Träume(h)r (German Edition)
größten Marlin überhaupt an der Leine und dann fressen ihm die Haie, nachdem er den Fisch endlich gefangen hatte, auf seinem Heimweg das komplette Ding bis auf die Gräten herunter, ärgerte sich Marc, der sonst so froher Natur war, über den Ausgang der Geschichte.
Ernest Hemingway schrieb hinzukommend so episch, wie kein zweiter. Marc wollte sich gar nicht erst ausmalen, wie dieser Mann eine Figur mit Verstopfungen in seinen Texten verarbeitet hätte. Zweifellos wären nach der Veröffentlichung des Buches die Umsatzzahlen von diversen Abführmitteln drastisch in die Höhe geschossen.
Er wollte seinem Freund lieber die Handlung des Buches ersparen. Als dieser bemerkte, dass Marc die Novelle fertiggelesen hatte, ließ er von seinem Zeichenblock ab.
»Und wie war´s?«, fragte der Riese nichtsahnend. Marc versuchte voller Begeisterung zu klingen.
»Ein absolut geiles Buch! Jetzt will ich auf jeden Fall Fischer werden. Wenn man bedenkt, dass der Typ alleine war und so viele Marlins gefangen hat, dann will ich gar nicht wissen, wie es bei uns aussehen könnte!«, log er, dass sich die Balken bogen.
»Echt? Dann gib mal her! Sind höchstens hundert Seiten. Die schaffe ich noch vor dem Schlafengehen«, sagte Ole zuversichtlich und streckte ihm den Arm entgegen.
Marc wusste in diesem Moment nicht so wirklich, wie er reagieren sollte, also warf er das Buch in einer hastigen Kurzschlussreaktion aus dem Fenster und bewahrte somit seine Lüge.
»Wie du mir, so ich dir. Auge um Auge, Zahn um Zahn!«, sagte er in fiesem Ton.
»Touché«, antwortete Ole und sah ein, dass sie nun quitt waren.
»Ist Weltliteratur, also ohnehin nichts für dich. Bleib lieber bei deinen Filmen!«
Ole nickte gleichgültig. Bevor Marc versuchte sich in seinem provisorischen Nachtlager schlafen zu legen, entschied er, zum Abschluss seines Aufenthalts in Spanien, einen Tagebucheintrag zu verfassen.
23. - 24. Juli 2012
Tut dir leid für die Verspätung, aber es war unmöglich, früher einen Eintrag zu machen, da du todmüde warst. Also in der Nacht vom zweiundzwanzigsten auf den dreiundzwanzigsten Juli hast du dir Miguels Brabbeln aufgeschrieben und ihm am Tag darauf die Notiz gegeben.
Überraschenderweise war es das fehlend Ende von einem Gedicht, das er schon seit langer Zeit nicht vollenden konnte. Als Dank lud er euch nach Madrid ein, wo ihr über dem Restaurant »La Vida Loca« wohnen konntet, das seiner Freundin Esmeralda gehört. Seine Einladung anzunehmen, sollte sich später als riesiger Fehler entpuppen!!!
Tagsüber hat Miguel euch dann die Stadt gezeigt und du hast dir ein Torero-Outfit zugelegt. Ole war oder besser gesagt ist ein Flamenco-Tänzer gewesen.
Danach habt ihr in dem Restaurant der Spanierin gegessen und nachts gab es dann noch ein paar unangenehme Zwischenfälle, die du besser ganz schnell vergessen solltest. Jedenfalls bist du am nächsten Tag viel zu spät aufgestanden und ihr wurdet kurz darauf zum Bahnhof gebracht.
Bald kommt ihr in Lissabon an. Ole, der Schwachmat hat beide Betten ramponiert, also kann ich dir nur erneut viel Spaß beim Einschlafen wünschen.
Zu seiner Beruhigung wurde Marc am nächsten Morgen weder durch das Poltern einer Tür, noch durch ein nymphomanisches Zerren an seinem Körper geweckt. Es war nur die leichte Erschütterung des Bahnwagons, die ihn sanft aus dem Schlaf holte.
»Darf ich dir einen Vorschlag machen und mir dann anhören, was du dazu sagst?«, fragte er seinen Kumpel, während sie ihre Sachen zusammenpackten.
»Schieß schon los!«, antwortete Ole, der gerade die Laschen an seinem Rucksack festzog.
»Also ich weiß nicht, aber meinst du, dass wir unbedingt Lissabon erkunden müssen? Reicht es nicht aus, wenn wir ein paar Fotos vom Bahnhof und den umliegenden Gebäude machen?«
Ole schaute ihn mit enttäuschter Miene an.
»Wir wollten doch noch so viel erleben, bevor wir in unserem Fischerdorf ankommen!«, sagte er in traurigem Ton. Marc seufzte und stellte sich auf einen weiteren Marathon durch noch eine Hauptstadt Europas ein, als der Riese wieder das Wort ergriff.
»Das war nur ein Scherz! Ist mir recht. Ich bin schon langsam ausgebrannt von dem ganzen Sightseeing, den abendlichen Besäufnissen und vor allem deinen Frauengeschichten. Wird echt Zeit, dass wir wieder einen Gang herunterschalten.«
Marc atmete erleichtert auf und war überaus froh, dass Ole seine Meinung teilte.
In Lissabon angekommen stiegen sie am Hauptbahnhof aus und schlenderten die
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