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Träume(h)r (German Edition)

Träume(h)r (German Edition)

Titel: Träume(h)r (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Moos
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entspannen und lebt von den Ersparnissen, die man im Sommer, während der Hauptsaison, gemacht hat. Früher war das Leben nicht so einfach. Wenn es mal ein schlechtes Jahr gab und weniger Fische als sonst im Meer schwammen, mussten einige der Seeleute losziehen, um nach Muscheln zu suchen, die sich zwischen den Steinen an der Brandung versteckt hielten. Sonst wären sie verhungert. Jetzt sind die Zeiten zum Glück nicht mehr so hart. Auch wenn sich die Leute immer beschweren werden. Auf die Fische müssen wir uns zumindest nicht mehr verlassen. Heute seid ihr unsere Fische!«, sagte Eduardo und lachte auf. Mittlerweile hatte seine Frau dafür gesorgt, dass bei jedem genug auf dem Teller lag und sie mit dem Essen beginnen konnten. Für ihren Ehegatten blieb eine Frage ungeklärt.
    »Wieso kommen eigentlich zwei so junge Menschen wie ihr an diesen Platz? Und dann auch noch für unbestimmte Zeit? Ich will euch den Ort nicht schlechtreden, aber in der Umgebung habt ihr zum Beispiel Sagres, woher unser gutes Bier hier seinen Namen hat«, er hob seine Flasche und wackelte mit dem Boden, »Lagos und Portimão. Alles sehr belebte Orte voller junger Leute wie euch. Dort könnt ihr surfen, feiern und euch an kilometerlangen Stränden sonnen. Warum also Salema?«
    Ole hatte zwar noch den Mund voll, aber antwortete ohne jegliche Hemmungen.
    »Wir sind nach Salema gekommen, um hier ein Leben als Fischer zu führen. Nicht mehr und nicht weniger!«, sagte er, als sei es das Normalste der Welt gewesen. Es klang wie ein »Eduardo, wir wollten einfach mal einen entspannten Urlaub ohne viel Tamtam haben!«, doch es hatte eine andere Wirkung. Der Alte schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Ihr wollt mich doch auf den Arm nehmen! Ihr zwei möchtet Fischer werden?«
    Beide nickten zuversichtlich und aßen weiter. Bedenken waren sie inzwischen gewohnt.
    »Und wie stellt ihr euch das vor? Die Männer, die hier jeden Tag zur See fahren, haben jahrelange Erfahrungen. Und was ist mit euch, habt ihr Erfahrungen?«
    Marc sah zu Ole herüber, der ihn mit seinem herzförmigen Sonnenbrand anlächelte.
    »Hast du Erfahrungen?«
    »Nein!«, antwortete der Riese gelassen. »Du?«
    »Auch nicht!«
    »Wie wollt ihr dann Fischer werden?« fragte Eduardo ungeduldig, auf eine plausible Erklärung wartend.
    »Naja, wie alle anderen zuvor auch. Irgendwann fängt doch jeder klein an. Wir wollen ja nicht direkt Walfänger werden, sondern beginnen Schritt für Schritt.«
    Die plausible Erklärung blieb aus. Der Pensionsbesitzer wollte seinen Ohren nicht trauen. Zwei junge Männer aus dem wohlhabenden Deutschland, dem Land, wo die Menschen so viele Möglichkeiten, wie nirgendwo sonst besaßen, schmiedeten ernsthafte Pläne in Salema als einfache Fischer sesshaft zu werden. Sie mussten verrückt sein, dachte er.
    »Wo sind eigentlich diese Fischer?«, fragte Marc. »Wir haben heute keine gesehen.«
    Tatsächlich hatte er am Strand zwischen den Urlaubern nach den Seeleuten Ausschau gehalten, aber niemanden entdecken können.
    »Wo die Fischer sind? Um diese Uhrzeit längst zuhause oder bei ihren Boxen am Strandende. Dort bewahren sie ihre Ausrüstung auf und genehmigen sich nach der Arbeit eine Auszeit, reden über die See und das Leben.«
    Marc kratzte sich nachdenklich am Kopf. Wenn die Fischer um diese Zeit bereits zurück waren, wann fuhren sie dann eigentlich los? Die Antwort kam einige Sekunden später von Eduardo.
    »Wenn ihr die Fischer sehen wollt, dann müsst ihr früh aufstehen. Die fahren immer morgens um fünf Uhr los. Manchmal sogar um drei oder vier Uhr. Je nachdem, was das Wetter ihnen sagt.«
    Drei bis fünf Uhr. Das war noch schlimmer als die Vorlesung aus dem zweiten Semester, die immer um sieben Uhr fünfundvierzig begann, weil es Raumprobleme in der Uni gab, erinnerte sich Marc.
    »Und wann sind sie dann wieder zurück?«, fragte Ole.
    »Das ist schwer zu sagen, aber ungefähr um Acht oder Neun. Es kommt darauf an wie sich ihre Netze füllen.«
    Ole schwieg und sah dabei nachdenklich aus.
    »Nicht schlecht! Also maximal sechs Stunden Arbeit pro Tag. Gibt schlimmeres! Nicht wahr, Turtle?«, fragte er seinen Kumpel.
    Nachdem Marc die Rechnung kurz überflogen hatte, konnte er dem nur zustimmen. Wenn sie fünf Mal die Woche sechs Stunden am Tag arbeiten würden, dann wären dies gerade einmal dreißig Stunden Arbeitszeit, was verglichen mit deutschem Standard, ziemlich entspannt war. Darüber hinaus würden sie ihre eigenen Chefs sein und demzufolge

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