken den Balken los und landete mit seinem Schritt genau auf Oles Gesicht. Der Riese balancierte ihn für einige Sekunden auf den Schultern und ließ sich daraufhin gemeinsam mit Marc auf das Bett fallen, dessen Gestell überraschenderweise nicht zusammenbrach. Sofort schubste er seinen Kumpel von sich weg.
»Wie schmeckt ihnen Superman, Herr Frodo?«, fragte Marc durch den Ausgang der Situation belustigt. Ole schüttelte sich am ganzen Körper.
»Widerlich, einfach nur widerlich! Mein Schokoriegel kommt mir gleich hoch!«
Luis und Sofia standen mit offenen Mündern vor ihnen.
»Wir haben nur etwas Sport gemacht«, sagte Marc, ohne sich um eine nachvollziehbare Erklärung zu bemühen.
Sofia hatte ihr Wort gehalten, das sie Ole am Vorabend, in seinen Armen liegend, gegeben hatte und das Gepäck der Reisenden in dem Restaurant »La Vida Loca« abgeholt. Sie erzählte ihnen, dass Esmeralda sich nicht mehr daran erinnern konnte, was in der Nacht geschehen war. Sie hatte zwar
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